Die Kinder des Saturn
Stunden. Warum?« Mir kannst du nichts vormachen, denke ich. Ich erkenne die Anzeichen. »Jeeves.« Ich lächle. »Jetzt ist nicht gerade der beste Zeitpunkt, um mit mir über Politik zu reden.« (Selbst wenn die Politik ein schmutziges Geschäft ist.) »Was würden Sie denn tun, wenn Sie mit einem weiblichen Schöpfer konfrontiert wären?«
»Ich würde …« Er wird tatsächlich rot! Wie entzückend! »Ähm …« Ich schwenke meinen Sessel zu ihm herum. »Jeeves, versuchen Sie gar nicht erst, es in Worte zu fassen. Benutzen Sie Ihre Fantasie. Tun Sie einfach so, als wäre ich ein weiblicher Schöpfer, der hier sitzt und auf Sie wartet. Worauf hätten Sie Lust …?«
Für einen so intelligenten (um nicht zu sagen politisch versierten ) Burschen ist dieser Jeeves bemerkenswert begriffsstutzig. Man muss ihm fast einen Schlag auf den Kopf verpassen und ihn in ein Schlafzimmer zerren, ehe er merkt, was gespielt wird.
Doch so läuft es natürlich nicht. Er hat ein solches Übermaß an Selbstbeherrschung und einen so ausgeprägten Sinn für Anstand, dass er fast schon explodiert, ehe er sich eingesteht, dass er sich mit einem sinnlichen, erstklassigen Sex-Roboter völlig allein in einer Luxuskabine befindet. Und dieser Roboter ähnelt so sehr einem weiblichen Exemplar unserer Schöpfer, dass ihm in seiner Gegenwart schwindelig wird, falls er sich nicht zur Konzentration auf ideologischen Blödsinn und Spekulationen über den Preis von Macht zwingt. Doch schließlich stellt sich heraus, dass er sehr wohl etwas für weibliche Schöpfer übrighat und den gleichen sexuell geprägten Unterwerfungsreflex besitzt wie die böse Granita Ford. Wie mir auffällt, ist das unter Personen mit einem gewissen gesellschaftlichen Status ziemlich verbreitet.
Dennoch ist er anders als Granita. (Und das betrifft nicht nur das Offensichtliche, muss ich an dieser Stelle schnell nachsetzen. Ehe es zu dem kam, wozu es irgendwann kommen musste, hatte ich befürchtet, Jeeves sei vielleicht gar nicht mit einem Adapter
für das Menschenmodell 1.0 ausgestattet, doch er besitzt einen – klein, aber perfekt geformt.) Nein, er unterscheidet sich von Granita auch darin, dass sich unter seinem glatten, gewinnenden Äußeren ein ehrlicher Kern verbirgt. Obwohl er vor sexueller Lust fast außer sich ist, schafft er es, sich beinahe dreißig Minuten zurückzuhalten. Und als er dieser Lust schließlich nachgibt, nimmt er sich die Zeit, mich so gut wie möglich zu befriedigen. Das ist zwar nicht unbedingt nötig (nichts lässt mich schneller feucht werden als die Erregung eines Spielgefährten, wie ich schon bei früherer Gelegenheit erwähnt habe), aber ich finde es rührend. Ähm, ganz im Ernst.
Wir ficken schnell und heftig, und ich versuche, nicht an Petruchio zu denken, als Jeeves zum Höhepunkt kommt. Allerdings gelingt mir das nicht. Und da sich die Tatsache, dass mein Partner einem Menschen männlichen Geschlechts überaus ähnlich ist, mit meinen Fantasien über Petruchio verbindet, erreiche ich mühelos mehrere Orgasmen.
Ein Fick geht in den nächsten über; wie uns klar wird, hat keiner von uns das mangelnde Durchhaltevermögen unserer Schöpfer geerbt. Als wir nur noch eine Stunde von Deimos entfernt sind, bremst der Raumaufzug so heftig ab, dass ich mich an Jeeves festklammern muss, während ich rittlings auf ihm sitze. Ich frage mich sogar, ob ich die Ausrüstung für die Schwerelosigkeit herausholen soll (Bunjee-Seile können sehr hilfreich sein, denn Sex im freien Fall führt ohne Sicherheitsvorkehrungen schnell zu Dellen und Beulen).
»Freya«, sagt er mittendrin, und es klingt so, als wolle er jetzt tatsächlich reden und nicht nur leidenschaftliche Worte flüstern. »Freya, wir müssen uns miteinander unterhalten.«
»Hm? Spuck’s schon aus«, erwidere ich, während ich über ihm schwebe. Im Augenblick sind wir nur locker miteinander verbunden: Lediglich unser organisches Interface hält uns beieinander, aber jedes Mal, wenn er redet, durchströmen mich neue Wellen der Lust. »Welche großartigen Dinge möchtest du mir offenbaren?«
»Juliette hat nie, niemals …« Ich spüre seine Hände auf meinen Schenkeln. Als er mich enger an sich zieht, stöhne ich leise auf.
»Alles klar.« Ich weiß zwar nicht, warum sie niemals … Wenn sie so lange mit jemandem wie Jeeves zu tun hatte, einer Person, die so sehr unseren Schöpfern ähnelt, muss ihr der Gedanke doch bestimmt irgendwann gekommen sein … Aber sicher hat sie ihre Gründe
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