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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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Schiffes wohl kaum heran, und sie nützt mir bis zu unserer Ankunft auch nicht viel. Jeden Tag könnte ich Stunden nur damit zubringen, meine Chromatophoren zu reparieren (seid ihr je mit Lippen aufgewacht, die die Farbe eines drei Tage alten Blutergusses hatten?), aber das verliert schnell seinen Reiz. »Was kann ich bloß tun?«, beklage ich mich am Tag zwei von insgesamt dreihundertsechsundneunzig Reisetagen bei Indy.
    »Sie könnten das tun, was alle anderen tun, und sich in den Kälteschlaf begeben. Oder zumindest Ihren Betriebsmodus herunterfahren«,
erwidert er ohne jedes Mitgefühl. »Soweit ich weiß, hilft die Reduktion um zwanzig Prozent dabei, die Reise schneller hinter sich zu bringen.«
    Ich würde mich ja gern in den Kälteschlaf begeben, doch ich wage es nicht – nicht in diesem Gewerbe. Das völlige Ausschalten des Bewusstseins ist verdammt gefährlich, allzu gefährlich. Also bleibt mir nur noch die Reduktion des Betriebsmodus, die Verlangsamung der Zeit.
    Auch darüber möchte ich euch etwas erzählen, falls ihr’s noch nicht erraten habt: Die Verlangsamung der Zeit ist scheiße.
    Klar, jeder von uns kann seinen inneren Rhythmus verlangsamen, wenn es sein muss. Für die Passagiere und Besatzungen auf Sternenschiffen ist das etwas völlig Normales, und auch bei Fernreisen ins äußere System ist es weit verbreitet. Außerdem ist es auch nützlich für Eigentümer, die auf die Dienste ihrer Sklaven vorübergehend verzichten möchten. Oder für einen selbst, wenn man in der Klemme steckt und Energie sparen muss, bis irgendjemand einen zufällig wieder herausholt. Aus all diesen Gründen sind wir mit diesem langsamen Modus ausgestattet. Gegenüber dem Kälteschlaf besteht der Vorteil darin, dass man sich immer noch im Wachzustand befindet und schnell wieder auf Echtzeit-Geschwindigkeit umschalten kann, falls die Situation es erfordert. Allerdings ist dieser Modus keineswegs angenehm. Ich wünschte, ich wäre noch so naiv wie auf der Fahrt von Venus zu Merkur, denn dann könnte ich den Kälteschlaf in Betracht ziehen, ohne dass mir sofort der kalte Schweiß ausbricht.
    Um auf den langsamen Modus umzustellen, muss man als Erstes die Haut und dass Innere so rekonfigurieren, dass die Gelenke sich versteifen und man nicht abschlafft. Was bei mir dazu führt, dass ich mich schrecklich aufgedunsen fühle. Mit Gleitmitteln versehener Augenschutz ist ein Muss, und wenn man feuchte Körperöffnungen oder andere Anschlussteile besitzt, muss man sie unbedingt mit Tampons und Stöpseln abdichten, um peinliche Lecks zu verhindern. (Geschöpfe wie Daks oder Bilbo, die nicht nach dem Ebenbild von Menschen geschaffen sind, haben
es in dieser Hinsicht leichter als ich, aber ich will lieber nicht näher darauf eingehen.) Anschließend muss man jede Menge zusätzlicher Schutzlagen unter dem Bett aufstapeln, so dass man fast unter die Kabinendecke gequetscht wird. Danach dimmt man das Licht ab und taucht in den langsamen Modus ein, was sich komisch anfühlt.
    Als Erstes spürt man, dass die Schwerkraft zunimmt. Nun ja, das stimmt zwar nicht, aber es kommt einem so vor, weil die eigenen Reflexe sich verlangsamen. Wenn man irgendetwas fallen lässt, scheint es schneller zu Boden zu schweben als sonst. Und wenn es auf einem Schiff mit einer Fallbeschleunigung von einem Hundertstel g um das Zwanzigfache schneller zu fallen scheint als üblich, fühlt man sich wie auf Luna. Aber man wagt nicht, sich viel zu bewegen, denn auch wenn der Betriebsmodus heruntergefahren ist, sind die Muskeln ja nicht schwächer als vorher, und man kann sich dabei erschreckend schnell verletzen.
    Das Licht wirkt heller, nimmt jedoch eine rötliche Färbung an. Alle Geräusche klingen hoch und piepsig. Man muss sich so warm wie möglich anziehen (und sich außerdem in eine Decke wickeln), sonst kühlt man sehr schnell aus. Das Bettzeug und die Kleidung hüllen einen wie ein kaltes, klammes Leichentuch ein, und es kommt einem so vor, als läge man auf einer harten Platte anstatt auf einer Matratze. Dann wird man müde und nickt alle zwei Stunden zu kurzen Schläfchen ein (fällt dabei jedoch in Tiefschlaf). Zwischen den Nickerchen spielen Hautfarbe und Hauttextur verrückt – ständig treten irgendwelche Störungen auf. Wenn man sich im Wachzustand nicht alle paar Minuten herumwälzt, kann das schädlich sein, weil die Mechanozyten sich zu sehr verdichten. Sex kommt in dieser Situation überhaupt nicht infrage (selbst wenn ich an Bord jemanden

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