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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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einzelne Phoneme isoliert und nachlässig neu zusammengesetzt. »Ich bin sehr erfreut, Sie kennenzulernen. Würden Sie bitte hier drüben Platz nehmen?« Ein Arm mit drei Fingern schwingt herum und deutet auf einen zurückklappbaren Untersuchungsstuhl.
    Mehrere meiner Ichs brüllen verblüffend laut Nein! , aber ich reiße mich zusammen und trete weiter ins Zimmer. »Was haben Sie vor?«, frage ich und bemühe mich dabei, einen angemessenen Ton arroganter Verachtung anzuschlagen.
    »Derzeit erscheint mir eine vorläufige Untersuchung Ihrer Bauchhöhle angebracht«, knurrt Dr. Murgatroyd. »Allerdings noch kein chirurgischer Eingriff. Kein Anlass zur Sorge.«
    »Also gut«, erwidere ich mit bemüht fester Stimme, klettere auf den Untersuchungsstuhl und schiebe meine Füße in die Bügel, ohne Jeeves auch nur anzusehen. »So. Was genau soll ich eigentlich für Sie befördern?«

die gespenster des mars
    LANGE DANACH LEHNE ICH MICH auf einer Chaiselongue im Großen Salon der Pygmalion zurück und blicke durch das Bullauge aus Kristallglas auf die polierte Scheibe des zurückfallenden Merkur. Bei der Erinnerung an die Untersuchung und Dr. Murgatroyds Instruktionen muss ich ein Schaudern unterdrücken.
    »Das Frachtgut ist nicht aktiviert«, erklärte Murgatroyd seinerzeit, »wird sich also auch nicht unkontrolliert vermehren. Wir liefern es Ihnen eingefroren, in einem tiefgekühlten Behälter. In diesem Zustand kann es Sauerstoffmangel, niedrige Temperaturen und hohe Beschleunigungen verkraften. Allerdings muss es vor der Auslieferung aktiviert und in einen Wärmebehälter mit genau festgelegter Temperatur verlagert werden. Und zwar so, dass die Zollkontrolle es nicht entdeckt, während es sich entpackt …«
    Ich bin sicher, die ehrenwerte Lady Katherine Sorico hätte Murgatroyd genau erzählt, wohin er sich sein Frachtgut schieben solle – vermutlich mit vorgehaltener Waffe -, aber ich bin einfach nicht der knallharte Typ. Stattdessen rief ich mir ins Gedächtnis, wie dringend ich eine bezahlte Arbeit benötigte, und biss die Zähne zusammen. Jeeves, dachte ich, wird auf jeden Fall dafür sorgen, dass dieser Job sich für mich auszahlt. Und wenn das hier das Schlimmste ist, was dieser Auftrag mit sich bringt, dann … Na ja, wir werden ja sehen.
    Aus meiner neuen Perspektive betrachtet – ich befinde mich auf einem schnellen Linienschiff und sitze im Salon der Ersten Klasse, während Merkur hinter uns zurückbleibt -, ist das Schlimmste,
das mir derzeit droht, die Langeweile. Man begibt sich ja nicht gern in den Kälteschlaf, wenn man für Unterbringung und Unterhaltungsprogramm der Ersten Klasse bezahlt hat, doch mir steht eine lange Reise bevor. Die Entfernung zwischen Merkur und Mars variiert zwischen 170 Millionen und fast 300 Millionen Kilometern, wenn sie in Opposition zueinander stehen. Die Pygmalion ist ein M2P2-Flitzer, ein Schiff mit minimagnetosphärischem Plasmaantrieb, kein langsamer Pendler zwischen den Umlaufbahnen wie die High Wire . Doch selbst bei ständiger Beschleunigung auf dem Weg nach draußen und »Hilfsbremsen« beim Entschleunigen, den Magnetstrahl-Transmittern auf Phobos, werden wir fast neunzig Tage für die Reise brauchen. Das Frachtgut, das ich bei mir habe, muss zwanzig Tage vor unserer Ankunft aktiviert werden. Bis dahin ist es in einem kleinen Kälteregler auf dem Boden eines überaus hässlichen schwarzen Modells verborgen, das einen in der Atmosphäre lebenden, inzwischen ausgestorbenen Replikator darstellt, der früher Jagd auf ähnliche Flugobjekte machte. Meine Aufgabe besteht darin, mich keiner Depression hinzugeben, jeden Skandal zu vermeiden und auch sonst keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Was möglicherweise gar nicht so einfach sein wird, denn ich bin einer von lediglich acht vornehmen zahlenden Fluggästen, und die nervende seltsame Verkleidung, in der ich stecke, beeinträchtigt fortwährend meine Wachsamkeit, da sie mir das Leben einer anderen Person aufzwingt.
    Ich reise nicht allein. »Als Aristo brauchen Sie Bedienstete«, hat Jeeves mir mitgeteilt. »Nehmen Sie zwei Helfer mit.« Jeeves hat zwei zwergwüchsige Geschöpfe, Bill und Ben, dazu engagiert, die Statue – das schwarze Modell – zu bewachen, wenn ich mich nicht in meiner Kabine aufhalte. Offenbar sind sie irgendwie in diese Warenlieferung involviert. Nach außen hin tun sie so, als wären sie von Chips kontrollierte Arbeitssklaven, verhalten sich schüchtern und unterwürfig und beeilen sich, den

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