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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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«Wie schön, Euch wieder zu sehen!»
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    «Ich will wissen, wie die das machen!», sagte Catarino von oben herab.
    «Wer?», fragte der junge Gaukler verständnislos.
    «Na, die Feuerspucker! Wie machen sie das?»
    Die Lippen in dem weißgeschminkten Gesicht verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. «Berufsgeheimnis, mein schönes Fräulein. Darf ich Euch leider nicht sagen.»
    «Du bist noch genauso anmaßend wie das letzte Mal!», fuhr sie ihn an. «Man sollte dich aus der Stadt jagen lassen!»
    Der Gaukler seufzte. «Ach, dem charme schöner Frauen kann ich einfach nie widerstehen. Aber Ihr werdet verstehen, dass ich ein Geheimnis dieser Importanz nicht hier vor allen Leuten preisgeben kann. Aber», er lächelte durchtrieben, «kommt doch mal in unser Lager vor der Stadt, dann zeige ich Euch, wie es geht.»
    «Pah!» Catarino reckte hochmütig die Nase in die Luft. «Auf die billige Masche falle ich nicht herein! Ich weiß schon, was du vorhast – einen Anschlag auf meine Ehre! Aber nicht mit mir, Gaukler!»
    «Nein, natürlich nicht mit Euch!» Der Bursche lachte schallend.
    «Catarino! Komm da weg!» Frederi. Na klar. Catarino warf dem Gaukler einen giftigen Blick aus ihren grünen Augen zu, hob ihre Röcke und stolzierte davon. «So ein eingebildeter Kerl!», zischte sie Fabiou zu, der die Szene nicht ohne Belustigung beobachtet hatte.
    «Einen netten Umhang hast du da, Bursche.» Der Gaukler, der sich ebenfalls zum Gehen gewandt hatte, hielt inne, sein Blick suchend durch die Reihen der Zuschauer und die Augen so schillernd, dass Fabiou aufmerksam wurde. «Nicht ganz neu, wie es mir scheint, aber interessant, interessant.» Der Sprecher war ein Herr mittleren Alters, der Fabiou nicht unbekannt war. Ingelfinger.
    Er schritt langsam auf den jungen Gaukler zu, der ihn hoch erhobenen Hauptes erwartete. «In der Tat», sagte er lächelnd und berührte die verblichene Goldborte mit einer Hand, «ein ungewöhnliches Stück. Lange her, dass ich so etwas zum letzten Mal gesehen habe. Woher hast du es?»
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    Ein geheimnisvolles Lächeln erschien auf dem Gesicht des Jungen. «Familienerbstück», sagte er. Die Bernsteinaugen flackerten belustigt
    «Ist es echt?», fragte Ingelfinger, als handle es sich bei dem alten Fetzen mit dem aufgestickten Schuh um ein Perlencollier.
    «Echt wie die Kronjuwelen», sagte der Gaukler spöttisch. «Da klebt noch das Blut von Königshofen dran.»
    Seltsam, doch das Lächeln erstarb bei diesen Worten auf Ingelfingers Gesicht, und wäre Fabiou ihm nicht so nahe gestanden und hätte er nicht die Ohren gespitzt wie eine jagende Katze, so hätte er unmöglich verstehen können, wie der Deutsche dem Gaukler zuflüsterte: «Junger Mann, ich habe das Gefühl, du sehnst dich nach dem Galgen!»
    Der Junge lächelte, und es war jetzt ein Lächeln, das einem einen eisigen Schauder über den Rücken jagte, und mehr bekam Fabiou nicht mit, denn in diesem Moment schrie der Cavalié, der jetzt wirklich kreidebleich war: «Fabiou, Mädchen, kommt, wir gehen!»
    «Och, Mann!», maulte Frederi Jùli, und Theodosius-das-Großmaul brüllte: «Ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht!», doch der Cavalié erschien fest entschlossen, mit einer Hand packte er Frederi Jùli, mit der anderen Theodosius, und mit einem raschen Blick über die Schulter, der ziemlich eindeutig in Richtung von Monsieur Ingelfinger ging, stürzte er sich ins Gewühl um die Marktstände, Theodosius hinter sich herziehend, der beide Füße fest auf das Pflaster gestemmt hatte und «Ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht!» plärrte. Fabiou warf noch einen nachdenklichen Blick zu den Gauklern zurück, doch Ingelfinger verschwand gerade schon nach links in der Menge, und der junge Mann im roten Kostüm war bereits nicht mehr zu sehen.
    Seltsam.
    In Gedanken versunken trottete er dem Cavalié hinterdrein. War es Theodosius’ infernalisches Gezeter, das Frederi plötzlich innehalten ließ, oder der Anblick der Frau, die vor ihm stand, das Gesicht eingefasst von der straffen schwarzen Haube, die dunklen Augen weit aufgerissen in dem bleichen Gesicht, und auch des Cavaliés Gesicht hatte noch einmal mehr an Farbe verloren, er ließ
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    Theodosius los, der brüllend davontobte, seine Hand zuckte zu seinem Gesicht, berührte seine Stirn. «Marguérite», krächzte er.
    «Frederi…», flüsterte sie.
    Der Cavalié zog seinen Sohn an sich und hastete weiter. Fabiou stand und sah zu, wie die fremde Frau seinem

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