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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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lässt mich zusammenzucken – sechs Monaten habe ich Gelegenheit zu duschen!
Also verschwinde ich hinter dem Plastikvorhang, pumpe fast eine Vierteltonne wiederaufbereitetes Wasser in die Dusche und schrubbe mich gründlich ab. Welch ein Luxus! Obwohl ich mich in das schiffseigene Elektrizitäts- und Versorgungsnetz eingestöpselt habe, kann ich inzwischen meine Rippen zählen, denn ich habe fast ein Viertel meines Normalgewichts verloren. Meine Knochenmark-Technologie warnt mich, dass ich nur noch über sechsundachtzig Prozent meiner Selbstheilungskräfte verfüge und so schnell wie möglich medizinische Versorgung brauche. Außerdem bin ich leicht verstrahlt. (Nun ja, bei der nächsten Reise werde ich sicherstellen, dass meine Kabine nicht oberhalb eines kaum abgeschirmten Atomreaktors liegt.)
    Mehrmals inhaliere ich, spüle meine Gasaustauschbehälter mit sauberem Wasser, das mit Reinigungsmitteln versetzt ist, sorgfältig durch und wasche mich von Kopf bis Fuß. Schließlich lasse ich das Duschwasser wieder in die Wiederaufbereitungsanlage laufen, stelle das Gebläse auf achtzig Grad Celsius ein und aale mich zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder in dampfender Hitze.
    Als die Indefatigable den Reaktor abschaltet und langsam auf den Raumhafen von Kallisto zusteuert (der in Wirklichkeit nicht mehr als ein kreisender Schrottplatz ist), habe ich meine Habseligkeiten bereits gepackt und mir warme Kleidung angezogen, die auch niedrigen Temperaturen standhält. (An Ellbogen, Knien und Füßen ist sie mit Heizkissen ausgestattet, und die Hände wärmt ein reizender Muff aus künstlichem Pelz.) Mich verlangt es so sehr, wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren, dass ich ausgelassen hin und her hüpfe und von den Wänden und der Decke zurückpralle.
    Vielleicht erklärt das auch, warum ich mich nach meiner Ankunft so dumm und unbesonnen verhalte und die Ereignisse bald darauf eine so katastrophale Wende nehmen.

eine frage des eigentumsrechts
    WILLKOMMEN AUF KALLISTO, dem äußersten der vier Galilei’schen (Haupt-)Monde Jupiters. Kallisto ist ein wenig kleiner als Merkur, aber nicht ganz so massiv. Unterhalb seiner von vielen Kratern durchzogenen Oberfläche, einer zerklüfteten Wildnis aus Eis und Schotter, liegt rings um einen Felskern ein tiefes ammoniakhaltiges Meer. Die Atmosphäre besteht aus Kohlendioxid, ist aber äußerst dünn und sehr kalt. Der Tag auf Kallisto ist vierzig Grad kälter als eine Winternacht auf Mars.
    Genau wie Mars verfügt auch Kallisto über einen Raumaufzug, allerdings ist er längst nicht so eindrucksvoll wie Bifröst. Vier langsame Förderbänder, an denen die Kabinen hinauf- und hinuntersteigen, verbinden den Raumhafen Kallisto mit dem Saga-Krater am Äquator. Bedächtig hin und her schwankend, tauchen die Kabinen in die komplexe Libration der Gravitationssenke Jupiters ein. Im Schneckentempo kreuzen Frachtkapseln an ihnen vorbei, angetrieben von Energie, die das Lasernetz jenseits von Ziolkowski ausstrahlt. Ziolkowski ist die letzte Stadt, die auf Anordnung unserer Schöpfer errichtet wurde, ehe sie sich endgültig aus dem Weltraum zurückzogen. Der Raumaufzug dient fast ausschließlich der Beförderung von Frachtgut, denn wer es sich leisten kann, Kallisto zu besuchen, nimmt gewöhnlich die schnellen, leichten, von Raketen angetriebenen Raumfähren, die zwischen dem Raumhafen und Nerrivik verkehren. Nerrivik liegt an den Ausläufern eines riesigen Tagebaugebietes, das tief in den südlichen Rand des Einschlagkraters Valhalla schneidet. An dieser Stelle ist vor mehr als einer Milliarde Erdjahren etwas Gewaltiges
durch Kallistos Kruste geschlagen, hat den Mantel nicht nur erschüttert, sondern auch weit aufgerissen und Eiswanderungen und Mondbeben ausgelöst. Das schmelzende Eis hat tief abgelagerte Mineralien an die Oberfläche gespült, und jetzt liegen sie hier und warten nur darauf, dass die Minenarbeiter sie bergen. Deshalb ist Kallisto einer der wichtigsten Exporteure von wasserlöslichen Elementen.
    Blabla. Ich klinge so, als hätte ich einen Reiseführer verschluckt, nicht wahr? Ehrlich gesagt habe ich auch nur abgeschrieben. Aber all das sind Informationen, die man braucht, um das Folgende zu verstehen.
    Als ich mich durch die Schleuse der Bodenfähre schleppe, bin ich müde, körperlich ausgelaugt und friere trotz mehrerer Schichten warmer Kleidung. Fast vierhundert Tage in einem verstrahlten Kabuff würden selbst der sturköpfigen Arroganz einer Lady Sorico einen

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