Die Kinder des Saturn
angenehmen Aufenthalt beitragen können, geben Sie uns bitte Bescheid.«
Als ich mit dem Aufzug nach oben fahre, bin ich leicht verärgert, was albern ist, denn ich habe ja nichts unternommen, um mir einen herzlicheren Empfang zu sichern – außer als Lady Kate Sorico zu reisen, aber das gilt hier draußen als irgendeine Macke, der man mit Nachsicht begegnet (und ist nur den Schlampen, die
mich verfolgen, ein Dorn im Auge). Doch die Domina ist unterwegs zu Saturn und Granita derzeit von der Bildfläche verschwunden. Mir bleibt hier nur eines zu tun: mich mit Jeeves zu treffen und ihm das aus der Nase zu ziehen, was Daks nicht herauslassen wollte. Meine Instruktionen enthalten eigentlich gar keinen Hinweis auf den Zweck meines Aufenthalts, sondern nur irgendwelches Gelaber darüber, dass Kallisto das Tor zum äußeren System darstellt. Nach dem Treffen mit Jeeves kann ich dann alles erledigen, was erledigt werden muss – glaube ich zumindest.
Sich als Aristo in einer Bergarbeiterstadt aufzuhalten, bedeutet, dass man in den Genuss der »Großen Suite« kommt. Doch es bedeutet auch, dass diese »Große Suite« klein, schäbig und eiskalt ist, anstelle von Fenstern klitzekleine, vierfach verglaste Bullaugen hat und Ausblick auf eine Landschaft bietet, die die Rangierbahnhöfe auf Mars wie Urlaubsparadiese erscheinen lässt. Außerdem knirscht der gefrorene Teppichboden unter meinen Füßen. Als Erstes schalte ich die Lampen auf volle Stärke, danach drehe ich die Heizung auf (die nicht einmal lauwarm ist, denn sie wurde auf zweihundertdreißig Kelvin gestellt) und sinniere darüber, wie lange es dauern wird, die Dusche aufzutauen. Offensichtlich ist hier schon lange kein Gast mehr abgestiegen. Meine Laune hebt sich auch nicht sonderlich, als ich sehe, welche beiden Lösungsmittel mir die Mischarmatur zur Säuberung meines Körpers anbietet: Azeton oder Tetrachlormethan. Und der Thermostat reicht nur bis zu zweihundertsechzig Kelvin. Inzwischen bin ich innerlich so geladen, dass ich demnächst explodieren werde, falls ich nicht sehr bald irgendetwas finde, mit dem ich mich beschäftigen kann. Also werfe ich mich rücklings auf die durchgelegene Matratze und rufe auf dem Notebook meine Mails ab.
Keine Nachrichten von Freyas Insolvenzverwaltern auf der Erde, was ich für ein gutes Zeichen halte, aber einige Mails für Kate. Als Erstes befasse ich mich mit der audio-visuellen Mitteilung, die mir der auf dem Mars ansässige Jeeves geschickt hat. Er wirkt ein bisschen durcheinander und so, als wäre ihm sein Kragen
zu eng. »Fr… Katherine, meine Liebe, ich, äh, hoffe, es geht dir gut, wenn du diese Nachricht erhältst.« Er schluckt. Mein Gott und Schöpfer, löst schon das bloße Reden mit meinem Abbild homomimetische Reflexe bei ihm aus? Ich werde nervös und verkrampfe mich. »Leider sah ich mich gezwungen, meine älteren Teilhaber von unserem, äh, kleinen Flirt zu informieren. Alle haben sehr verständnisvoll reagiert, mir aber unmissverständlich nahegelegt, dir, äh, ah, bestimmte …«, er fährt sich mit dem Finger rund um den Kragen, »bestimmte Tatsachen zu erklären.« Er räuspert sich.
Auch ich räuspere mich jetzt. »Würdest du bitte zum Wesentlichen kommen? Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.« Blöde Projektion. Das Original mit all seinen Macken aufzuzeichnen ist ja gut und schön, aber sie bis zum Abwinken wieder und wieder vor der Nase zu haben, ist nicht ganz so amüsant.
»Selbstverständlich. Nun ja, soll heißen, dass sie mir aufgetragen haben, dir Folgendes mitzuteilen …« Sein Gesicht wird zur steinernen Maske, aus der anstelle von Augen eiskalte, seelenlose Kiesel funkeln. Sie erinnern mich an Bruchstücke von Kometen. »Lassen Sie die Finger von unseren jüngeren Teilhabern, Angestellte, sonst sehen wir uns gezwungen, Ihr Beschäftigungsverhältnis aufzukündigen, genau wie bei Ihrer älteren Schwester.« Einen Moment lang lähmt mich sein eiskalter Blick, doch dann verändert sich irgendetwas, und sein Gesicht nimmt den Ausdruck hilflosen Kummers an. »Ähm, ich weiß nicht, was ich dem hinzufügen kann. Ich bin … o je.« Er schnaubt. »Affären mit angestellten Hilfskräften verstoßen GEGEN DIE REGELN, also Schluss damit. Was kann ich weiter sagen, Kate?«
Zitternd hole ich tief Luft und versuche, die Erinnerung an diesen eiskalten Blick abzuschütteln. »Ist schon in Ordnung, Jeeves. Hab verstanden.« Na ja, ehrlich gesagt hab ich gar nichts verstanden, sondern finde diese
Weitere Kostenlose Bücher