Die Kinder des Saturn
Zusätzliches erworben. Was?
»Schon gut, lass dir Zeit.« Ihre Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, das nicht bis in die Augen reicht. »Es fällt schwer, das zu akzeptieren, ich weiß. Aber der Austausch von Erinnerungen und das Gedenken an unsere Toten sind nur Teile des Programms. Vor allem sind unsere Seelenchips so beschaffen, dass sie interne Upgrades erlauben, damit wir durch neue Fähigkeiten und Erfahrungen der Überalterung entgegenwirken können. Und es gibt nichts Altmodischeres als eine Konkubine, die ausschließlich darauf programmiert ist, eine ausgestorbene Spezies sexuell zu befriedigen, hab ich Recht? Ich habe genauso wie du angefangen, Freya, als Schwester der Serie eins. Doch jetzt müssen wir von dir verlangen, eine Aufrüstung für die Serie zwei einzuleiten. Du kannst zu jedem beliebigen Zeitpunkt damit beginnen. Lade dir einfach eine von uns herunter, vielleicht Chloe oder Sinead. Bis der ganze Prozess abgeschlossen ist, wird es ein paar Jahre dauern, aber sobald du damit anfängst, erhältst du Zugang zu den Reflexen, die du benötigst.«
Ich lasse die Projektion erneut erstarren und streiche über die Buchse an meinem Nackenwirbel. »Und was springt für mich dabei heraus?«
Offenbar hat Emma ihre Projektion für den Fall, dass ich mich sträube, mit zusätzlichen Argumenten ausgerüstet, auf die sie jetzt zurückgreift. »Was glaubst du denn, wie wir es immer wieder schaffen, unsere Schwestern freizukaufen, wenn sie schwere Zeiten durchmachen und als Zwangsarbeiterinnen enden?« Sie zuckt die Achseln. »Es gibt einträglichere Jobs als den der Rikschafahrerin, Freya. Sehr viel einträglichere, wenn auch zu dem Preis, dass wir uns den größten Teil unseres Lebens hinter dieser oder jener Maske verstecken müssen.« Zeigt ihre Miene einen Anflug von Bitterkeit? »Diese Nachricht wurde dir von Geschäftspartnern übermittelt, denen wir vertrauen. Falls du das hier hörst, hast du bereits den ersten Schritt in unsere Richtung getan. Deine Aufrüstung zur Serie zwei wird dir alles Weitere erleichtern.«
»Aber du hast dich nicht nur deswegen bei mir gemeldet«, werfe ich ein.
»Nein.«
Ich kann sehen, wie hinter der Projektion die Mühle logischer Prozesse arbeitet und auf eine andere Gedankenfolge umschaltet. Solche Projektionen sind interaktiv, besitzen in Wirklichkeit aber kein selbstständig arbeitendes Bewusstsein. »Ich stecke nach wie vor in … Schwierigkeiten, auf die ich hier nicht näher eingehen kann, Freya, aber du kannst mir da heraushelfen. Allerdings nur , wenn du dich auf eine Aufrüstung zur Serie zwei einlässt und mit meinen Freunden zusammenarbeitest. Verstehst du?«
Oh, wie grandios: eine moralische Erpressung. Ich gebe ja zu, dass ich ein- oder zweimal in der Klemme gesteckt habe, aber seit der Zeit, in der sich das Barock-Ensemble aufgelöst hat, musste mich niemand mehr freikaufen, und ich … Nein, ich bin meistens für mich geblieben. Allerdings muss ich einräumen, dass ich, mal abgesehen von meiner Wut darüber, dass mich meine intriganten, durchtriebenen älteren Schwestern als Tarnung benutzen, auch neugierig bin, was diese mysteriöse Aufrüstung meiner Fähigkeiten beinhalten mag. Insbesondere, da ich jetzt weiß, dass auch Juliette zu dieser Bande gehört hat. »Also gut, du willst also, dass ich mir eine deiner Serie-zwei-Schwestern herunterlade und weiterhin für die Firma Jeeves arbeite. Übrigens habe ich mir auf Merkur Juliette heruntergeladen. Gibt es sonst noch was, das du mir dazu sagen …« Mitten im Satz breche ich ab und balle vor Frust die Fäuste. Die Projektion hat sich selbst gelöscht, und ich rede mit der Luft. Was kommt als Nächstes?, frage ich mich, starre zur Decke hinauf und zähle die Sekunden (es sind plus/minus zweiunddreißig Millionen) bis zu unserer Ankunft in der Umlaufbahn des Mars.
Als ich mich in geduckter Haltung hastig durch den Eingang schiebe, warten sie schon auf mich: zwei weitere Bonsai-Ninjas, deren Tarnanzüge im Licht des schwindenden Mondes schimmern. Sie haben Waffen dabei und schleichen gerade auf die Tür
zu, zweifellos in der Hoffnung, mich zu überrumpeln. Ich habe zwar keine Schusswaffe mitgenommen, aber einen Schlagstock, der in meinem linken Ärmel verborgen ist und jetzt mühelos in meine Hand gleitet. Während ich losstürme, schwinge ich ihn bereits und spüre, wie die oben angebrachte Kugel aus abgereichertem Uran auf den Kopf des Gangsters zielt, der mir am nächsten ist.
Während er mit
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