Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra
dieser uralten Kreaturen verletzten. Ohne medizinische Versorgung kann selbst der kleinste Biss oder Kratzer tödlich enden.‹«
»Mein Name war Liskeard Karswell du Crowleigh«, sagte der Flaschenkobold. »Ich war einst ein großer Zauberer, und du kannst von Glück sagen, dass ich dich nicht angegriffen habe, wie es eigentlich meine Pflicht gewesen wäre.«
»Es tut mir sehr leid«, sagte Philippa. »Aber Mr Rakshasas hat mir nie erzählt, dass sich in seiner Lampe ein Flaschenkobold aufhält.«
»Natürlich hat er dir das nicht gesagt«, höhnte der Kobold. »So etwas tritt man nicht in der Öffentlichkeit breit. Oder posaunt dein Vater überall herum, dass ihr eine Alarmanlage habt?«
»Nein«, gab Philippa zu. »Aber was ich gesagt habe, stimmt. Meine Freunde und ich wären wirklich nicht hereingekommen, wenn wir geglaubt hätten, dass Mr Rakshasas etwas dagegen hat. Nie im Leben! Aber er ist verschwunden, wissen Sie. Zumindest weiß niemand, wo er ist. Und wir sind auf der Suche nach irgendwelchen Hinweisen, wohin er gegangen oder was ihm zugestoßen sein könnte.«
»Welche Art von Hinweisen?«
»Keine Ahnung«, sagte Philippa achselzuckend. »Ein Buch vielleicht.«
»Irgendein spezielles Buch? Ich bin nämlich auch der Bibliothekar, musst du wissen.«
Sie widerstand der Versuchung, Liskeard Karswell du Crowleigh zu sagen, dass er keine sonderlich gute Arbeitleistete und dass in seiner Bibliothek ein größeres Durcheinander herrschte als im Epizentrum eines Erdbebens. »Ich weiß es nicht genau«, sagte sie.
Inzwischen hatte Philippas Unterhaltung mit dem Flaschenkobold John und Dybbuk herbeigelockt, die sich beim Anblick der Kreatur mit einem metallenen Brieföffner und einer Schere bewaffnet hatten, von denen weder das eine noch das andere gegen die scharfen Zähne und Klauen eine Chance gehabt hätte. Als er den skeptischen Blick seiner Schwester sah, hob John die Schultern und sagte: »Es war das Einzige, das wir finden konnten. Unsere Dschinnkräfte scheinen hier drin nicht zu funktionieren.«
»Mr Rakshasas ist es lieber so«, erklärte der Kobold. »Um zu verhindern, dass durch Dschinnkräfte etwas verlorengeht oder verlegt wird.«
Dybbuk lachte verächtlich. »Das kann ich mir schwer vorstellen. Ich hab schon Mülltonnen gesehen, die ordentlicher waren als diese Bibliothek.«
»Das liegt daran, dass du das System nicht verstehst«, sagte der Kobold. »Auch Mr Rakshasas hat sich früher öfter beklagt, dass er hier nichts finden könne. Das war, bevor Nimrod ihm zum Geburtstag den Wunschkatalog angelegt hat. Ihr müsst euch nur wünschen, ein Buch zu finden, und schon wird es in den Leseraum gebracht.«
»Und wo ist der?«
»Neben dem Schlafzimmer.«
Der Kobold führte sie einen weiteren langen Korridor entlang und eine stählerne Treppe hinauf, die unter ihren Füßen wie eine Glocke dröhnte.
Der Leseraum war so groß wie ein Tennisplatz und enthielt einen Schreibtisch, einen Kartentisch, einen Zeitungsständer, weitere Regale und mehrere stattliche Lesesessel aus rotem Leder.
»Cool«, sagte Dybbuk. »Das ist ja wie in einem Herrenclub.«
»Nehmt Platz«, forderte der Kobold sie auf. »Und nennt euren Wunsch. Die Bücher werden euch gebracht. Aber versucht, möglichst genau zu sein. Wenn ihr den Autor nicht wisst, dann nennt das Sachgebiet und beschreibt in einem Satz, worüber ihr etwas zu lesen wünscht.«
»Sachgebiet: Herpetologie«, sagte Dybbuk.
»Schlangenkulte des indischen Subkontinents«, fügte Philippa hinzu. »Verhalten und Glaube.«
»Und Kunst«, sagte John. »Bilder. Company-Bilder. Ebenfalls vom indischen Subkontinent.«
»Codes und Geheimschriften«, sagte Philippa, was bei diesem Thema das Genaueste war, was sie zustande brachte.
»Und Hermann Göring nicht zu vergessen«, sagte Dybbuk. »Kunstsammler und Nazi.«
Die drei machten eine Pause und suchten nach weiteren Schlagworten, die für ihre Suche relevant sein könnten. Als ihnen nichts mehr einfiel, lehnten sie sich in ihren Lesesesseln zurück und trommelten ungeduldig mit den Fingern auf die Armlehnen.
Ungefähr eine Minute verging, ehe das erste Buch hereingeschwebt kam und sich von selbst auf dem Tisch ablegte. Philippa hob es auf, las den Titel, der ziemlich viel versprechend aussah, und begann zu lesen. Die anderen Bücher ließennicht lange auf sich warten, und schon bald waren alle drei in die Lektüre der von ihnen gewünschten Bücher vertieft.
In dem Buch, das Philippa sich
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