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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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frischer Umzäunung, wo, nach Vorschrift des alten Horaz, das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden war, endlich eine einfache bequeme Wohnung, auf welche die Mühle mit ihrem spitzen Giebel heiter hinabragte und die sie mit dem beweglichen Schatten ihrer großen Flügel umspielte.
    In diesem Augenblicke kam, auf das Gebell von vier großen Hunden, aus dem Hauptgebäude ein Mann von etwa fünfzig Jahren mit gewinnenden Gesichtszügen. Fünf hübsche, starke Jungen, seine Söhne, kamen hinter ihm drein, sammt ihrer Mutter, einer großen, kräftigen Frau. Dieser Mann mit seiner rüstigen Familie inmitten dieser noch neuen Anlagen, auf diesem noch jugendlichen Landgut, stellte ein vollendetes Musterbild des irländischen Colonisten dar, welcher, des heimischen Elends überdrüssig, Glück und Vermögen jenseits des Meeres aufsuchte.
    Glenarvan hatte sich mit den Seinigen noch nicht vorgestellt, sie hatten noch nicht Zeit, ihre Namen und Eigenschaften kund zu geben, als sie mit der herzlichen Einladung begrüßt wurden:
     

    Bald kenterte das Schiff. (322.)
     
    »Fremde, seid willkommen im Hause des Paddy O’Moore.
    – Irländer seid Ihr? sagte Glenarvan, und ergriff die dargereichte Hand.
     

    In den Händen von Eingeborenen. (S. 322.)
     
    – Vormals war ich Irländer, erwiderte Paddy O’Moore. Jetzt bin ich Australier. Treten Sie ein, meine Herren, wer Sie auch sein mögen, und betrachten Sie das Haus als das Ihrige.«
    Eine so herzliche Einladung war ohne Complimente anzunehmen. Lady Helena und Mary Grant traten, geführt von Mrs. O’Moore, in die Wohnung ein, während die Söhne des Colonisten den Gästen ihre Waffen abnahmen.
    Das Erdgeschoß des Hauses, welches aus starken, wagerecht gelegten Bohlen errichtet war, bestand aus einem geräumigen, lustigen und hellen Saal. An den mit grellen Farben angestrichenen Wänden waren einige Bänke befestigt; ein Dutzend Schemel, zwei Truhen von Eichenholz, worin weißes Steingut und Kannen von glänzendem Zinn aufgehoben waren, ein langer und breiter Tisch, woran zwanzig Gäste bequem Platz hatten, bildeten eine Ausstattung, wie sie zu dem soliden Hause und seinen kräftigen Bewohnern paßte.
    Das Mittagsmahl wurde aufgetragen. Die Suppenschüssel dampfte zwischen dem Roastbeef und der Hammelskeule, und umher standen reich belegte Teller mit Oliven, Trauben und Orangen; neben dem Nothwendigen also fehlte es auch nicht am Ueberflüssigen. Wirth und Wirthin luden so freundlich ein, die lockende Tafel war so groß und reich besetzt, daß es unschicklich gewesen wäre, nicht daran Platz zu nehmen. Die Diener des Gutes, welche der Herr als seines Gleichen behandelte, kamen herbei und theilten die Mahlzeit. Paddy O’Moore wies mit der Hand auf die für die Fremden bestimmten Plätze.
    »Ich erwartete Sie, sagte er einfach zu Lord Glenarvan.
    – Sie erwarteten mich? versetzte der Lord mit Staunen.
    – Ich erwarte stets Leute, die kommen«, erwiderte der Irländer.
    Darauf sprach er, während seine Familie und sein Gesinde ehrfurchtsvoll standen, mit würdiger Stimme das Tischgebet. Lady Helena war von der musterhaften Einfachheit der Sitten innig gerührt, und ein Blick ihres Mannes gab ihr zu verstehen, daß er ihre Bewunderung theile.
    Das Mahl glich einem Festschmaus. Auf allen Seiten entspann sich die lebhafteste Unterhaltung. Schotten und Irländer reichten sich die Hand. Der einige Klafter breite Tweed bildet eine weitere Kluft der Trennung, als der Irländische Canal zwischen Alt-Caledonien und dem grünen Alt-Irland. Paddy O’Moore erzählte seine Geschichte, welche der allen Heimatmüden glich, die das Elend aus ihrem Lande treibt. Viele suchen ihr Glück in der Fremde, finden aber nur Unglück und bittere Nachwehen. Sie klagen ihr Mißgeschick an, anstatt ihren eigenen Unverstand, ihre Trägheit und Laster. Wer nüchtern und muthig ist, sparsam und sittentüchtig, dem fehlt der Erfolg nicht.
    Von solchem Charakter war Paddy O’Moore. Er verließ seine Heimat Dundalk, wo er den nothdürftigen Lebensunterhalt nicht fand, zog mit seiner Familie nach Australien, landete zu Adelaide, verschmähte die Grubenarbeit, zog die Beschwerden des weniger unsicheren Landbaues vor, und begann nach zwei Monaten seine jetzt so gesegnete Pflanzung.
    Das ganze Gebiet von Süd-Australien ist in Portionen von achtzig Morgen Flächeninhalt vertheilt. Diese Loose werden von der Regierung den Colonisten zugetheilt, und auf solch einem Loos kann ein fleißiger Landmann nicht nur

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