Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya
Zahlen- und Kabbalaschrein.An der Wand hing ein merkwürdiges Poster, das einen Lebensbaum darstellte, der jedoch eher einem alten Familienwappen glich. Außerdem gab es Bilder von berühmten Mathematikern, ein münzbetriebenes Modell des Tempels von Salomon und ein merkwürdig aussehendes Klavier, das Nimrod zu einer Bemerkung veranlasste. Das Instrument hatte eine normal aussehende Klaviatur, deren Tasten jedoch mit einigen der Größe nach geordneten Holzkäfigen verbunden waren.
»Ein interessantes Klavier«, sagte Nimrod.
»Das ist ein Katzenklavier«, sagte Rabbi Joshua. »Die Idee dahinter ist, dass man Katzen verschiedener Größe in die Käfige steckt, und wenn man auf die Tasten drückt, piksen sie die Katzen und bringen sie zum Schreien. Die kleinen Kätzchen ordnet man den hohen Soprantasten zu und die großen, ausgewachsenen dem tiefen Bassende.«
»Wie schrecklich«, sagte Nimrod, der Katzen gernhatte.
Der Rabbi lächelte. »Ich habe noch nie darauf gespielt«, räumte er ein. »Noch nicht, jedenfalls. He, es ist schön, mal wieder einem anderen Dschinn zu begegnen. Ich bin hier drinnen ziemlich allein auf weiter Flur und mische mich nicht so unters Dschinnvolk, wie ich sollte. Wie geht es Mr Rakshasas?«
»Er ist tot«, sagte Nimrod.
»Oh Mann, wie schade! Was ist aus seinen Büchern geworden?«
»Die hat er mir hinterlassen.«
»Er hatte einige ziemlich seltene Exemplare, nicht?«, erkundigte sich Rabbi Joshua. »Also, was kann ich für Sie tun?«
»Ich möchte etwas aus Ihren Archiven ausleihen.«
»Das könnte schwierig werden. Das Zeug ist teilweise sehr wertvoll.«
»Nun, es geht mir nicht um das Albert-Einstein-Archiv«, sagte Nimrod.
»Gut, denn das müsste ich ablehnen. Selbst bei Ihnen, Nimrod. Aber zeigen könnte ich es Ihnen. He, wussten Sie, dass man Einsteins Geburtsdatum, den 14. März 1879, als 3 - 14 - 1879 oder auch als 3,141879 schreiben kann? Damit unterscheidet sich sein Geburtstag nur um 0,000287 Hundertstel von der Zahl Pi, die, wie Sie sicher wissen, 3,141592 lautet und vermutlich die interessanteste Zahl der Geometrie ist. Kein Wunder, dass Einsteins Verstand genauso tickte wie das Universum, oder?«
Nimrod nickte. »Es sind die Aufzeichnungen von Joseph Rock, die ich mir ausleihen möchte.«
»Rock. Rock. An den Namen kann ich mich spontan gar nicht erinnern«, gab Rabbi Joshua zu.
»Er war ein Entdecker«, sagte Nimrod. »Ein Austroamerikaner, der viel in Tibet unterwegs war.«
»Macht es Ihnen etwas aus, mir zu sagen, warum Sie die Papiere sehen wollen?«
»Ich verspreche Ihnen, dass es nichts mit Zahlen zu tun hat«, sagte Nimrod.
»Alles hat mit Zahlen zu tun«, widersprach Rabbi Joshua. »Das macht sie ja so interessant.«
»Wenn Sie meinen.«
»Ich sage Ihnen was. Wir spielen eine Partie Dschinnverso zusammen. Der Beste aus fünf Spielen gewinnt. Wenn Sie gewinnen, dürfen Sie Joe Rocks Aufzeichnungen ausleihen.«
»Und wenn ich verliere?«, fragte Nimrod.
»Lassen Sie mich einen Blick in Rakshasas’ Bibliothek werfen und sehen, was er dort alles hat. Vielleicht können wir Ihnen für ein paar Sahnestücke ein Angebot machen.«
»In Ordnung«, sagte Nimrod. »Abgemacht. Der Beste aus fünf Spielen gewinnt.«
»Die Zahl Fünf ist sogar noch cooler als siebenundsiebzig«, sagte Rabbi Joshua und holte sein Dschinnverso-Set aus einer Schreibtischschublade. »Fünf ist eine Primzahl, eine Zahl der Fibonacci-Folge, eine Catalan-Zahl, eine Pentagonalzahl, eine Bell´sche Zahl und eine zentrierte Quadratzahl. Es gibt fünf Elemente, wenn man den Geist mitrechnet, und fünf Sinne. Die Sikhs kennen fünf Tugenden und fünf Sünden. Ja, in vielerlei Hinsicht ist die Fünf meine absolute Lieblingszahl.«
Sie fingen an zu spielen. Nimrod gewann das erste Spiel und Rabbi Joshua das zweite. Allerdings war er noch nicht zufrieden mit ihrem Wetteinsatz und bot Nimrod etwas an, das die Dschinn eine »Pensionswette« nennen. Dabei erklärt sich ein Dschinn bereit, einem anderen für seinen Lebensabend (manchmal auch früher) drei Wünsche zu überlassen, wenn dessen eigene Dschinnkraft allmählich nachlässt.
»Sie meinen, zusätzlich zu der Wette, die wir bereits abgeschlossen haben?«, fragte Nimrod. »In Bezug auf das Rock-Archiv?«
»Genau«, sagte Rabbi Joshua.
Nimrod mochte Pensionswetten nicht, weil ihm die Vorstellung, dass ein Dschinn einem anderen etwas schuldete, generell nicht behagte. Eine Pensionswette abzuschließen war, »als
Weitere Kostenlose Bücher