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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wurden die Erschütterungen des Bodens.
    Ein dumpfes Rollen der Flammen und zischende Töne wie aus einem Hochofen wurden unter der dünnen Erdkruste immer lauter und lauter. Die kühnen Arbeiter, wahre Cyklopen, welche die Feuer der Erde in Bewegung setzten, arbeiteten schweigend fort. Bald merkten sie, daß der Platz durch aufbrechende Erdspalten und Dampfstöße, die glühend heiß waren, gefährlich wurde. Noch eine furchtbare Anstrengung – und der Felsblock rollte den Abhang hinab und verschwand.
     

    Eine Feuersäule stieg gen Himmel. (S. 650.)
     
    Sogleich gab die dünne Erdschicht nach. Eine schwarze Feuersäule stieg unter donnerartigem Getöse zum Himmel empor, während Ströme kochenden Wassers mit Lava vermischt sich in das Lager der Eingeborenen und in die tiefer liegenden Thäler ergossen.
    Der ganze Bergkegel zitterte, man konnte glauben, daß er in einen grundlosen Schlund versinken werde.
    Glenarvan und seine Gefährten hatten kaum Zeit, vor den gefährlichen Lavamassen zu fliehen; das Oudoupa bot ihnen rechtzeitig eine Zuflucht, nachdem sie bereits von einzelnen Tropfen Wassers, das eine Temperatur von vierundneunzig Grad hatte, erreicht worden waren. Dasselbe verbreitete zuerst einen leichten Bouillongeruch, der sich bald in einen stark schwefelartigen verwandelte.
    Ganze Feuerströme durchfurchten die Abhänge des Maunganamu. Die nächsten Berge wurden durch die hervorbrechenden Flammen erleuchtet, während die tiefen Thäler in ihrem Widerscheine erglänzten.
    Alle Wilden hatten sich erhoben, sie heulten vor Schmerz, als die kochenden Lavamassen sie mitten in ihrem Lager überraschten. Diejenigen, welche der glühende Strom nicht erreicht hatte, flohen hinauf auf die nächstgelegenen Hügel. Dort erst wagten sie sich erschrocken umzublicken und diese entsetzliche Naturerscheinung zu betrachten, einen Vulkan, in welchen der Zorn ihres Gottes die Schänder des heiligen Berges hinabstürzte.
    Zuweilen, wenn der Donner des Kraters schwächer wurde, hörte man sie heulend ihr: Tabou! Tabou! Tabou! ausrufen.
    Die aufzischenden Dämpfe, glühenden Steine und Lavamassen waren so gewaltig, daß der Maunganamu nicht mehr wie ein kleiner Krater, sondern wie der Hekla in Island erschien. Auf den Bergabhängen sah man Legionen von Ratten ihre unhaltbaren Löcher verlassen und den feurigen Boden fliehen.
    Während der ganzen Nacht, in der ein heftiger Sturm sich entfesselt hatte, arbeitete der Berg so furchtbar, daß Glenarvan keine Ruhe fand.
    Versteckt hinter der letzten Pfahlreihe verfolgten die Gefangenen die Fortschritte des Ausbruches.
    Endlich brach der Morgen an, aber noch immer wollte die Wuth des Vulkans sich nicht besänftigen.
    Dichte, gelbe Dämpfe vermischten sich mit den Flammen. Die Lavaströme rannen in Schlangenwindungen den Berg hinab.
    Glenarvan überblickte aus seinem Versteck mit zagendem Herzen jede einzelne Oeffnung der Palissadenreihe, sowie das Lager der Wilden.
    Die Maoris waren aus dem Bereich des Vulkans entflohen. Einzelne Leichname lagen dort, verkohlt vom Feuer, am Fuße des Kegels. Weiterhin gegen den »Pah« zu hatte die Lava etwa zwanzig Hütten umfaßt, welche noch rauchten. In Gruppen betrachteten die Seeländer den feurigen Gipfel des Maunganamu mit religiösem Schauder.
    Kai-Koumou kam in die Mitte seiner Krieger, Glenarvan erkannte ihn. Er ging bis an den Fuß des Kegels, wo die Lavamassen sich nicht hinabgestürzt hatten, aber er wagte nicht weiter vorzudringen.
    Dort streckte er wie ein Geisterbeschwörer die Arme aus und machte einzelne Zeichen, deren Sinn den Gefangenen klar war. So wie es Paganel vorhergesehen hatte, sandte Kai-Koumou nach dem rächenden Berge hin sein kräftigstes »Tabou«.
    Bald darauf zogen die Eingeborenen auf den gewundenen Pfaden, welche nach dem Pah zu führten, in Reihen ab.
    »Sie brechen auf, rief Glenarvan. Sie verlassen ihren Posten. Gott sei Dank! Unser Angriffsplan ist gelungen. Meine theure Helena, meine braven Gefährten, nun sind wir todt und begraben. Aber diesen Abend oder in der Nacht werden wir wieder aufleben, unser Grab verlassen und diesen wilden Barbaren entfliehen.«
    Man kann sich nur schwer die Freude vorstellen, welche in dem Oudoupa herrschte. Die Hoffnung war wieder in alle Herzen eingezogen. Diese muthigen Reisenden vergaßen die Vergangenheit und Zukunft, um nur an die Gegenwart zu denken. Und doch war der Versuch, eine europäische Niederlassung mitten in diesen unbekannten Gegenden zu finden, nicht leicht.

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