Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi

Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi

Titel: Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
Vom Netzwerk:
Vorstellung,die Götter zu beherrschen, wuchs, ernannte er Yen Yu sogar zu seinem Ersten Minister.
    Das Lebendige Buch des Lebens, das Yen Yu, wie ihr euch erinnern werdet, als Teil seines zweiten Wunsches vom Dschinn erhielt, besagte, dass derjenige, der über das Jenseits herrschen würde, sein Grab lediglich mit Soldaten bestücken musste, die seine Befehle ausführten. In der Annahme, er könnte seinen Herrscher mit dieser vermeintlich harmlosen Beschäftigung ablenken, damit er als Erster Minister das Land ordentlich regieren konnte, unterrichtete Yen Yu Kaiser Qin über die Beschaffenheit der Soldaten, die im Jenseits für ihn kämpfen sollten. Die Soldaten sollten zusammen mit der Spucke des Dschinn aus Terrakotta – einer Art wasserdichtem Ton – geformt und sodann in riesigen Brennöfen bei gewaltiger Hitze gebrannt werden. Dabei kam es Yen Yu niemals in den Sinn, dass das, was im Lebendigen Buch des Lebens geschrieben stand, wirklich machbar sein könnte.
    Nun hatte Yen Yu dem Kaiser erzählt, dass die Stimme im Innern der Dschinnflasche den letzten Teil des Rituals nach der Fertigstellung der Armee verkünden und Qins Soldaten zum Leben erwecken würde. Doch nach einiger Zeit war Yen Yu so sehr damit beschäftigt, das Land klug und gerecht zu führen, dass er die Aufgabe, die er seinem leichtgläubigen Herrscher gegeben hatte, völlig vergaß. Qin schien ihm auf harmlose Weise mit den Narreteien des Buches beschäftigt, von denen Yen Yus Flaschenstimme ihm erzählte. Doch der Kaiser war noch nie ein Freund von halben Sachen gewesen und im Laufe der Jahre gelang es Qin, eine Terrakottaarmee von etwa achtzigtausend Kriegern aufzustellen. Yen Yu war entsetzt, als er davon erfuhr,denn ohne sein Wissen hatte man viele arme Bauern gezwungen, an der Errichtung von Qins unterirdischer Grabstätte und der Schaffung der Terrakottaarmee mitzuarbeiten. Doch es sollte noch viel schlimmer kommen.
    Nachdem er von der wahren Größe der Terrakottaarmee erfahren hatte, wollte Yen Yu dem Wahnsinn des Kaisers sofort Einhalt gebieten und erklärte, die Zeit sei gekommen, da die Stimme im Innern der Dschinnflasche den letzten Teil des Rituals verkünden wolle. In Wirklichkeit aber hatte Yen Yu – ein überaus nüchterner und rational denkender Konfuzianer, der nur glaubte, was er sah – sich nie die Mühe gemacht, das Lebendige Buch des Lebens zu Ende zu lesen. Es ist eine Schwäche vieler Gelehrter, dass sie leicht abzulenken und zerstreut sind. Hätte Yen Yu das Lebendige Buch des Lebens fertig gelesen (das eher den Namen Tödliches Buch des Todes verdient hatte), dann hätte er die Geschichte mit der Terrakottaarmee sicher niemals angefangen. Denn auf der letzten Seite wurde beschrieben, dass jeder Terrakottakrieger, der im Jenseits kämpfen soll, nur dann des Kaisers Kreatur oder Dongxi werden kann, wenn er zuerst durch die Seelen von zehn Kindern zum Leben erweckt wird. Yen Yu war entsetzt. Er glaubte zwar nicht, dass die riesige kaiserliche Armee der Kriegerteufel jemals wirklich zum Leben erweckt werden könnte, doch ihm war nur allzu klar, dass der Kaiser, sollte er je davon erfahren, mit Sicherheit die Opferung von achthunderttausend Kindern veranlassen würde – was zur damaligen Zeit sämtliche Kinder in ganz China gewesen wären.
    Armer Yen Yu. An dieser Stelle verlor er vorübergehend die Nerven und rannte davon. Doch der Kaiser ließ ihn wiedereinfangen und in den Palast zurückbringen, denn natürlich gab es ohne Yen Yu keine Stimme aus der Flasche, die erklären konnte, wie das Dongxi-Ritual vollendet werden sollte. Wieder einmal kam Yen Yus Erfindungsgabe zum Einsatz. Auf dem Weg zurück zum Palast hatte er Zeit genug gehabt, um nach einem Ausweg aus dem Schlamassel zu suchen, in den er sich hineinmanövriert hatte. Im Palast erzählte er dem Kaiser, dass er weggelaufen sei, weil die Stimme ihm etwas mitgeteilt habe, das er dem Kaiser, den er von ganzem Herzen liebe, niemals sagen könne. Der Kaiser ließ die Flasche hereinbringen und befahl ihr, zu Yen Yu zu sprechen – so wie sie es immer gemacht hatten. Und die Stimme ›erzählte‹ Yen Yu, dass nun, da die Armee der Dongxi fertiggestellt sei, nur noch eines zu tun bleibe: Qin müsse eine große Portion Quecksilber trinken und sterben, um anschließend mächtiger als zuvor weiterzuleben und sich an die Eroberung des Himmels zu machen.
    Jeder andere hätte gemerkt, dass an dem, was die Flaschenstimme Yen Yu als letzte Aufgabe aufgetragen hatte, etwas

Weitere Kostenlose Bücher