Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
Vom Netzwerk:
Becher bis zum Rand mit gutem Obstschnaps aus der Heimat und leerte ihn in einem Zug.
    ***
    «Was meinst du, hat das alles zu bedeuten?», fragte Fabiou nachdenklich.
    «Ich weiß nicht.» Bruder Antonius zuckte hilflos mit den Schultern. «Ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht sicher, dass ich alles perfekt verstanden habe. Das Fenster war nur einen Spalt offen, und sie haben schließlich deutsch gesprochen. Diesen Ingelfinger habe ich ganz gut verstanden, aber Petri hat einen ziemlich fremdartigen Dialekt benutzt.» Er lachte auf. «Die deutschen Dialekte sind einander nicht viel ähnlicher als Provenzalisch und Französisch.»
    Sie saßen in einer der hinteren Ecken des Friedhofs, einem Bereich, der an zwei Seiten von kleinen Mäuerchen und an einer von 227
    Buschwerk begrenzt wurde und überschattet war von den gewaltigen Schemen uralter Zedern, der richtige Ort für eine Unterhaltung in der Mittagshitze. Nur ein paar alte Weiber in schwarzen Gewändern waren um diese Tageszeit zwischen den Grabsteinen zu sehen, die Sorte, die jeden Tag hierher kam, da die Erinnerung an die Toten alles war, was sie noch ans Leben band.
    «Nun, fassen wir zusammen.» Fabiou war ungeduldig darum bemüht, Ordnung in das Chaos unzusammenhängender Informationen zu bringen. «Dieser Imen…Iden…»
    «Ingelfinger», half Bruder Antonius nach.
    «Gut, dieser Ingelfinger also ist offensichtlich Trostetts Vorgesetzter. Was bedeutet, dass er kein selbständiger Kaufmann war, sondern bei einem größeren Handelsunternehmen im Dienst stand.»
    «Dem anscheinend auch dieser Petri angehört», ergänzte Bruder Antonius.
    «Bist du sicher?»
    «Es kam mir so vor. Die Art, wie er sich diesem Ingelfinger gegenüber verhielt… er erinnerte mich an unseren Abt, wenn der päpstliche Nuntius vorbeikommt.» Er lachte leise. Fabiou hatte ihn nicht gefragt, wie er es angestellt hatte, dieses Gespräch zu belauschen. Er wusste, der Mönch hatte Fähigkeiten, die einem Mitglied der Aiser Unterwelt besser angestanden hätten als einem Mann Gottes, doch darauf angesprochen gab Bruder Antonius stets nur die ausweichende Antwort, er sei schließlich nicht immer Mönch gewesen. Was er vor seinen Weihen gewesen war, darüber ließ er sich nicht näher aus. Wahrscheinlich Taschendieb.
    «In Ordnung. Petri, Trostett und Ingelfinger, das ist also ein und dasselbe Unternehmen – dessen Namen wir leider nicht kennen.»
    «Auf dem Schild an der Tür stand: Georg Ohneberg, Köln.»
    Fabiou sah ihn mit großen Augen an. «Das konnte ich nicht lesen.»
    «Macht nichts, aber ich.» Bruder Antonius grinste.
    «Sagt dir das etwas?»
    «Nein, aber ich kenne mich in der Handelswelt auch nicht sonderlich aus. Der einzige deutsche Handelsbetrieb, der mir ein Begriff ist, sind die Fugger.»
    228
    «Hm…» Fabiou nagte in Ermangelung eines anderen Objekts an seinen Fingerknöcheln herum. «Und dieser Ingelfinger war also da, um herauszufinden, was Trostett zugestoßen ist – und wurde mit der alten Erklärung abgespeist, dass es ein Raubmord durch die Antonius-Jünger war. Und ähnlich wie wir besaß er ein Schreiben von Trostett, das ihn an dieser These zweifeln ließ. Ein Schreiben, das nicht minder rätselhaft ist als unseres.» Er fuhr plötzlich auf.
    «Warum, verdammt? Warum hat dieser Kerl allen möglichen Leuten absolut unverständliche Nachrichten geschickt?»
    «Ich weiß nicht», sagte Bruder Antonius gedehnt. «Ich glaube, Petri und Ingelfinger verstanden sehr wohl, worum es ging. Es spricht für sich, sagte Petri. Und… sie sprachen von diesem Moment an immer von ‹damals›. Es muss sich auf irgendetwas beziehen, was in der Vergangenheit des Unternehmens vorgefallen ist.»
    «Aber was? Und wann war damals?», rief Fabiou entnervt.
    «Damals war ‹zu Trostetts Zeit›», meinte Bruder Antonius.
    «Vielleicht hat er früher die Handelsvertretung in Ais geleitet, wie jetzt Petri.»
    «Er schrieb: ‹ich hätte nicht zurückkommen sollen›», murmelte Fabiou bestätigend.
    «Genau. Und was vorgefallen ist… nun, dieser Ingelfinger sprach von Unregelmäßigkeiten Trostetts, über die er Unterlagen habe…»
    «Denkst du, das ist die Erklärung für alles? Dass Trostett in die eigene Tasche gearbeitet hat?» Fabiou schüttelte heftig den Kopf.
    «Also, unter einer Sünde, für die man freiwillig in den Tod geht, verstehe ich etwas anderes.»
    «Nun, warum – Ingelfinger sagte selbst, er hätte die Schande nicht überlebt.»
    «Und was in aller Welt soll das

Weitere Kostenlose Bücher