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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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ganze Nacht kein Auge zutaten, was Cristino immerhin vor schlechten Träumen bewahrte.
    Wer wenig von dem bevorstehenden Ereignis angetan schien, war der Cavalié selbst. Er lieferte sich mit seiner Gattin und seiner Schwiegermutter sogar einen länger dauernden Disput, ob es denn wirklich nötig sei, diese Einladung anzunehmen. Offenbar bestanden gewisse Animositäten zwischen Frederi und dem Baroun Degrelho, deren Ursache zwar Jahre oder Jahrzehnte zurücklagen, die den Cavalié deshalb aber nicht minder beschäftigten. Den Ausschlag gab erstaunlicherweise Onkel Philomenus, der Frederi erklärte, die Einladung eines so wichtigen Mitglieds der Gesellschaft
    – der Baroun saß immerhin im Stadtrat, besaß ausgedehnte Ländereien und war Anwärter auf einen Posten als Konsul – könne 432
    man einfach nicht ausschlagen. Frederi knirschte daraufhin zwar mit den Zähnen, gestattete der Familie aber zur Begeisterung der Mädchen, die Einladung anzunehmen.
    Am nächsten Morgen warfen sie sich in ihre Reitkleider und luden die Abendgarderobe in die Kutsche. Die Pferde waren auf Hochglanz gestriegelt und gesattelt, und die Herren schwangen sich sogleich in die Sättel, während die Damen zunächst in der Kutsche Platz nahmen, an die man ihre Pferde angebunden hatte. Frederi Jùli veranstaltete ein lautes Geschrei, da man ihm nicht erlaubte, mit den Männern zu reiten, und saß daraufhin schmollend und nörgelnd bei den Weibern in der Kutsche. Hoffentlich hält das Wetter, murmelte der alte Bardou mit einem kritischen Blick zum Himmelszelt, und die Dame Castelblanc sagte, er solle mit der Unkerei aufhören, es sei doch nicht eine einzige Wolke zu sehen. Man traf sich bei einer Jagdhütte am Rande der Keyrié. Diener standen schon bereit, um den eintreffenden Gästen Getränke und Häppchen zu reichen, der Gastgeber und sein Sohn, der in seinem schicken Reithabit noch blasser wirkte als sonst, nahmen die Glückwünsche zu dieser reizenden Idee entgegen. Hunde bellten und zerrten an ihren Leinen, die Treiber experimentierten mit ihren Ratschen, die Damen schwatzten, die Mädchen kicherten, die Herren lachten und verglichen ihre Schusswaffen, und alles in allem herrschte ein solcher Höllenlärm, dass man sich nur wundern konnte, dass die Pferde nicht durchgingen. Es war das bekannte Publikum, und Cristino und Catarino waren in kürzester Zeit von ihren ständigen Verehrern umringt
    – Comte de Trévigny sowie die Brüder Mergoult und Buous. Auch Arnac de Couvencour tauchte irgendwann auf, zur Freude von Cristino, Catarino und Trévigny und zum Verdruss von Alexandre de Mergoult. Dem Frieden der Veranstaltung tat es gut, dass Couvencour sich etwas im Hintergrund hielt und die Mergoults und ihre Kumpanen somit nicht allzu sehr in Rage versetzte. Wer natürlich auch nicht fehlte, war Alessia samt ihrer üblichen spitzen Kommentare. Catarino konnte nur hoffen, dass die junge Dame so bald wie möglich von einem hilfsbereiten Wildschwein über den Haufen gerannt wurde.
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    Der Senher d’Astain, Archimède Degrelho, begrüßte die Gäste aus Castelblanc sehr freundlich. Besonders über das Zusammentreffen mit dem Cavalié schien er sich sehr zu freuen. «Wir haben allerhand gemeinsam erlebt, in jungen Jahren!», erklärte er strahlend seinem Sohn. Frederis Gesicht blieb reserviert, und die Art und Weise, wie seine Mundwinkel nach oben gezogen waren, konnte man nur mit viel gutem Willen als Lächeln bezeichnen.
    «Alter Griesgram, was passt ihm jetzt wieder nicht», murmelte Catarino.
    Auch Cristino wurde von Degrelho sehr herzlich begrüßt. «Was für eine Freude, die junge Barouneto Bèufort! Wie schön, Euch wiederzusehen, nach unserer netten Unterhaltung bei den Mancoun!»
    Cristino wurde puterrot, denn sie hatte nur noch sehr verschwommene Erinnerungen an besagte Unterhaltung, und alles, woran sie sich erinnerte, war, dass sie ziemlich dummes Zeug dahergeredet hatte. Ansonsten galt ihre Aufmerksamkeit aber dem jungen Senher d’Astain, Victor Degrelho. Dieser war zwar nicht unbedingt einer, der die Herzen der Mädchen so ohne weiteres höher schlagen ließ, dazu war er zu mager und zu blass, doch auf der rechten Hand hielt er einen äußerst beeindruckenden Falken. «Ein schönes Tier», meinte sogar der Cavalié, wenn sein Ton auch immer noch etwas miesepetrig klang.
    «Ihr versteht Euch auf die Falkenjagd?» Victor drehte sich um und blickte den Sprecher an, der ihn mit einem seltsamen Lächeln betrachtete. Es war Arnac

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