Die Kinder des Kapitän Grant
Gesellschaft durch fast unmerkliche Bewegungen dem obersten Plateau nahe. John bemerkte nicht nur das dunkle Gebüsch, sondern mußte davon höchstens nur noch zweihundert Schritte entfernt sein.
Plötzlich hielt er an, ja er wich fast zurück. Er glaubte in dem Schatten ein Geräusch mit seinem Ohr aufgefangen zu haben. Sein Zögern hemmte den Marsch seiner Gefährten.
Er blieb unbeweglich – lange genug, um die Nachfolgenden zu beunruhigen. Man wartete. In welcher Angst, wer möchte das ausdrücken! Würde man gezwungen sein, den Rückzug nach dem Gipfel des Maunganamu anzutreten?
Als aber John bemerkte, daß das Geräusch sich nicht wiederholte, richtete er seine Schritte gerade auf die Spitze zu.
Bald trat das Gebüsch aus dem Schatten hervor. Mit wenigen Schritten war es erreicht, und die Flüchtlinge verkrochen sich unter dem dichten Laubwerk der Bäume.
Sechzehntes Capitel.
Zwischen zwei Feuern.
Die Nacht begünstigte diese Unternehmung. Sie mußte also benutzt werden, um die verhängnißvolle Gegend des Taupo-Sees zu verlassen.
Paganel trat an die Spitze der kleinen Gesellschaft, und der wunderbar scharfe Orientirungssinn des Reisenden bewährte sich von Neuem während dieser schwierigen Wanderung in den Bergen. Er bewegte sich mit einer überraschenden Geschicklichkeit mitten in der Finsterniß vorwärts, indem er bald hier ohne Zögern fast unsichtbare Pfade wählte, bald eine feste Richtung innehielt, von der er sich nicht entfernte. Es ist wahr, seine Tagblindheit 1 kam ihm sehr zu statten, und seine Augen, so scharf wie die einer Katze, erlaubten ihm, die geringsten Gegenstände in dieser vollkommenen Dunkelheit zu unterscheiden.
Während drei Stunden marschirte man, ohne Halt zu machen, über die weiten Abhänge der östlichen Bergseite.
Paganel hielt sich ein wenig nach Süd-Osten, um einen schmalen Durchstich zwischen den Kaimanara-und Wahiti-Ketten zu gewinnen, in dem sich die Straße nach Auckland längs der Hawkes-Bucht hinzieht. War man über diese Mulde hinaus, so konnte man nach seiner Berechnung die Straße ganz verlassen und, geschützt durch die hohen Bergketten, an der Küste hin durch die unbewohnten Gegenden der Provinz ziehen.
Um neun Uhr Morgens waren zwölf Meilen in zwölf Stunden zurückgelegt. Man konnte muthigere Frauen sich gar nicht denken. Uebrigens schien die Gegend geeignet, um ein Lager aufzuschlagen. Die Flüchtlinge hatten den Engpaß erreicht, welcher die beiden Ketten trennt. Die Straße nach dem Oberland, welche nach Süden führte, blieb zur Rechten.
Paganel machte mit seiner Karte in der Hand eine halbe Schwenkung nach Nord-Ost, und um zehn Uhr erreichte die kleine Truppe einen schroffen Absatz, der durch einen Bergvorsprung gebildet war.
Man holte die Lebensmittel aus den Reisesäcken hervor und erwies ihnen alle Ehre. Mary Grant und der Major, welche bis jetzt dem eßbaren Seetang nicht den geringsten Geschmack hatten abgewinnen können, labten sich heute fast daran.
Man ruhte bis um zwei Uhr Nachmittags und setzte dann den Marsch nach Osten fort. Am Abend waren die Reisenden acht Meilen von den Bergen entfernt; sie überließen sich unter freiem Himmel dem Schlafe.
Am folgenden Morgen bot der Weg ziemlich ernste Schwierigkeiten. Man mußte durch dieses eigenthümliche Gebiet der vulkanischen Seen voller Krater und Schwefeldunstquellen ziehen, das sich östlich von den Wahiti-Ketten hinzieht. Das Auge fand dabei viel mehr Befriedigung, als die Beine. Jede Viertelmeile gab es Umwege zu machen und allerlei Hindernisse zu beseitigen, was sicher sehr ermüdend war. Aber welch’ ein eigenthümliches Schauspiel, welche unendliche Verschiedenheit bot da die Natur in ihren Bildern!
Auf diesem weiten Raume von zwanzig Quadratmeilen stellte sich der Ausbruch der unterirdischen Kräfte unter allen Gestalten dar. Salzige Quellen von wunderbarer Durchsichtigkeit des Wassers mit Myriaden von Insekten bevölkert, sprudelten aus Gruppen von einheimischen Theebäumen hervor.
Sie verbreiteten einen durchdringenden Geruch, wie von verbranntem Pulver, und lagerten auf dem Boden einen Satz ab, so weiß wie leuchtender Schnee. Ihre Wasserströme waren fast siedend heiß, während aus anderen Quellen ganz in der Nähe eisige Sprudel emporstiegen. Mächtig schoß an ihren Rändern das Farrnkraut empor, und zwar unter der silurischen Vegetation ganz gleichen Verhältnissen.
Ueberall sprangen Wasserstrahlen, welche zischende Dämpfe mit sich führten, wie die Fontainen in
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