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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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von Kindern, die man in das Feuer der brennenden Hütten gestoßen oder vor den Augen ihrer Eltern regelrecht zerhackt hatte. Keiner aus dem wild gewordenen Söldnerhaufen fragte groß, ob der, dem er sein Schwert in den Leib 846
    stieß, wirklich ein Waldenser war, oder ein Katholik, der das Pech hatte, im selben Dorf zu wohnen, niemand wurde geschont, weder der lahme Greis noch der Säugling in der Wiege. Mehr noch, als die Soldaten abgezogen waren, stürzten sich die Bewohner der umliegenden Orte wie die Geier auf das, was von den Dörfern übrig geblieben war, plünderten die Häuser aus, bestahlen Tote wie Verletzte, trieben das Vieh davon und schleppten mit sich, was sie an Hab und Gut der Menschen davontragen konnten.
    Als wir davon hörten, trieben wir unsere Pferde an und ritten in Richtung Osten. Als wir Lourmarin erreichten, trieb uns bereits der Rauch von La Motte d’Aigues entgegen. Lourmarin selbst lag verlassen, die Menschen dort hatten bereits begriffen, was die Stunde geschlagen hatte, und sich in die Schluchten des Lubéron zurückgezogen. Wir ritten weiter und erreichten Cadenet. Der Ort war ein Heerlager. Wir unternahmen einen Versuch, zu Maynier vorgelassen zu werden, doch man ließ uns nicht passieren. Als wir schließlich unseren Weg wieder aufnahmen, weiter in Richtung Osten, war es schon zu spät; die Armee der Zerstörer hatte ihr blutiges Werk bereits getan. In St. Martin de la Brasque gelang es uns, einen jungen Mann aus den Händen einer Gruppe Söldner zu retten, die ihn soeben an einem Dachbalken aufhängen wollten. In La Motte fischten wir zwei Kinder aus einem Brunnen, in den sie die Soldaten gestoßen hatten. In Gramboise bewahrten wir ein junges Mädchen vor einer Vergewaltigung und ihren Vater, der sie hatte verteidigen wollen, vor dem Tod. Das waren die, die wir retten konnten. Ansonsten konnten wir nur noch die Toten zählen. Wir verbrachten die ganze Nacht zwischen jenen Orten in dem Versuch, den Menschen dort wenigstens gegen die Nachzügler der Truppe und die Plünderer zu helfen. Als der Morgen graute, hofften wir, dass das Schlimmste überstanden war. Welch Trugschluss. Das Schlimmste stand dem Lubéron lange noch bevor. Als die Sonne über den Horizont stieg, sahen wir in der Ferne die Rauchwolke über Lourmarin. Im Morgengrauen war Maynier selbst mit der anderen Hälfte der Armee nach Westen aufgebrochen, um nun Lourmarin, Villelaure und Mérindol zu zerstören. Die Dörfer waren größtenteils verlassen, wie wir wussten, doch überall in den Wäldern am Rande der Dörfer irrten die Flüchtlinge 847
    umher. Die Soldaten durchstreiften das Umland und töteten, wessen sie habhaft werden konnten. Zum Teil wurden auch Gefangene gemacht; man sagt, dass geplant sei, die Männer an die Galeeren zu verkaufen, die Frauen und Kinder in die Prostitution. Wir ritten zurück in Richtung Mérindol. Kurz hinter Lourmarin stießen wir auf eine Gruppe von Kindern, die es geschafft hatten, Mayniers Truppe aus dem Weg zu gehen. Sie berichteten, dass eine Gruppe verirrter Frauen und Kinder in der Kirche von Mérindol Zuflucht gesucht hatten. Wir jagten los, wieder in Richtung Mérindol, wohl wissend, was diese unglücklichen Menschen erwartete, falls sie beim Eintreffen von Mayniers Truppe noch dort wären. Es gelang uns, Mayniers Armee im Süden zu umgehen, doch wir erreichten Mérindol nur knapp vor ihnen, und der Lärm der näher rückenden Soldaten hing bereits über dem Land, als die ersten Häuser des Dorfes vor uns auftauchten.
    In der Kirche drängten sich an die dreißig Frauen, zum Teil Schwangere, zum Teil Alte, zum Teil welche mit Säuglingen und Kleinkindern in den Armen, dazu an die zwanzig ältere Kinder. Wer sie waren, weiß ich nicht, sicher stammten sie nicht aus Mérindol, und was sie dazu gebracht hatte, ausgerechnet in jenem verfluchten Ort Zuflucht zu suchen, ist mir ebenso unbegreiflich. Wahrscheinlich waren sie, die Langsamen, Schwachen, von den Fliehenden aus einem der anderen Orte zurückgelassen worden und hatten sich in die Kirche geflüchtet, in der irrigen Hoffnung, dass ihre Verfolger es nicht wagen würden, ihnen an diesem heiligen Ort etwas zuleide zu tun. Wie unbegründet diese Hoffnung war, wie weit die Verachtung jener Barbaren gegenüber allem Heiligen wirklich ging, würden wir einige Tage später in Cabrières erleben müssen. In aller Eile rannten wir zur Kirche und riefen den Frauen zu, dass das Heer im Anmarsch und sie ihres Lebens nicht sicher

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