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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Kleidern helfen und ein seidenes Nachthemd überstreifen. Die Nacht war warm, doch der leichte Wind machte die Wärme erträglich.
    «Habt Ihr noch einen Wunsch?», fragte die Zofe.
    «Nein, danke. Du kannst gehen.»
    Cristino ließ sich in die weichen Laken fallen. Sie seufzte tief und glücklich. Zum ersten Mal seit vielen Tagen fühlte sie sich wirklich sicher.
    ***
    918
    Rauch und Hitze füllten ihren Rachen und ihre Lungen, ein Gefühl, als ob man reines Feuer einatmete. Sie lag an der Wand, ihr Kopf dröhnend vom Lärm und dem Schlag, den sie erhalten hatte, ein schrilles, metallisches Pfeifen in ihren Ohren wie von einer missgestimmten Orgel. Sie fühlte, dass ihr Blut übers Gesicht lief, ihr Blut oder das von Hannes, es war im Grunde unerheblich. Sie zerrte ihn vom Boden hoch. «Wir müssen ‘raus hier, ‘raus!», schrie sie ihm zu durch den ohrenbetäubenden Lärm, das Brüllen der Männer und das Pfeifen. Ringsumher herrschte ein apokalyptisches Chaos, Stühle, Weinkrüge und brennende Trümmer überall im Raum verstreut, dazwischen die Männer, die sich auf die Beine kämpften, der Tür zu stolperten, die von der Druckwelle aus den Angeln gerissen an einem letzten verbogenen Scharnier schwankte. Die Tür, das war auch ihr erster Gedanke. Aber dort waren die Landsknechte, die sich vor der Explosion ins Freie gerettet hatten. Schlechte Idee.
    Dann spürte sie den Luftzug.
    «Da lang!», kreischte Catarino und zog Hannes auf die Vorratskammer zu, in der sie eingesperrt gewesen war. Sie stolperte über ein Paar Füße; es war der Landsknecht, der die Tür geöffnet hatte, er lag auf dem Boden und suchte aus benommenen Augen den Raum ab. Catarino grinste ihm zu und hastete weiter. Die Explosion hatte die halbe Rückwand der Vorratskammer weggerissen. Catarino und Hannes stolperten aneinandergeklammert über Schutt und glühende Trümmer, Rauch und Pulverdampf brannten in ihren Augen. Dann waren sie draußen, kühle Nachtluft umgab sie, Hannes strauchelte, doch Catarino zog ihn weiter, nach links, weg von dort, wo die Landsknechte brüllend ihrem Ärger Luft machten und ihre Schrammen versorgten, dorthin, wo schwarz und still der Schatten von Bäumen auf sie wartete. Sie stürzten sich ins Unterholz, bahnten sich keuchend und hustend einen Weg durch Gestrüpp und Brombeerdornen, die rot im Schein der brennenden Trümmer glühten, und dann waren sie im Wald und rannten, stolpernd und schlitternd auf trockenen Reisern und verdorrenden Kiefernnadeln, und das Fluchen und Brüllen der Landsknechte in ihrem Rücken wurde leiser und nur der Rauch wehte noch durch die Bäume und ließ ihre Augen tränen. 919
    Sie hatten keine Ahnung, wo sie waren. Sie rannten einfach weiter, geradeaus, bis die Erschöpfung sie zwang, innezuhalten und sie hustend und nach Atem ringend auf den weichen Waldboden sackten. Hannes krümmte sich keuchend zusammen. «Catarino», japste er, «oh Gott, Catarino…»
    Sie antwortete nicht. Sie konnte nicht vor Lachen.
    ***
    Wenig in seinem Leben hatte Sébastien de Trévigny so mit Erleichterung erfüllt wie der Anblick der Lichter von Ais an diesem Abend. Es war bereits dunkel, als sie die Stadt erreichten, und die Tore waren geschlossen, so dass sie die Stadt durch das Nachttor an der Porto Nosto Damo betreten mussten. Der Nachtwächter bedachte die zwei abgerissenen Gestalten, die da hereingeschneit kamen, zwar mit einem etwas kritischen Blick, ließ sie dann aber doch passieren. Geschafft, dachte Sébastien. Wir haben es geschafft. Jetzt werde ich zur Cacalauso d‘Oro reiten, den größten Truthahn verspeisen, den die Tereso zu bieten hat, mit einem Krug Wein und zwei Krügen Wasser dazu, dann werde ich ein warmes Bad nehmen, und dann werde ich schlafen. Mindestens vierzig Stunden lang. Nein, erst schlafen. Das warme Bad kann warten.
    Arnac trieb sein Pferd wieder an, kaum dass sie das Tor durchquert hatten, und bog in die Carriero dis Noble ein. Es war ein Umweg für Sébastien, doch bei aller Erschöpfung ging es ihm gegen sein Ehrgefühl, seinen Freund jetzt auf den letzten paar Schritten zu verlassen, und so folgte er ihm. Sie erreichten die Carriero de Jouque. Arnac war vom Pferd, bevor dasselbe im Hof der Aubans zum Stillstand gekommen war, und während das Tier sich noch suchend nach seinem Herrn umsah, hämmerte er auch schon an die Auban’sche Haustür. «Aufmachen!», brüllte er. «Sofort!»
    Zögernd öffnete sich das Tor. Der Pförtner machte einen Satz rückwärts, als er

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