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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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jemanden mitgebracht?», fragte Kathi.
    Otto verneinte. Sie pusteten die Kerzen aus, Wilhelm schickte Georg und Adam zur Tür. Otto tastete auf dem Boden nach etwas, mit dem er sich verteidigen konnte. Er bekam etwas zu fassen, es war schwer und würde seinen Zweck erfüllen.
    Im Dunkel horchten sie auf die Geräusche, die näher kamen. Es klang nach schwerem Atmen, so, als habe sich jemand angestrengt oder wäre gerannt. Der unbekannte Angreifer tastete sich vor, etwas kullerte über den Boden.
    «Jetzt!», rief Wilhelm, und alle stürzten sich auf ihn, prügelten, schlugen, hieben, stachen und bissen.
    Ein Schrei, jemand ging zu Boden. Es war ein großer Körper, massig und schwer. Darauf folgte ein Schlag. Adam flog gegen das Regal, Georg heulte vor Schmerz auf. Otto fühlte etwas Nasses, Klebriges auf seiner Hand.
    «Verschwinden wir.»
    Wilhelm packte Kathi und zog sie mit sich.
    «Der Korb», rief sie. «Die Kräuter.»
    «Zu spät.»
    «Nein, ich brauche die Kräuter.»
    Wilhelm schnaubte, tastete um sich, blind wie er in der Dunkelheit war.
    «Wo ist der Korb?»
    «Ich hab ihn», rief Georg.
    Mit vereinten Kräften schafften sie ihn bis zur Tür.
    Im letzten Moment fiel es Kathi ein: «Der Kanon .»
    «Auf keinen Fall. Du kommst jetzt mit.»
    «Nein.»
    Als sie das sagte, hatte sie Wilhelm bereits zur Tür hinausgedrängt. Zurück blieb ein Mann, stöhnend, in seinem Blut am Boden liegend.
    «Heilige Mutter Maria von Trastevere, hilf mir.»

[zur Inhaltsübersicht]
    20
    Die Glocke hatte zur neunten Stunde am Abend geschlagen, als in der St.-Briccius-Kapelle das geistliche Gericht unter dem Vorsitz von Generalvikar Dr. Riedner zusammentrat.
    Anwesend waren außerdem sechs geistliche Würdenträger – unter ihnen der Weihbischof und die Äbte vom Schottenkloster und St. Stephan –, die in der vorangegangenen Urteilsverkündung als Richter fungiert hatten und nun dem zeremoniellen Akt beiwohnten, der Gottfried von Weyhenstein aus ihren Reihen verbannen sollte.
    Crispin hatte sich in eine Ecke der Kapelle zurückgezogen und beobachtete das größte Unglück und die größte Schmach, die einem Geistlichen zuteilwerden konnte – die Degradation.
    Gottfried wurden damit alle Würden und Weihen genommen, die er seit seiner Ausbildung im Domstift erhalten hatte. Damit wurde er zu einem ganz gewöhnlichen Bürger dieser Stadt, der den Pakt mit dem Teufel gestanden hatte und zur weiteren Verurteilung in die Hände Faltermayers gegeben wurde.
    Mit dieser Auslieferung an ein weltliches Gericht war Gottfried jeglichen Schutzes durch die Kirche beraubt und konnte im Schnellverfahren abgeurteilt werden. Dabei würde sich Faltermayer auf das Geständnis stützen, das Gottfried nach zwei Stunden Folter vor dem geistlichen Gericht abgelegt hatte – einfacher konnte man es ihm wirklich nicht mehr machen.
    Crispin hatte für derlei Zusammenspiel wenig übrig. Im eigentlichen Sinn widerte es ihn an, wie ein unliebsam gewordener Geistlicher aus dem Amt gejagt und dem Tod übergeben wurde. Aber das war seinerzeit bei dem Fürsten der Ketzer , Giordano Bruno, nicht anders gewesen. Was nicht passte, wurde entfernt. Eine menschenverachtende, aber nicht minder bewährte Vorgehensweise.
    Crispin konnte nur hoffen, dass niemand je seine Gedanken würde lesen können. Dann wäre er, der Spürhund Seiner Heiligkeit, an Gottfrieds Stelle und müsste etwas gestehen, was sich vermutlich nie zugetragen hatte.
    Riedner hatte ihm das Geständnis Gottfrieds ausgehändigt, damit er sah, dass alles seine Richtigkeit hatte.
    Im flackernden Schein der Kerzen las er es. Ihm war schnell klar, was für einen blühenden Unsinn er da vor sich hatte. Verschwommene Erinnerungen an Hexen in der Gestalt von lüsternen Mägden, ein erzwungener Teufelsschwur, Dämonen überall.
    Jeder Richter mit halbwegs Verstand hätte ihm erneut die Folter auferlegt, um eine überzeugendere Aussage zu erhalten. Aber da Gottfried diese Worte gerade unter der Folter zu Protokoll gegeben hatte, bedeutete das, dass es Riedner überhaupt nicht auf die Plausibilität der Aussage angekommen war, sondern lediglich auf das Geständnis selbst. Das allein zählte. Gottfried sollte als weithin sichtbares Zeichen zur Verantwortung gezogen werden, damit die anderen ebenso schändlichen Geistlichen zur Besinnung kamen.
    Hundertfünfundzwanzig Peitschenhiebe hatte Gottfried ausgehalten. Danach war sein Wille gebrochen. Die weiteren Vorwürfe, die ihm angelastet wurden, fielen nicht

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