Die Kinder des Kapitän Grant
verlassen. Ihre Anzahl schien sogar durch verspätete Nachzügler gewachsen zu sein. Da und dort angezündete Wachtfeuer bildeten einen Flammenring um den Bergkegel. Sobald die benachbarten Thäler in Dunkel gehüllt waren, sah es aus, als ob der Maunganamu aus einem Feuerherde emporstiege, während sein Gipfel in dichter Finsterniß verschwand. Sechshundert Fuß unter diesem hörte man das Hin-und Herlaufen, Geschrei und Murmeln des feindlichen Bivouacs.
Um neun Uhr, als es schon dunkle Nacht war, beschlossen Glenarvan und John Mangles auszukundschaften, ob sie ihre Begleiter den gefährlichen Weg hin führen könnten. Zehn Minuten lang stiegen sie geräuschlos nach abwärts bis nach jenem schmalen Kamme, welcher die Linie der Eingeborenen nur fünfzig Fuß über deren Lager durchschnitt.
Bis hierher ging Alles gut. Die um ihre Feuer liegenden Maoris schienen die beiden Flüchtlinge nicht zu bemerken, welche nun einige Schritte vorwärts wagten. Plötzlich knatterten aber rechts und links vom Kamme die Gewehrsalven.
»Zurück! rief Glenarvan, diese Banditen haben Katzenaugen und Riflebüchsen!«
John Mangles und er stiegen sofort den steilen Abhang wieder hinan und gelangten auch glücklich zu den Anderen, welche durch die Flintenschüsse nicht wenig erschreckt worden waren. Glenarvan’s Hut hatten zwei Kugeln durchlöchert. Es war demnach unmöglich, sich zwischen den beiden Schützenlinien auf den langen Kamm hinauszuwagen.
»Bis morgen! sagte Paganel, und da wir die Wachsamkeit der Eingeborenen nicht täuschen können, so werden Sie mir gestatten, diesen morgen ein Gericht aus meiner Küche vorzusetzen!«
Es wurde empfindlich kalt. Glücklicherweise hatte Kara-Tété auch die besten Nachtkleider mit in’s Grab bekommen, warme Phormiumdecken, in welche sich Alle ohne Scheu einhüllten, und bald schliefen die durch den Aberglauben der Eingeborenen geschützten Flüchtlinge hinter den Palissaden und auf dem warmen, von unterirdischen Kräften leise erzitternden Erdboden.
Fünfzehntes Capitel.
Die grossen Mittel Paganel’s.
Am folgenden Morgen, am 17. Februar, erweckte die aufgehende Sonne mit ihren ersten Strahlen die Schläfer des Maunganamu. Schon lange waren die Maoris am Fuße des Bergkegels in lebhafter Bewegung; sie dachten nicht daran sich von der Beobachtungslinie zu entfernen. Mit wildem Geschrei begrüßten sie die Erscheinung der Europäer, welche aus der von ihnen entweihten Enceinte hervorkamen.
Der Tag verlief ohne Störung von Seiten der Wilden. Nach dem Mißerfolg des ersten Fluchtversuches war natürlich Jeder begierig, Paganel’s angedeutete Auskunftsmittel zu erfahren. Dieser wollte, den Aberglauben der Eingeborenen benutzend, eine leicht zu bewerkstelligende Eruption von Dämpfen in der Nähe des Oudoupa hervorrufen, um so die Maoris glauben zu machen, daß die Europäer dem Zorne der Gottheit verfallen seien, um sie zur Aufgabe dieser Belagerung zu veranlassen.
Um acht Uhr Abends verschwand der Gipfel des Maunganamu in düsterer Finsterniß. Der Himmel bot einen schwarzen Hintergrund für die auflodernden Flammen, welche Paganel eigenhändig nährte.
Die Maoris konnten ihre Gefangenen nicht mehr sehen. Der Augenblick zu handeln war gekommen.
Man mußte eiligst an das Werk gehen. Glenarvan, Paganel, Mac Nabbs, Robert, der Steward und die beiden Matrosen thaten es gleichzeitig.
Das Herabwälzen der Felsstücke. (S. 648.)
Zur Oeffnung des künstlichen Kraters wurde ein etwa dreißig Schritte von dem Grabmal Kara-Tété’s entfernter Platz gewählt. Es war in der That von hoher Bedeutung, daß dieses Oudoupa durch den Ausbruch verschont blieb, denn mit ihm wäre auch der über den Berg ausgesprochene Tabou aufgehoben gewesen.
Dort hatte Paganel einen mächtigen Felsblock bemerkt, um welchen sich die Dämpfe in dichten Massen verbreiteten. Durch ihn wurde eine natürliche, kleine Kratermündung des Kegels verdeckt, durch sein Gewicht allein leistete er dem Ausbruch der unterirdischen Flammen Widerstand. Wenn es gelang, ihn aus seinem Lager zu heben, mußten die Dämpfe und Lavamassen sogleich durch die frei gewordene Oeffnung hervorströmen.
Die im Inneren des Oudoupa aus dem Erdboden gerissenen Pfähle dienten den Arbeitern als Hebebäume.
Unter ihren gemeinschaftlichen Anstrengungen begann das Felsstück zu schwanken. Auf dem Abhange des Berges gruben sie für dasselbe eine Art Rinne, um es in dieser hinabgleiten zu lassen. Je höher es gehoben wurde, desto heftiger
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