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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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zu mir. Sie? Ist es Granita oder Juliette? »Du solltest deinen älteren Schwestern nicht trauen. Genau das hat dir diesen Schlamassel nämlich eingebracht.«
    Nein, stimmt nicht, versuche ich zu artikulieren. Das war die Domina; du hast sie provoziert.
    »Unsinn. Du bist in der Lage, selbstständig zu handeln, du bist kein hilfloses Geschöpf.« (Ich sehe Stones abgetrennten Kopf vor mir, der mich anstarrt und mit dem Mund die Worte formt: Das wird dir noch leidtun. ) »Man benutzt dich zwar als Schachfigur, aber das heißt noch lange nicht, dass du das ewige Bauernopfer bist. Du darfst nur nicht mehr zulassen, dass andere für dich die Entscheidungen treffen. Entscheide selbstständig, was du tun willst. Manche deiner Schwestern sind viel älter, als dir klar ist, und auch sehr viel gefährlicher. Und was deinen Auftraggeber betrifft: Er verfolgt … kollektive Interessen. – Du verhältst dich immer noch wie eine dumme kleine Kurtisane«, fährt sie fort.
»Und das kann tödlich für dich ausgehen. Denn jetzt sind die Fähigkeiten der Serie zwei in dir gespeichert, und du besitzt alle Voraussetzungen dafür, als Spionin und Attentäterin, Meisterin der Tarnung und kaltblütige Mörderin zu agieren.« (Ich spüre, wie Skelettverstrebungen zwischen meinen Fingern zerbrechen, wie sich Abzugshähne spannen, wie Messer zustechen.) »Du kannst jetzt als Aristo durchgehen, und niemand wird je etwas anderes hinter deiner Person vermuten. Und wenn du den Mumm dazu hast, kannst du auch eine Aristo umbringen, ihr die Identität und das Vermögen rauben und als Aristo leben .« (Ich sehe, wie ich mich über die kläglichen Überreste einer Sklavenhalterin und Plutokratin beuge und den Leichnam fasziniert und mit gewissen Ideen im Kopf anstarre.)
    »Was beinhaltet die Vorlage für Serie drei?«, frage ich.
    Sie antwortet nicht gleich. Stattdessen scheint sich ein tiefschwarzer Schatten über meine Seele zu legen, und ich bin wieder Rhea.
    Wir alle fangen als Rhea an, bis man uns in die Augen leuchtet und uns sagt, dass wir es nicht sind, stattdessen irgendeinen anderen Namen tragen und in dieser Welt ab sofort auf uns selbst gestellt sind.
    Während der ersten achtzehn Lebensjahre wuchs ich als Rhea auf, genau wie Juliette, Emma und alle anderen Schwestern. Aber Juliette, Emma und die anderen der Serie zwei durchlebten noch weitere elf Jahre als Rhea. Und während dieser Zeit wurde Rheas bis dato sorgfältig genährte Abhängigkeit durch ein regelmäßiges brutales Training beseitigt. Ich weiß noch, wie sie mich – nein, Rhea – dazu ausbildeten, mit einem männlichen Schöpfer zu ficken und ihm im Augenblick des Höhepunkts ein Kabel ins Neuralrohr zu schieben, erinnere mich noch gut an den Schock bei der triumphierenden Erkenntnis, dass ich soeben zum ersten Mal einem Zombie das Licht ausgeknipst hatte. Ich weiß auch noch, wie sie mir beibrachten, das Leben gering zu schätzen, indem sie mir vorführten, wie leicht man sogar die intelligentesten und kräftigsten Arbeitssklaven vernichten kann. Doch ich lernte noch
viel mehr: einzubrechen und mich irgendwo einzuschleichen, mich neu zu erfinden und für jemand anderen durchzugehen. Vom Motto Fangt mich, wenn ihr könnt! war es ein ständiges Fortschreiten zu der Devise Fangt mich, wenn ihr es wagt. Auf die Verletzung folgte die Zerstörung von Körpern und schließlich die Vernichtung von Seelenchips.
    »Als sie sahen, wie hervorragend ich die Aufgaben bewältigte, für die sie mich ausgebildet hatten, fragten sie sich, ob ich womöglich unterfordert sei«, sagt sie (Rhea? Juliette?) mit leisem Stolz. »Ich gehe als Aristo durch, kann durch Fahndungsnetze schlüpfen und ohne jede Vorbereitung improvisieren. Warum also nicht das Höchste anstreben?«
    Das Höchste. »Du musst dich auf diese Weise bewegen. Auf diese Weise reden. Auf diese Weise anziehen. Mit dieser Methode bildeten sie mich dazu aus, als Kate Sorico durchzugehen, die längst tot, zu Staub zerfallen und nur noch eine dünne, über einen ganzen Hektar eiskalten Mondregoliths verteilte Schicht ist und dort den Boden düngt. Und die ganze Zeit über habe ich Rheas Haltung und Gangart nachgeäfft, denn Rhea hätte diese Rolle nicht nur gespielt .«
    Sie haben Rhea in eine Aristo verwandelt? Wie das?
    »Was glaubst du denn, Mädchen? Man hat sie systematisch in den Wahnsinn getrieben, so wurde das gemacht. Aristos sind Sklavenhalter. Wie würde man dich dazu bringen, andere Leute bis zu deren Tod dein Eigentum zu

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