Die Kinder des Ketzers
gekannt, dachte Fabiou verzweifelt.
«Messieurs.» Trévigny nickte grüßend in die Runde, sein gewinnendstes Lächeln im Gesicht. «Ich dachte, ich wende mich an Euch mit einer Frage, die uns beide beschäftigt, den Baron de Beaufort und mich. Schließlich gehört Ihr zu den ältesten Familien von Ais, wie man mir gesagt hat, wer sonst wäre in der Lage, mir so zuverlässig Auskunft zu geben?»
Schleimer, dachte Fabiou.
«Aber klar doch.» Bossard lachte dröhnend. «Wir wissen alles über Ais, nicht wahr, Freunde?»
«Nun, es handelt sich nicht eigentlich um eine Frage, die Ais betrifft», meinte der Comte. «Wie Ihr sicherlich gehört habt, sind der junge Baron und ich letztens über einen Toten gefallen, der, wie man sagt, das Opfer einer weithin bekannten Räuberbande geworden ist, die Antonius-Jünger nennt man sie wohl. Wir können leider beide mit diesem Namen nicht viel anfangen, und da dachten wir, dass vielleicht Ihr…»
«Ob wir über die Antonius-Jünger Bescheid wissen? Was für eine Frage!», rief Bossard aus. «Schließlich ist es nicht zuletzt uns zu verdanken, dass diese Bande von verlausten Strauchdieben damals auf dem Schafott gelandet ist! Oh ja, St. Roque und ich waren dabei in Degrelhos Trupp, als damals die Jagd losging. War ‘ne heiße Sache, nicht wahr, Miquéu?» Er versetzte St. Roque einen Schlag auf die Schulter, der diesen nahezu auf den Rasen legte. 248
«Jaja, schon wahr», sagte er und leckte sich den verschütteten Wein von den Fingern.
«Degrelho?», fragte Fabiou mit gerunzelter Stirn. Er hatte das Gefühl, diesen Namen schon einmal gehört zu haben.
«Ja, Archimède Degrelho, Senher d’Astain. – Der da drüben.»
Estrave wies unter die Bäume, wo ein kräftiger Herr Mitte vierzig mit grauen lockigen Haaren eine blass wirkende Dame am Arm führte, auf die er offensichtlich lebhaft einredete. Der Junge, der hinter den beiden her trottete, war nicht minder blass als die Dame, ein mageres, gelangweilt dreinblickendes Jüngelchen von vielleicht achtzehn Jahren. Fabiou runzelte die Stirn. Die Dame kam ihm bekannt vor. Er konnte sich täuschen, aber es schien ihm dieselbe zu sein, die er am Abend ihrer Ankunft in Ais in Trauerkleidung auf dem Friedhof gesehen hatte. «Degrelho war es damals, der die Initiative zum Schlag gegen die Antonius-Jünger ergriffen hat, nach der Sache mit seinem Bruder.»
«Wieso? Was war denn mit seinem Bruder?», fragte Trévigny neugierig.
«Oh, schlimme Sache», meinte ein Herr zu Fabious Rechten düster. Er sah zur Seite und erkannte den Senher de Faucoun, Vetter des Jansoun, wie er wusste, und somit ebenfalls ein Neffe des hochverehrten Parlamentspräsidenten. «Hector Degrelho und seine ganze Familie sind von den Antonius-Jüngern erschlagen worden. Furchtbar. Vier kleine Kinder.» Faucoun schüttelte betrübt den Kopf, während Fabiou dachte, dass man schon gewaltig für die alten Griechen schwärmen musste, um seine Söhne Hector und Archimède zu nennen.
«Moment mal, ganz so war es nicht. Schließlich…», begann Senher Alence, aber schon fiel ihm Bossard wieder ins Wort: «Archimède hat durchgedreht, damals. Hätten wir ihm gar nicht zugetraut, er war immer eher ein Ruhiger, Unscheinbarer, keiner der gern mit dem Säbel rasselt. Aber damals, ha! Heiliger Zorn, anders kann man es nicht nennen. Ist von Burg zu Burg gerannt und hat die Junker zusammengetrommelt, und dann ist die Jagd losgegangen. Keine Chance haben sie gehabt, die dreckigen Rattenficker!
Keine acht Wochen, und wir hatten sie alle im Sack, und dann durften sie in Ate lange Hälse machen. War ein Spaß, kann ich 249
Euch sagen. Vor allem, nachdem der Comte de Tende davor fünf Jahre lang erfolglos Jagd auf sie gemacht hat. Braucht halt nur die richtigen Leute, sag’ ich ja immer. Ist das gleiche heute. Alle jammern sie ‘rum wegen den Protestanten, statt dass mal einer ordentlich durchgreift. Ich sag euch, wenn der Carcès erst mal ‘ran darf, ist das ‹calvinistische Problem› in einem Monat erledigt!»
«Ja, das hat ihnen das Genick gebrochen, den alten Dreckfressern, dass sie sich mit Degrelho angelegt haben.» Der Jansoun feixte. «Die wären besser beim Pferdestehlen geblieben, dann hätten sie es weiter nur mit dem Comte zu tun gehabt, und der hätte sie vermutlich erst zur Jahrhundertwende gefasst.» Gelächter war die Antwort auf diese Bemerkung.
«Haben die Antonius-Jünger das öfter getan – gemordet meine ich?», fragte Fabiou. Die Worte seiner
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