Die Kinder Paxias
berührte und stolperte in angemessenen Abständen über vereinzelte Wurzeln.
Tiefe Erleichterung entspannte Kaelis Züge, als die Männer ihre Gegenwart zwar bemerkten, aber an ihnen vorbeizogen ohne weiter Notiz von ihnen zu nehmen. Sie waren zu sehr mit ihrem Tagewerk beschäftigt, wie ihre Wortfetzen verdeutlichten.
Unauffällig musterte Kaeli das äußere Erscheinungsbild der Stadtbewohner, die mit jedem Schritt näher in ihr Blickfeld kamen. Vor allem der gut einsichtige Markt bot eine optimale Gelegenheit, Einzelheiten aufmerksam in Augenschein zu nehmen.
Ich glaube, wir sollten uns nicht zusammen zeigen“, raunte sie Saya verhalten zu, ihr Tempo abrupt reduzierend.
Bevor diese aufbrausend Einwand erheben konnte, erläuterte sie ihre Schlussfolgerung schnell.
„Sieh dir die Bewohner an. Richte deinen Fokus auf die Art, wie sie sich kleiden.
Wir würden mehr als Aufmerksamkeit erregen, sie werden uns anstarren – und das kann uns keine Hilfe sein.“
Kaeli hatte recht.
Saya verstand ihre Begründung, sobald sie der Aufforderung Folge geleistet hatte.
In der Kleidung der Paxianer dominierten Brauntöne in allen Variationen, kombiniert mit bunten Gewändern und Tüchern. Die Stoffe bestanden in der Hauptsache aus Leinen, grober Wolle und Leder.
Kurz, alles was weder Kaeli noch sie selbst am Leib trugen.
Wie ein farbneutraler Fleck würden sie in der Menge nicht nur nicht untertauchen können, sondern auffallen wie ein Wesen der Nacht inmitten des Lichtvolkes.
Bereits vertraut mit dem unkontrollierten Fluchgebrauch der temperamentvollen Gelehrten, ignorierte Kaeli diesen mit dezenter Belustigung und konfrontierte sie mit ihrem Vorhaben.
„Ich unterscheide mich weniger von ihnen als du, bei mir ist nur die Kleidung andersartig, aber das kann ich im Zweifelsfall mit der Herkunft aus einem anderen Dorf begründen.
Warte du verborgen in der Nähe des Tores, während ich in der Zwischenzeit den Aufenthaltsort des gegenwärtigen Ratsvorstehers zu ermitteln strebe.
Sobald ich ihn in Erfahrung gebracht habe, hole ich dich ab, und wir versuchen ihn unbemerkt zu erreichen.“
„Achte auf deine Augen. Nein, besser noch, sieh niemanden direkt an“, wies Saya sie mahnend und reichlich barsch an. Es gefiel ihr absolut nicht, Vertrauen in Kaeli und ihre geplante Vorgehensweise setzen zu müssen. Sie beugte sich mehr als widerwillig dem Zwang. Und nicht ohne ihre unvermeidbare aggressive Warnung.
„Ich gebe dir zehn Minuten, vom Moment unserer Trennung an bis zu deiner Rückkehr. Erscheinst du bis dahin nicht, sei versichert ich finde einen alternativen Weg zum Ziel.“
„Daran zweifle ich nicht“, Kaeli lachte hell auf, sie spürte keine Angst vor der drohenden Haltung ihrer Weggefährtin.
Sie erreichten den Eingang zur Stadt.
Wortlos wandte Saya sich von ihr ab und bewegte sich auf eine kleine Baumgruppe in der Nähe des Tores zu. Nachdem sie sich auf einen dicken Ast in der dicht bewachsenen Blattkrone geschwungen hatte, sah sie gerade noch Kaeli hinter der Stadtmauer verschwinden.
Zähneknirschend unterdrückte sie eine wenig nützliche Fluchsalve und stellte sich, genervt über die erzwungene Untätigkeit, auf die vorgegebene Wartezeit ein.
Was hatte Paxia sich nur dabei gedacht, ihren Kindern so differenzierte Erscheinungsbilder zu verleihen?
Niemals könnte sich jemand wie sie, unbemerkt und unbelästigt unter ihre Völker mischen, während Sagenwesen wie Kaeli oder auch Angehörigen des Reich des Himmels eine Integration um so leichter fallen durfte und ihnen der Weg mindestens in die Reihen der Paxianer offen stand. Der Aufwand war einzig ein wenig Vorsicht und Gefühlskontrolle in der Interaktion mit ihnen.
War dies eine gerechte Verteilung körperlicher Attribute?
Kritik an Paxias Entscheidungen waren Saya nie zuvor in den Sinn gekommen, und für den Moment lag es auch nicht in ihrer Absicht sich auf philosophische Fragen einzulassen. Also ignorierte sie ihre aus Frustration entstandene Wahrheitssuche vorerst.
Dem ungestümen Wesen Sayas Tribut zollend, enttäuschte Kaeli die Gelehrte nicht und erreichte sie mehr als rechtzeitig vor Ende der angeordneten Frist. Rechtzeitig vor dem Entstehen aggressiver Ungeduld.
Mit aufgeregt freudiger Miene, trieb sie die andere winkend zu einem beschleunigten Herabklettern an. Sie bemerkte Sayas misstrauisch fragende Miene erst, als sie bereits den Weg außerhalb der Stadt an der Mauer entlang angetreten hatte, statt das Tor hinter ihnen zu
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