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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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eines gewölbten Glases. Fabiou ging in die Knie, tastete mit der Hand über den Fußboden. Seine Finger berührten warmes Glas. Eine Laterne. Vorsichtig hob er sie auf, pustete auf den Docht. Glut flammte auf, um sogleich wieder zu erlöschen. Ein zweites Mal blies er, ein drittes Mal. Dann hatte er eine Idee. Er tastete in seinem Wams nach dem Schreibbüchlein, riss einen Papierfetzen heraus und hielt ihn gegen den Docht. Wieder blies er, einmal, zweimal, und beim dritten Mal entzündete sich der Fetzen. Fabiou drückte ihn gegen den Docht, bis er sich die Finger verbrannte, doch als er dieselben fluchend zurückriss, brannte der Docht wieder.
    Fabiou prallte zurück. Das Licht der Laterne erhellte ein Gesicht.
    Seine Knie wackelten ziemlich, als er sich niederbeugte, um die Gestalt, die vor ihm an der Wand kauerte, zu beleuchten. Es war ein älterer Mann in einem einfachen leinenen Nachtgewand, wie Dienstboten sie oft trugen, auf dem Kopf eine große Schlafmütze, die zur Seite weggerutscht war und schütteres graues Haar freigab. Über der Brust war das Nachtgewand in glänzendes Rot getaucht, aber schon der starre Blick verriet Fabiou, dass der Diener tot war. Die rechte Hand lag auf dem Fußboden ausgestreckt, nur eine Handbreit von der Stelle entfernt, wo er die Lampe gefunden hatte.
    Er stolperte auf die Füße. Die Logik ließ ihn daran zweifeln, dass der Kahle hier eingedrungen war, um einen alten Diener zu töten. Er ließ seinen Blick durch den nun unstet von der Lampe erhellten Gang schweifen. In den meisten hôtels , ganz gleich, ob der Besitzer adeliger oder bürgerlicher Herkunft war, lagen die Schlafgemächer 409
    in einem der oberen Geschosse, fernab vom Lärm der Straße. Also, wo war die Treppe?
    Bereits ein paar Schritte weiter fand er, was er suchte: eine Wendeltreppe, die sich in eine düstere Höhe hinauf schraubte. Fabiou holte tief Luft und kletterte die engen Stiegen hinauf. Oben empfing ihn ein Gang ähnlich dem ein Geschoss tiefer. Er ging in Richtung Rückseite des Hauses. Der ruhigeste Ort für das Schlafzimmer. Die zweitletzte Tür zur Linken stand einen Spalt offen.
    Fabiou machte sich wenig Gedanken darüber, was er tun sollte, wenn er plötzlich vor der Bettstatt einer kreischenden Notarsgattin stünde. Er drückte die Tür weiter auf, und die Lampe vor sich herhaltend wie ein Kruzifix im Angesicht des Teufels trat er ein. Ein Kruzifix wäre eine erfolgsversprechende Alternative gewesen. Mit einem gellenden Schrei fuhr Fabiou gegen die Wand zurück und starrte auf die Gestalt, die vor ihm stand, ganz in schillerndes Schwarz gekleidet, und auf ihr Gesicht, das kein Gesicht war, sondern eine leblose, grinsende weiße Maske, die unter einer schwarzen Kapuze hervorlugte, mit rot gemalten Bäcklein und mandelförmigen Schlitzen als Augen, aus deren Tiefe ein glänzender Blick hervorschimmerte. Aus dem rechten Auge kullerte eine Träne und zog einen blutroten Streifen über die weiße Wange. Einen kurzen Augenblick nur stand die Gestalt so und fixierte Fabiou mit ihren Mandelschlitzen, dann rauschte das schwarze Gewand und sie war an ihm vorbei zur Tür hinaus.
    Ganz ruhig. Wenn er dich hätte töten wollen, hätte er es getan. Ganz ruhig, Fabiou, ganz r…
    Der Schein der Lampe fiel auf das Bett, das in der Mitte des Raumes stand. Auf den weißen Laken machte sich das viele Blut besonders rot aus. Fabiou trat näher, starrte in das Gesicht des alten Mannes, dessen Kopf zurückgebeugt auf dem Kopfkissen ruhte und den tiefen Schnitt in seiner Kehle somit geradezu obszön zur Schau stellte. Aus der Wunde sickerte bereits kein Blut mehr. Tote bluten nicht. Fabiou hob den Kopf. Über die Tapete mit dem wenig kunstvollen Säulenmuster zog sich ein schmieriger, roter Schriftzug. 410
    Santonou
    Fabiou vergaß die Gestalt mit der Maske, vergaß den Kahlkopf und rannte, bis er die Straße erreichte.
    ***
    «Ein sauberer Schnitt durch die Kehle. Man hat das Gefühl, der Kerl versteht sein Handwerk.» Laballefraou betrachtete den Hals des toten Notars Austelié mit Kennerblick. «Na, immerhin die Todesursache dürfte klar sein.»
    Crestin lehnte an einer Kommode gegenüber dem Bett und betrachtete versonnen die Wand und die Schrift auf der Tapete. Es war keine halbe Stunde her, dass ihn ein aufgeregter Nachtwächter aus dem Bett geholt hatte mit den Worten, er müsse sofort in das Haus des Gastou Austelié kommen, dort sei ein furchtbares Verbrechen geschehen. Die zusammengetrommelten Arquié,

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