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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Jano schuld!»
    Das war jetzt der Goult. Senher Vare und Senher Alence nickten und blickten unbehaglich drein, die Geschichte von den armen Iren hatte sie offensichtlich getroffen.
    «Wird allmählich mal wieder Zeit für eine Aktion wie ‘45, nicht wahr?», meinte der Jansoun mit einem bösen Grinsen. «Da hatten wir ‘ne Weile Ruhe vor den verfluchten Razats, stimmt’s?»
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    «He, he, Vorsicht, Gaspard!» lachte Jean-Baptiste Forbin. «Wenn der Bouliers dich hört, gibt’s Krieg!»
    «Pah! Der Bouliers!» Der Jansoun schnitt eine spöttische Grimasse. «Denkst du, ich habe Angst vor Klein-Nicolas? Dieser Fettwanst, der wahrscheinlich eine Leiter braucht, um auf sein Pferd zu steigen? Wahrscheinlich rennt er flennend zu seiner Oma, wenn er mich hört, diese Lusche. Abgesehen davon stimmt’s doch, oder?
    Das war das einzig Richtige damals, um mit den Ketzern fertig zu werden!»
    «Wahr, wahr.» Der Bossard nickte bestätigend.
    «Könnt ihr zwei nicht mal ein paar Worte mit eurem Onkel wechseln, ob sich die Sache nicht wiederholen lässt?» Der St. Roque klopfte den beiden Forbins auf die Schulter. «Oder ist er immer noch sauer, weil du ihn ‘45 über den Tisch gezogen hast, Gaspard?»
    «He. Ich habe niemanden über den Tisch gezogen, und Maynier schon gar nicht!» Der Jansoun sah plötzlich etwas verärgert aus.
    «Aber Villelaure gehört mir, und Onkel Jean braucht nicht denken, nur weil er Parlamentspräsident ist, überlasse ich ihm die fettesten Brocken.»
    «Man sagt, er hätte sogar im Prozess gegen dich ausgesagt!» Der Goult kicherte. «Dass er dich einen Plünderer genannt hat, der seine Untertanen heimtückisch um ihr Hab und Gut brachte.»
    «Ach, halt den Mund!», knurrte der Jansoun. Er sah inzwischen gewaltig verärgert aus.
    Der Branntwein kam. Frederi nippte daran. Er blickte etwas unglücklich drein, ob ebenfalls wegen der gevierteilten Priester zu Irland oder aus anderen Gründen war nicht zu sagen.
    «Wie gesagt, gut, dass Ihr wieder da seid, Castelblanc.» Estrave schlug Frederi auf die Schulter, dass dieser sich heftig verschluckte und in einen Hustenanfall ausbrach. «Wir Katholiken müssen zusammenhalten!»
    Die Musikanten waren mittlerweile bei der fünften Sonette von Petrarca angelangt, und ringsumher konnte man zahllose ältere Damen sehen, die mit verklärtem Augenaufschlag ins Leere blickten, offenbar in süße Jugenderinnerungen versunken. Die Begeisterung des Jungvolks hielt sich dagegen noch in Grenzen, denn das war schließlich Musik für Scheintote, wenn die Jungs auch bereits 196
    näher an das eine oder andere Mädchen heranrückten. «Ihr seid sicher eine hervorragende Tänzerin», schmeichelte Trévigny Cristino, die außer einem nichtssagenden «Oh» keine vernünftige Antwort herausbrachte. «Und Euer Französisch – wirklich, Ihr seid der einzige Mensch, dem ich bisher hier begegnet bin, der kaum einen Akzent hat!» Mergoult stand neben den beiden, trat von einem Fuß
    auf den anderen und schien krampfhaft nach einer Möglichkeit zu suchen, die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. Das war der Moment, in dem der Herr des Hauses in die Mitte des Raumes trat und den Beginn des Tanzes ankündigte. Sofort brach unvergleichliche Hektik im Raum aus, als die jungen Herren zu den Vätern der jungen Damen stürzten, um sie um die Erlaubnis zu bitten, das Töchterchen zum Tanz zu führen. Mütter schubsten ihre Töchter in den Gesichtskreis potentieller Schwiegersöhne, und zwischen zu kurz gekommenen Herren wurden giftige Blicke gewechselt, während einige Mädchen mit den Tränen kämpften, weil ihr Angebeteter auf die Familie einer anderen zustürmte. «Oh, wie wunderbar, ich liebe Tanzveranstaltungen», sülzte Trévigny soeben, als Alexandre de Mergoult kurzentschlossen Cristino am Arm fasste und fragte: «Wollt Ihr tanzen?»
    «Oh ja», hauchte Cristino, ganz schwach angesichts all der männlichen Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wurde, «sehr gerne», und der Comte sah fassungslos hinterher, wie Mergoult Cristino auf die Branntweinrunde zu dirigierte und dem verdutzten Frederi entgegenschleuderte: «Cavalié, ich möchte Eure liebreizende Tochter um den ersten Tanz bitten.»
    Einen Moment lang starrte Frederi ihn an wie einen Geist, die Hand um das Glas mit dem Branntwein gekrallt. Neben ihm lachte der Estrave laut auf. «Eure Tochter – Stieftochter? – muss ein bezauberndes Wesen haben, wenn einer von Ais’ begehrtesten jungen Männern ihr zu Füßen liegt.

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