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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Morgens fing es an zu regnen und bis in den Tag hinein ergossen sich die Gewitterwolken in Strömen. Das Zelt gewährte ungenügenden Schutz, so daß sich Glenarvan und seine Gefährten in das Gefährt zurückzogen. An Schlafen war nicht zu denken, man plauderte über dies und jenes. Nur der Major, dessen kurze Abwesenheit Niemandem aufgefallen war, bildete den stummen Zuhörer. Aber der schreckliche Platzregen strömte unaufhörlich. Man befürchtete deshalb mit Recht, daß der Snowy austreten möge, was für das Gefährt, das im aufgeweichten Boden stak, sehr bedenklich war.
    Mehr als einmal gingen Mulrady, Ayrton und John Mangles aus, untersuchten den Stand des Wassers, und kamen jedesmal von Kopf bis zu Füßen durchweicht zurück.
    Endlich wurde es Tag. Es hörte auf zu regnen, aber die Sonnenstrahlen vermochten noch nicht durch die dichte Wolkenschicht zu dringen. Auf dem Boden standen große Lachen gelben Wassers, trübe, schlammige Teiche. Aus dem aufgerührten Boden stiegen fortwährend feuchtwarme Dünste auf und sättigten die Atmosphäre mit gesundheitschädlichen Miasmen.
    Glenarvan hatte von allem Anfang an Sorge um das Gefährt gehabt, denn es war in seinen Augen die Hauptsache. Als man jetzt das plumpe Fahrzeug untersuchte, fand man, daß es mit dem Boden zugleich niedergesunken sei und mitten im zähen Lehm stak; das Vordergestell war fast total verschwunden, das Hintergestell aber bis an die Räderachse.
    Man sah ein, daß selbst, wenn Alle, Menschen wie Thiere, ihre äußersten Kräfte aufböten, es seine Noth haben würde, die schwere Maschine wieder in die Höhe zu bringen.
    In jedem Fall, sagte John Mangles, muß hier schnell gehandelt werden. Denn wenn dieser Thon erst trocken geworden, erschwert er uns die Arbeit sehr.
    »Also rasch an’s Werk!« bemerkte Ayrton.
    Glenarvan also machte sich mit seinen beiden Matrosen nebst John Mangles und Ayrton nach dem Gehölz auf, wo die Thiere des Nachts über gewesen waren.
    Es war ein Hochwald von Gummibäumen, der einen traurigen Anblick bot. Lauter abgestorbene Stämme standen da in großen Zwischenräumen, seit Jahrhunderten ihrer Rinde entkleidet, wie Korkeichen zur Erntezeit.
    Bis zu zweihundert Fuß streckten sie das magere Netz ihrer entlaubten Aeste in die Luft und kein Vogel nistete in dem durchsichtigen Skelett, nicht ein Blatt regte sich in dem vertrockneten Geäst.
    Und aus welchem Grunde ist eine solche Erscheinung, die in Australien sehr häufig beobachtet wird, daß ganze Wälder von einer tödtlichen Epidemie befallen werden, herzuleiten? Man weiß es nicht. Weder die ältesten Eingeborenen, noch ihre bereits lange in den Särgen ruhenden Vorfahren haben sie jemals im grünen Zustande gesehen.
    Während Glenarvan fortwährend weiter ging und nach dem grauen Himmel aufschaute, auf dem sich auch die kleinsten Zweige der Gummibäume wie seine Zeichnungen abhoben, gerieth Ayrton in Erstaunen, daß sich die Pferde und Ochsen nicht mehr an der Stelle fanden, wo sie hingebracht waren. Doch da die Thiere mit Spannketten gefesselt wurden, konnten sie unmöglich weit fort sein.
    Man suchte also nach ihnen im Walde, doch vergebens. Ayrton wußte nicht, was er sagen sollte. Er begab sich nach dem Snowy-Fluß, an dessen Ufer prächtige Mimosen stehen, zurück, ohne sie gefunden zu haben. Er ließ jetzt seinen Ruf vernehmen, den sein Gespann wohl kannte, aber kein Laut kam zurück. Der Quartiermeister schien immer unruhiger, und seine Gefährten sahen sich mit sehr verlegenen Mienen an.
    Nachdem eine Stunde bereits mit vergeblichem Nachforschen verflossen war und Glenarvan schon zu dem etwa eine Meile entfernten Gefährt zurückzukehren im Begriff stand, drang ein Wiehern an sein Ohr. Bald darauf ließ sich auch ein Brüllen vernehmen.
    »Dort sind sie!« rief John Mangles und schlich durch das hohe Buschwerk, das im Stande gewesen wäre, eine ganze Heerde zu verdecken.
    Glenarvan, Mulrady und Ayrton folgten seinen Spuren und theilten alsbald sein Erstaunen.
    Zwei von den Ochsen und drei von den Pferden lagen da, zu Boden gestreckt, wie vom Schlage getroffen, gleich den anderen. Schon waren ihre Cadaver kalt und eine Schaar hungriger Raben krächzte unter den Mimosen und lauerte auf die unerwartete Beute.
    Glenarvan und seine Gefährten warfen sich Blicke zu, und Wilson konnte nicht umhin, zu fluchen, wie es ihm in den Mund kam.
    »Sei ruhig, Wilson, sprach zu ihm Lord Glenarvan, der sich übrigens auch nur zur Noth zusammennehmen konnte, was hilft

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