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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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doof!» Cristino warf sich aufs Bett und zog die Decke über den Kopf. Gedämpft drang Catarinos Gekicher an ihr Ohr.
    «Na, bin mal gespannt, ob’s wenigstens hilft, gegen deine Träume!
    Mann, wenn das Frederi wüsste! Der würde Bruder Antonius nicht mehr über diese Schwelle lassen!»
    Das Halbdunkel unter der Decke wandelte sich in Nacht, als Catarino die Kerze ausblies. Langsam kroch Cristino unter der Decke hervor, denn trotz der späten Stunde war es noch ordentlich warm im Zimmer.
    Sie war ebenfalls gespannt, ob ihre Lektüre gegen die Träume helfen würde. Zur Sicherheit betete sie noch zwei Vaterunser und drei Ave Maria und bekreuzigte sich ein gutes Dutzend Mal. Dann schlief sie leidlich beruhigt ein.
    Ihr Traum führte sie auf eine blumenübersäte Wiese, wo Kinder im Schein einer sanften Frühlingssonne spielten, einander Bäl- le zuwarfen, Blumen pflückten und durch das frische grüne Gras hüpften. Es war ein Bild der Idylle und des Friedens, und ein Ge- fühl endloser Geborgenheit und grenzenlosen Glücks breitete sich in ihr aus wie die Wärme nach einem Glas Wein, füllte jedes ihrer Glieder bis in die Spitzen der Finger. Ich möchte, dass das Leben immer so schön ist, sagte sie laut, und die Kinder sahen sich zu ihr um und lachten fröhlich, und es wurde Nacht.
    In der Nacht rannte sie wieder durch den Gang ohne Ende, dicht gefolgt von dem ungeheuerlichen Weib mit den wehenden hel- len Haaren, und sie schrie, schrie nach ihrer Mutter, schrie nach ihrem Vater, doch keiner kam, ihr zu helfen, keiner rettete sie vor der Gestalt, die ihr auf den Fersen war wie ein blutrünsti- ges Raubtier, sie war allein, völlig allein, und dann stolperte sie, stolperte über den Körper jenes Mädchens, das sie selbst war und doch nicht. Näher kam das Weib, schrill hallte ihr Lachen durch die Endlosigkeit, und Cristino rappelte sich auf, riss sich los vom Anblick des toten Kindes und rannte weiter, mit bebenden Knien und keuchendem Atem, ihr Herz klopfend zum Zerspringen. Sie wusste, ihre Kräfte waren am Ende, ein paar Schritte noch, und sie würde anhalten müssen, und das seltsame, zufriedene Lachen des Weibes auf ihrer Fährte zeigte ihr, dass diese es ebenfalls wusste. 429
    Die Erkenntnis trieb ihr die Tränen über das Gesicht, es war so ungerecht, die Frau war so groß und sie war so klein und wehrlos, und die Tränen ließen sie stolpern, und das Ende war erreicht. Und in diesem Moment, als ihre Kräfte sie verließen und sie benommen über die Steinplatten taumelte, begriff sie, wer es war, der ihr jetzt noch Rettung bringen konnte, eine Chance noch, eine aller-allerletzte.
    Mit der ganzen verbliebenen Kraft ihrer kleinen Stimme kreischte sie: «Louise!»
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    Kapitel 9
    in dem es um die Gewalten der Natur geht und um die Macht des Übernatürlichen
    Das Volk wird frei werden
    und Gott will allein der Herr darüber sein.
    Thomas Müntzer, deutscher Reformator und Sozialrevolutionär (*1490, hingerichtet 1525)
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    «Also, das ganze ist als Jagdausflug geplant. Die Jagd beginnt am Rand der Keyrié, geht dann quer über das Land der Degrelhos zum Teil durch Wald und zum Teil über offenes Gelände und endet beim Anwesen selbst. Dort ist dann noch ein Festmahl vorgesehen. Na, was denken die Damen darüber?» Der dies sprach, war niemand anderes als Alexandre de Mergoult, der an diesem Freitagmorgen nach Christi Himmelfahrt, dem 20. Mai, überraschend im Hause der Aubans vorgesprochen hatte, um den dort Anwesenden Einzelheiten zum Fest der Degrelhos zu verkünden. Und um ganz nebenbei den dortigen Damen seine Aufwartung zu machen. Die Dame Castelblanc beglückte er mit einer Zeile von Petrarca, mit den Mädchen sprach er über die Sonnettes pour Hélène , Tante Eusebia begrüßte er mit einem hoffähigen Kuss auf die Hand, und nur die griesgrämigen bis feindseligen Gesichter des Cavaliés und Fabious störten die Idylle ein wenig. «Du bist unhöflich», zischte die Dame Castelblanc ihrem Gatten zu, der sie mit einem wütenden Schnauben stehen ließ. Man verabredete sich also für den nächsten Tag. Seinen Aversionen gegenüber Mergoult zum Trotz – was die Veranstaltung selbst betraf, war Fabiou hoch erfreut, schließlich war Archimède Degrelho eine der Schlüsselfiguren in der Geschichte um die Antonius-Jünger und die Aussicht somit verlockend, einen ganzen Tag in seiner Nähe zu verbringen. Und die Mädchen, die noch nie an einer Jagd teilgenommen hatten, waren ohnehin so aufgeregt, dass sie die

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