Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya
wachse, und jetzt stimmt es tatsächlich.« Zagreus seufzte. »Glaubst du, ich bin ein Gorilla?«
»Kein Gorilla«, sagte John. »Dafür bist du viel zu groß.« Dann schlug er sich mit der Faust in die Handfläche. »Na klar«, sagte er. »Das ist die einzige Erklärung.«
»Was?«, fragte Zagreus.
»Du bist überhaupt kein Affe«, erklärte John. »Jedenfalls nicht im zoologischen Sinne. Was ich damit sagen will, ist, dass du kein Affe bist wie ein Gorilla, ein Schimpanse oder ein Orang-Utang oder auch ein Mensch. Du bist eine unbekannte Spezies, höchstwahrscheinlich ein Affenmensch.«
»Wie Tarzan, meinst du.«
»Nein. Der hat in Afrika gelebt. Willst du wissen, was ich glaube? Ich glaube, du bist als Bigfoot wiedergeboren worden. Als Sasquatch. Das ist so was wie ein Yeti. Nur dass ein Yeti etwas anderes ist. Ich habe mal einen getroffen, und der hat sich dann als Deutscher entpuppt, der sich nur als Yeti verkleidet, um im Himalaya die Touristen zu vertreiben. Den gibt es also nicht wirklich. Manche Leute halten auch den Sasquatch für Schwindel. Aber damit liegen sie anscheinend falsch, denn du, mein Freund, bist ohne jeden Zweifel ein Sasquatch. Wahrscheinlich hat deine Ankunft hier die vollständige Verwandlung ausgelöst.«
»Du meinst, ich bin zu Hause?«
»Genau das meine ich. Herzlichen Glückwunsch, mein Freund.«
»Damit ich das richtig verstehe«, sagte Zagreus, »du glaubst, ich bin dieses sagenumwobene Geschöpf, der Sasquatch oder Bigfoot, den alle für einen Schwindel halten?«
John nickte. »Macht dir das was aus?«, fragte er.
»Wie meinst du das?«
»Na, keine Ahnung, so jemand könnte sich leicht zurückgewiesen fühlen«, sagte John. »Davon kann man Komplexe kriegen.«
Zagreus schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil«, sagte er. »Mir gefällt der Gedanke, dass die Leute glauben, es gäbe mich nicht. Wirklich! Ich war schon als Mensch gern für mich allein. Athen ist eine ziemlich hektische Stadt. Voller Menschen. Vor allem im Sommer. Und viel, viel zu heiß. Ich habe mir immer gewünscht, irgendwo zu leben, wo es kalt ist und ich ganz allein bin.«
John zuckte die Schultern. »Sieht aus, als hätte sich dein Wunsch erfüllt.« Er sah sich in der verschneiten Landschaft um. »Selbst auf dem Mond könntest du nicht mehr allein sein als hier.«
Nach dem Frühstück schnallte sich John die Schneeschuhe an, nahm seinen Rucksack und erklärte Zagreus, dass er sich auf die Suche nach Mr Rakshasas machen werde.
»Wie willst du deinen Freund denn erkennen?«, fragte Zagreus. »Ich kenne mich zwar nicht so gut aus wie du, aber ich habe den Eindruck, dass sich alle Wölfe ziemlich ähnlich sehen.«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, erklärte ihm John. »Als ich meine Dschinnkräfte noch hatte, habe ich mir gewünscht, Mr Rakshasas’ Wolfsgeheul erkennen zu können, damit ich ihn leichter von den anderen in seinem Rudel unterscheiden kann. Anscheinend heult jeder Wolf auf eine andere Art.«
»Willst du, dass ich mitkomme?«
John schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, das wäre keine gute Idee. Nimm es mir bitte nicht übel, aber wenn die Wölfedich sehen, nehmen sie sofort Reißaus. Ich würde selbst das Weite suchen, wenn ich dich nicht kennen würde, Zagreus. Du siehst ziemlich furchterregend aus. Wahrscheinlich hätte jetzt selbst ein Grizzly mit Maschinengewehr Angst vor dir.«
»Und wenn
du
einem Bären über den Weg läufst?«, fragte Zagreus. »Was dann?«
»Ich komme schon zurecht«, sagte John. »Ich weiß, wie ich mich in Bärengebieten verhalten muss.«
»Hm. Und was soll ich tun, während du weg bist?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich das, was der Sasquatch zu dieser Jahreszeit hier so macht. Futter suchen, sich ein bisschen auf die Lauer legen und um die Bäume schleichen. Vielleicht einen Camper erschrecken, wenn du einen siehst.«
»Gute Idee«, sagte Zagreus. »Und was willst du tun, wenn du deinen Freund gefunden hast?«
»Das hängt davon ab, ob er mich erkennt oder nicht«, sagte John. »Wenn er mich nicht erkennt, komme ich wahrscheinlich zurück und schwitze mir in der Schwitzhütte den Geist aus dem Leib. Dann suche ich ihn wieder und fahre in ihn ein.«
»Das kannst du auch?«
»Klar.«
»Ist es nicht ein bisschen eng, wenn zwei Leute in der gleichen Haut stecken?«
»Ja, das kommt schon vor. Aber es ist nur für eine kleine Weile. Nur so lange, dass Mr Rakshasas und ich uns unterhalten können.«
»Aber er ist jetzt ein Wolf.
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