Die Kinder des Kapitän Grant
aufgetragen sei. Glenarvan und seine Gäste begaben sich nach dem Oberdecksalon.
»Ein sehr intelligenter Mann, dieser Ayrton, sagte Paganel zu dem Major.
– Zu intelligent!« murmelte Mac Nabbs, dem, er wußte nicht weshalb, die Erscheinung und das Benehmen des Quartiermeisters nicht recht gefiel.
Während der Tafel lieferte Ayrton sehr interessante Mittheilungen über den australischen Continent, den er vollkommen kannte. Er fragte nach der Anzahl Matrosen, die Glenarvan bei der Expedition mitnahm. Als er vernahm, daß ihn nur zwei, Mulrady und Wilson, begleiten sollten, war er erstaunt. Er wollte Glenarvan veranlassen, zu der Reisegesellschaft die besten Seeleute des Duncan heranzuziehen. Er kam immer darauf zurück, eine Beharrlichkeit, welche, nebenbei gesagt, in den Augen des Majors jeden Verdacht auslöschen mußte.
– »Aber, meinte Glenarvan, unsere Reise durch das südliche Australien bietet doch keinerlei Gefahr?
– Keinerlei, antwortete Ayrton schnell.
– Nun wohl, so lassen wir an Bord so viele Leute, als möglich. Es ist Mannschaft nöthig, um den Duncan unter Segel zu führen und ihn zu repariren. Vor Allem kommt es darauf an, daß er pünktlich an dem Orte, der ihm endgiltig bezeichnet wird, eintrifft. Also soll seine Besatzung nicht geschwächt werden.«
Glenarvan’s Bemerkungen schienen Ayrton einzuleuchten, und er widersprach nicht weiter.
Als der Abend gekommen war, trennten sich Schotten und Irländer. Ayrton und Paddy O’Moore’s Familie kehrten nach ihrer Behausung zurück. Pferde und Wagen sollten für den andern Tag bereit sein. Die Abreise wurde auf acht Uhr Morgens festgesetzt.
Lady Helena und Miß Mary trafen ihre letzten Vorbereitungen. Sie waren kurz und jedenfalls weniger umständlich, als die Jacques Paganel’s. Der Gelehrte verbrachte einen Theil der Nacht mit dem Abschrauben, Reinigen und Wiederanschrauben der Gläser seines Fernrohrs. So schlief er denn auch noch, als ihn der Major bei Tagesanbruch mit schallender Stimme erweckte.
Schon war durch die Fürsorge John Mangles’ das Gepäck nach der Ansiedelung geschafft worden. Ein Boot erwartete die Reisenden, die sogleich darin Platz nahmen. Der junge Kapitän ertheilte seine letzten Befehle an Tom Austin. Er empfahl ihm auf’s dringendste, in Melbourne Lord Glenarvan’s Weisungen abzuwarten, und dieselben, sie möchten sein, welche sie wollten, auf’s Genaueste auszuführen.
Der alte Seemann erwiderte John Mangles, daß er auf ihn bauen könne. Im Namen der Mannschaft brachte er Sr. Herrlichkeit seine Glückwünsche für das Gelingen der Expedition. Das Boot stieß ab, und ein donnerndes Hurrah erschallte in den Lüften.
In zehn Minuten erreichte das Boot das Ufer; eine Viertelstunde später kamen die Reisenden an der irischen Farm an.
Alles war bereit. Lady Helena war ganz erfreut über die für sie getroffene Einrichtung. Der ungeheure Wagen mit seinen roh gearbeiteten Rädern und dicken Planken gefiel ihr ausnehmend. Das Gespann von drei Ochsenpaaren verlieh ihm ein ganz patriarchalisches Aussehen. Ayrton harrte, den Treibstachel in der Hand, der Befehle seines neuen Herrn.
»Wahrhaftig, sagte Paganel, das ist ja ein prächtiges Fuhrwerk, das alle Postkutschen der Erde aufwiegt. Ich kenne keine bessere Art und Weise, die Welt wie ein Marktschreier zu bereisen. Ein Haus, das seinen Ort verändert, mit geht und still steht, wo es Einem gut dünkt, was kann man mehr wünschen? Das hatten auch die Sarmaten, die gar nicht anders reisten, schon lange eingesehen.
– Herr Paganel, erwiderte Lady Helena, ich hoffe das Vergnügen zu haben, Sie in meinen Salons empfangen zu können?
– Wie so, Madame? erwiderte der Gelehrte; das wäre ja eine Ehre für mich. Haben Sie schon einen Empfangstag bestimmt?
– Für meine Freunde bin ich alle Tage zu sprechen, entgegnete lachend Lady Helena, und Sie sind …
– Der ergebenste von Allen, Madame«, erwiderte Paganel galant.
Dieser Austausch von Höflichkeiten wurde durch das Eintreffen der sieben Pferde unterbrochen, welche ein Sohn Paddy’s mit Sattel und Geschirr herbeiführte. Lord Glenarvan einigte sich mit dem Irländer über den Preis der verschiedenen Erwerbungen und fügte noch seinen herzlichen Dank hinzu, den der wackere Colonist den Guineen mindestens gleich achtete.
Die Abreise in’s Binnenland. (S. 335).
Das Zeichen zum Aufbruch wurde gegeben. Lady Helena und Miß Grant nahmen in ihrer Wagenabtheilung Platz, Ayrton auf dem Bocke, Olbinett
Weitere Kostenlose Bücher