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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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oder ohne Euch!» Damit wirbelte sie herum und stürzte zur Tür hinaus.
    Grattou verdrehte die Augen und legte seine Instrumente in die Schublade zurück. Weiber!
    ***
    «Sag mal, ma petite , willst du jetzt unser Schlafzimmer zur Bibliothek umfunktionieren, oder was?» Catarino stand mit verschränkten Armen in der Tür, die zum Schlafgemach der Mädchen führte, und betrachtete kopfschüttelnd ihre Schwester. Diese saß am Tisch, welcher schier zusammenbrach unter den Wälzern, 502
    die Cristino aus dem Studierzimmer hierher geschleppt hatte. In einem eindrucksvollen Haufen stapelten sich Bücher mit so klangvollen Namen wie ARCHIDOXA von einem Philippus Theophrastus Paracelsus Bombastus, BERMANUS SIVE DE RE METALLICA von einem Georgius Agricola, HERBARUM VIVAE EICONES
    von einem Otho Brunfels, und, bekannterweise, DE HUMANIS
    CORPORIS FABRICA von Vesalius. Catarino ergriff das zuoberst liegende Werk. Le jardin aux roses des femmes enceintes et sage- femmes de E. Roesslin las sie. Sie schlug das Buch auf und starrte entgeistert auf eine Zeichnung, die so etwas wie eine auf den Kopf gestellte Flasche zeigte, in der ein Mensch schwebte, von dessen Bauchnabel ein Seil zur Wand des Gefäßes zog. «Was ist das?»
    «Interessant, nicht? Da geht’s ums Kinderkriegen», erklärte Cristino, die die Nase so dicht in ein Buch gesteckt hatte, dass sie schier die Seiten berührte.
    «Ums Kinderkriegen? Bist du schwanger, oder was?»
    «Quatsch. Natürlich nicht!»
    «Sag mal, was liest du diesen ganzen medizinischen Krampf?
    Willst du ins Kloster gehen und Siechende pflegen oder was?», fragte Catarino kopfschüttelnd.
    Cristino blickte sie erstaunt an und sah dann wieder auf die Bücher. «Hm…»
    Catarino lief rot an. «Cristino!» Sie packte den Arm ihrer Schwester und schüttelte sie. «Du willst doch nicht im Ernst ins Kloster!»
    «Nein, nein… darüber habe ich mir noch überhaupt keine Gedanken gemacht… interessant wäre das sicher… Catarino, du musst das mal lesen, das ist intrigant , t sage ich dir!» Sie schlug das Buch wieder auf und starrte fasziniert auf ein Bild, das einen Wundarzt zeigte, der gerade offensichtlich damit beschäftigt war, jemandem ein Bein abzusägen.
    Catarino schnappte fassungslos nach Luft. Unter intrigant verstand sie offensichtlich etwas ziemlich anderes. «Cristino, mach das zu, das ist ja eklig!», jammerte sie. «Jesus, wieso liest du so etwas?»
    «Na, ich suche ein Heilmittel.»
    «Ein Heilmittel? Wogegen?»
    503
    «Gegen Agnes.» Cristino blätterte mit gerunzelter Stirn weiter.
    «Du spinnst.»
    «Ich spinne nicht. Irgendeine Möglichkeit muss es geben, Agnes loszuwerden, und wenn mir keiner helfen will, muss ich sie eben selber finden.»
    «Und du glaubst, du findest sie da drin? Cristino, gegen Geister gibt es keine Medizin!»
    «Woher willst denn du das wissen!», fuhr Cristino auf. «Catarino, es ist unglaublich, was man heutzutage alles über den menschlichen Körper und über Krankheiten weiß. Es gibt fast nichts, was noch nicht erforscht ist! Ich bin sicher, dass es auch Forschungen zur Besessenheit von Geistern gibt. Und irgendeine Arznei dagegen.»
    «Cristino, das ist idiot ! Geister sind doch keine Krankheit, das sind – na, Geister eben! Wenn du einen Geist loswerden willst, dann musst du zur Kirche gehen, oder zu einem Geisterbeschwörer, oder –» Sie brach ab. Ihr Gesicht erhellte sich. «Cristino, ich habe eine Idee!», rief sie.
    «Was denn?»
    «Das Weib! Die Wahrsagerin, oder was sie war! Die dir die Zukunft vorhersagen wollte! Die müsstest du mal fragen! Vielleicht kennt die eine Möglichkeit, Agnes zu vertreiben!»
    «Eine Hexe? Ich soll zu einer Hexe gehen?» Cristino bekreuzigte sich entsetzt.
    «Wieso denn nicht?», rief Catarino. «Wenn sie wirklich eine Hexe ist, dann kann sie Agnes ja vielleicht wegzaubern, meinst du nicht?»
    «Aber… aber das ist sicher Sünde, zu einer Hexe zu gehen», stotterte Cristino.
    «Ach was, das ist doch spannend!», rief Catarino aus. «Komm, ich gehe mit, das will ich miterleben!»
    «Du bist ja toll! Glaubst du im Ernst, Frederi lässt uns gehen?»
    «Oh, uns zwei alleine sicher nicht.» Catarino leckte sich die Lippen, ihre Augen blitzten. «Aber wenn wir Fabiou mitnehmen… und Loís… und wenn wir sagen, wir wollen beten gehen oder so… oh, los, komm schon! Besser als dein medizinisches Zeug ist es allemal!»
    ***
    504
    In den frühen Abendstunden verließen drei junge Leute und ein Knabe in Begleitung eines

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