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Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Titel: Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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Märchen über ein geheimes irdisches Paradies in Tibet?«
    »Ist es das? Ein Märchen?«
    »Das habe ich immer angenommen«, gab Nimrod zu. »Entweder das, oder es ist eine Halluzination von Menschen, die unter Sauerstoffmangel leiden.«
    »Vielleicht irrst du dich. Aber das wirst du erst herausfinden, wenn du nachsiehst, nicht wahr?«
    Nimrod seufzte. »Puh, Shangri-La zu finden, ist ein ziemliches Unterfangen. Und Ihr glaubt wirklich, es könnte die Lösung sein?«
    »Ja. Zwar ist es richtig, dass alle Menschen sterben müssen, aber du kannst sicher sein, dass man mehr als eine Lebensspanne braucht, um sich an den Gedanken zu gewöhnen. Vergiss nicht, dass die Suche nach dem einen etwas anderes zutage fördert.«
    »Die Suche nach dem einen fördert was zutage?«
    »Das ist mein Rat. Ich habe gesprochen. Leb wohl.«
    Nimrod schüttelte den Kopf oder tat zumindest das, was einem Kopfschütteln am Nächsten kam, da er gar keinen Kopf hatte. »Was für ein rätselhafter Kerl«, murmelte er.
    »Ich bin ein Orakel«, sagte die Stimme. »Und kein alberner Glückskeks. Nichts von alldem verfolgt den Zweck, offensichtlich zu sein.«
    »Das ist es nicht«, sagte Nimrod. »Glaubt mir, das ist es wirklich nicht.«

Ein denkwürdiger Geburtstag

    Groanin saß oben auf der Vorratskiste, die nun die letzten drei oder vier Quadratmeter des fliegenden Teppichs einnahm, der unter ihm vor sich hin schwelte wie ein verglühendes Grillfeuer, und er betete, dass er und die Kiste sich lange genug in der Luft halten würden, um eine Landung in den schneebedeckten Baumkronen zu vermeiden, die unangenehm nah und spitz vor ihm aufragten. Jenseits der hohen Bäume lagen offene Schneefelder, die, wie Groanin hoffte, hoch und weich genug sein würden, um seinem Sturz, aber nicht seinem Leben ein Ende zu bereiten. Eine dünne Rauchwolke driftete kilometerlang hinter ihm her, sodass er das Gefühl hatte, einem getroffenen Flugzeug oder vielleicht einem Meteor ähneln zu müssen.
    Groanin war sich relativ sicher, über dem Yellowstone-Park zu sein, denn er hatte eine gewaltige Wasserfontäne gesehen, die fast drei Minuten lang etwa fünfzig Meter hoch in die Luft geschossen war. Er vermutete, dass es Old Faithful war, der größte Geysir des Nationalparks. Außerdem war das Wasser heiß gewesen, so heiß, dass der Dampf ihm das Gesicht gewärmt hatte, und Nimrod hatte ihnen in Marokko erklärt, der Yellowstone-Park sei ein aktives vulkanisches Gebiet und der Geysir das Ergebnis des Zusammentreffens von kaltem Oberflächenwasser und heißem, geschmolzenem Gestein, das Magma genannt wird.
    Plötzlich geriet der fliegende Teppich ins Stocken, sackte ein ganzes Stück ab und entging nur knapp der Spitze einer riesigen Drehkiefer.
    »Teufel auch!«, schrie Groanin, als der fliegende Teppichrest zwischen den letzten Bäumen hindurchsauste wie ein Karussellwagen, der den Jahrmarkt weit hinter sich gelassen hatte. Nachdem sie knapp an mehreren Baumstämmen und Ästen vorbeigeschrammt waren, sausten Groanin und die Vorratskiste hinter der Baumgrenze wohlbehalten in ein weites Schneefeld. Der Teppich, oder das, was von ihm übrig war, kippte jählings nach unten und gab den Geist auf. Groanin und die Vorräte flogen noch ein paar Meter weiter, ehe die Erkenntnis, dass er gar nicht mehr flog, sondern fiel, dem verängstigten Butler einen lauten Schrei abrang, der ebenso lange andauerte, wie die Schwerkraft brauchte, um ihn auf die Erde zurückzuholen.
    Eine Weile lag Groanin atemlos in einer Schneewehe, die ziemlich tief war und ihm zweifellos das Leben gerettet hatte. Mehr oder weniger regungslos dachte er über das Leben nach, das für einen englischen Butler eigentlich etwas weniger ereignisreich verlaufen sollte, wie er fand. Schließlich kam Bewegung in ihn. Er pulte sich den Schnee aus Mund, Nase und Ohren und zwängte sich an die Oberfläche.
    Das Schneefeld lag in hellem Sonnenschein, aber die Luft war kalt und still, und Groanins heißer, erregter Atem quoll ihm wie ein Minigeysir aus dem Mund. Es war gut, dass er einen dicken Pelzmantel trug, denn die Temperatur lag deutlich unter dem Gefrierpunkt.
    »So war das nicht abgemacht«, schimpfte er. »So war das ganz und gar nicht abgemacht. Wenn ich nach London zurückkomme –
falls
ich jemals nach London zurückkomme   –, werdeich dem gnädigen Herrn was flüstern. Nein, ich mache noch mehr als das. Ich sage ihm, dass ich kündige. Das mache ich. Ich lege ihm die Kündigung auf den Tisch.

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