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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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de Couvencour.
    «Oh, guten Tag, Senher Couvencour, herzlich willkommen.»
    Victor Degrelho lachte. So wenig attraktiv er sein mochte, sein Lachen war schön. «Ein wenig», meinte er. «Sicher kein Vergleich zu meinem Onkel Hector, der meisterhaft mit diesen Tieren umzugehen verstand. Leider hatte ich keine Gelegenheit, allzu viel von ihm zu lernen; ich war noch sehr jung, als er starb.»
    Arnac betrachtete Victor seltsam. Noch immer lag dieses Lächeln auf seinem Gesicht. Kein spöttisches oder gar verschlagenes Lächeln. Arnacs Lächeln war in für ihn untypischer Weise liebenswert. «Ich habe davon gehört», sagte er. «Euer Onkel muss wirklich ein beeindruckender Mensch gewesen sein.»
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    «Ja, das war er auch», sagte Victor ernsthaft. «Das war er in der Tat.» Fabiou spitzte die Ohren. Hector Degrelho – das erste Mordopfer der Antonius-Jünger. Er überlegte gerade, wie er Archimède Degrelho am ehesten in ein Gespräch über die Ergreifung der Antonius-Jünger verwickeln konnte, als sich ihm von hinten eine Pranke auf die Schulter legte in der Größe so etwa zwischen Goliath und Gargantua und eine tiefe Stimme in seine Ohren dröhnte:
    «Na, so etwas, der junge Herr Nachbar. Und, genießt du das Leben in der großen Stadt, mein Junge?»
    Fabiou, etwas verärgert über die Störung in jenem entscheidenden Moment, drehte sich um und bedachte den Buous mit einem ziemlich gezwungenen Lächeln. «Ähm – ja, doch. Guten Morgen, Baroun. Guten Morgen, Cavalié. Guten Morgen, Senher.» Er nickte den Herren zu, die mit einem Weinglas bewehrt im Rücken des Barouns standen – der Bonieus – natürlich –, der Artou sowie die Herren Alence und Vare.
    «Schöne Stadt, ja. Aber alles nicht mehr, was es mal war», sagte der Buous. «Die Preise vor allem! Mein Weib und die Göre waren gestern der Meinung, sich neu einkleiden zu müssen. Himmelherrgott aber auch! Ich hab’ gesagt, nächstes Jahr laufen wir in Säcken
    ‘rum, sonst können wir Buous an ‘nen Juden verschachern! Nichts gegen die Juden, dass ihr mich da richtig versteht», er warf einen strengen Blick in die Runde, «ich weiß, alle Welt hackt immer auf den Juden ‘rum, aber die Juden, die ich kenne, sind anständige Leute. Und wenn ich an Piqueu denke… Das war ein ordentlicher Kerl, der Piqueu, auf den lasse ich nichts kommen!»
    «Jaja. Ein ordentlicher Kerl, wahr, wahr», meinte Artou, der bereits wieder jenen verträumten Blick in den Augen hatte, den übermäßiger Weingenuss dort auszulösen pflegt. Fabiou horchte auf. «Piqueu? Mouche Piqueu?»
    Der Bonieus hatte die Stirn gerunzelt. «Du kennst ihn? Das wundert mich, er ist schon ewig tot.»
    «Hm, na ja, ich habe von ihm gehört», meinte Fabiou ausweichend.
    «Piqueu?», fragte der Senher d’Alence. «Der Name sagt mir nichts.»
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    «Ein Buchdrucker in der Carriero dou Pous Caud», erklärte der Bonieus. «Der Kerl war ein Ereignis, aber wirklich! Hat quasi aus dem Nichts die zweitgrößte Druckerei von Ais geschaffen. Und ein Witzbold war das! Der hatte einen derart trockenen Humor, er brauchte bloß den Mund aufzumachen, und alles lag vor Lachen unterm Tisch! Jesus, ich habe ihn echt gemocht, Jude hin oder her.»
    «Ja. Wirklich. Ein witziger Kerl», seufzte der Artou in sein Weinglas.
    «Und er ist tot, oder was?», fragte der Vare.
    «Hm ja, ist ziemlich jung gestorben, ewig schade! Die Druckerei hat jetzt sein jüngerer Bruder», sagte der Bonieus.
    «Ja, woran ist er gestorben?», fragte der Alence neugierig.
    « Arrêt de Mérindol , was sonst», sagte der Buous verächtlich. Der Artou wandte einen pathetischen Blick zum Himmel. «Ich bin an diesem Tag zufällig über die Plaço dis Jacobin gelaufen, und da habe ich gesehen, wie sie all die armen Tröpfe an die Pinie gehängt haben, und den Piqueu unter ihnen», seufzte er, und in seinen Augen glitzerte eine weinselige Träne. «Er hat sich gewehrt, hat gekämpft wie ein Löwe, schon ganz blaugeschlagen war er, der arme Kerl. Und als ihm der Henker schon die Schlinge um den Hals gelegt hat, da hat er noch irgendetwas gesagt, so was, was echt Klang hatte, wartet mal, was hat er gesagt…»
    Der Alence hatte die Stirn gerunzelt. «Na gut, aber wenn sie ihn gehängt haben, dann muss er ja in irgendeiner Form an der Verbreitung ketzerischen Gedankenguts beteiligt gewesen sein.»
    «Ach, Schwachsinn!», polterte der Buous. «Haben dir das der Bossard, Gott nehme sich seiner Seele in angemessener Form an, und sein Busenfreund

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