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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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unnatürlich geneigtem Kopf erst einen Satz macht und dann umfällt, zerrt irgendetwas heftig an meiner Seite. Leichtfüßig trete ich einen weiteren Schritt vor, lehne mich dabei zurück, um den eigenen Schwung zu kompensieren, und versuche, den zwei Meter langen Schlagstock zum zweiten Gangster herumzuschwenken, der die Waffe auf mich richtet. Doch mein linkes Bein sucht sich ausgerechnet diesen Moment aus, um zu streiken…
    Während ich hintenüber kippe und im Sand lande, huscht eine verschwommene Linie durch mein Sichtfeld und zerschneidet den zweiten Gangster sauber in zwei Teile.
    Gleich darauf durchfährt mich ein heftiger Schmerz, dessen Quelle ich lokalisieren kann: Hydrauliköl, das wegen abgelöster Mechanosomen Blasen wirft, sickert aus mir heraus. Im kalten Mondlicht schimmert es bläulich. Als es über mir laut zischt, hebe ich den Kopf und starre in ein vertrautes Gesicht mit drei Augen. »Babe?«
    Ich ringe um Worte. Ein Teil von mir fühlt sich wirklich seltsam, aber ich weiß nicht, welcher. »Babe?«
    »Nimm den Probensatz an dich, Daks«, bringe ich schließlich hervor. »Ich bin geliefert. Die Friedhofswärter werden gleich hier sein.«
    Daks, der alle sechs Beine ausgefahren hat, landet mit gesträubtem Fell auf mir. »Einen Scheiß werde ich tun!« Er klingt stocksauer.
    »Lass mich in Ruhe!« Als die Friedhofswärter losstürmen, spüre ich ein dumpfes Vibrieren in meinem Rücken und versuche in meinen Mantel zu greifen, doch Daks ist so schwer,
dass ich ihn nicht abschütteln kann. Offenbar bin ich schlimmer verletzt als angenommen. Wenn ich ein bisschen Glück habe, werden die Friedhofswärter es gar nicht mehr schaffen, mich zu ihren anderen Opfern an den Staketenzaun zu hängen und aufzuspießen. An diesen kleinen Trost klammere ich mich einen Augenblick, doch gleich darauf merke ich, dass Daks mit aller Kraft an meinem Mantel zerrt. »He, stell dich nicht so blöde an …«
    Ringsum fegen Kies, Sand und Staub auf, als Daks vom Boden abhebt. Mir ist so, als hätte mich ein kleiner Tornado gepackt. In einem Feld mit vollem g hätte Daks das auf keinen Fall geschafft, und selbst hier sind seine Schubdüsen mit meinem Gewicht sicher völlig überlastet. Ich fürchte, er wird es nicht einmal bis zur Einfriedung des Gartens schaffen.
    Doch dann liege ich plötzlich wieder auf dem Rücken. Um Tränen zu erzeugen, die Frostschutzmittel enthalten, kneife ich die Augen heftig zusammen. Während ich dem normalerweise unhörbaren Geschwätz meiner Unterprogramme lausche – sie machen gerade Bestandsaufnahme -, klärt sich mein Blick nach und nach. Ist sonst noch etwas beschädigt? Nein? Gut. Wie steht es mit dem Leck? Es sickert immer noch Flüssigkeit heraus, inzwischen sind es aber nur noch fünfzig Milliliter pro Minute. Als ich den Kopf zur Seite drehe, rinnen Blasen silikonhaltigen Schmiermittels an meinen Wangen herunter. Daks ragt in mein Blickfeld hinein; mit besorgter Miene hockt er neben mir. »Babe? Alles in Ordnung mit dir? Rede mit mir! Babe?«
    »Ich bin noch da, größtenteils jedenfalls. Nimm meinen Seelench…«
    »Wir sind ganz in der Nähe der Spinne. Aber mir ist der Treibstoff ausgegangen, und den Brustteil mit dem Nuklearantrieb hab ich anscheinend nicht dabei. Kannst du’s allein in die Spinne schaffen?«
    Scheiße. Ich drehe den Kopf zur anderen Seite und unterdrücke ein Kichern, als die Landschaft in Schräglage gerät. Immer noch stampfen die Friedhofswärter an der anderen Seite der Mauer
entlang. Im Kopf spüre ich nur Leere. He, das könnte ein richtiger Spaß werden! Die Spinne ist verlockend nah. Die Einstiegsluke steht offen, so dass bernsteinfarbenes Licht aus der Kabine dringt und den Boden zwischen mir und dem Vehikel erhellt. Doch dieser Boden kommt mir wie eine unglaublich weite Wüste vor, so groß wie ein ganzer Kontinent. Da der Schmerz mich benebelt, schalte ich die Schmerzsensoren kurzerhand ab. Das ist zwar riskant, aber ich brauche einen klaren Kopf, um das zu schaffen, was Daks von mir verlangt. Ich experimentiere mit meinen Gliedern herum, bringe meine Hand dazu zu zucken. Hm. »Pass auf!«, sage ich zu Daks.
    Schon dafür, mich herumzuwälzen und zwei Meter zu robben, brauche ich unzählige Minuten. Im linken Teil meines Unterleibs spüre ich ein heftiges Knirschen, und mein linker Arm fühlt sich so an, als würde er gleich abfallen. Irgendetwas da drinnen ist verbogen oder gebrochen, etwas Wichtiges, das die Konstruktion betrifft. Die ganze Zeit

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