Die Kinder Paxias
verursacht haben könnte. Sie gefiel ihr in ihrer mangelnden Plausibilität ganz und gar nicht.
Einen deutlichen Schritt zurücktretend, musterte sie den Diplomaten von oben bis unten mit irritiert und verärgert zusammengezogenen Brauen.
„Such deinen Verstand zusammen, Iain. Der Anblick deines Neffen muss dein Gehirn benebelt haben.“
Verwirrt den Kern ihrer Worte erfassend, wandte Iain sich abermals dem vertieften Paar zu, das von seiner Umwelt nichts wahrnahm. Er unterdrückte nur mit Mühe ein entsetztes Aufstöhnen, als nun endlich auch er Drakos ältesten Sohn und Nachfolger in dem jungen Mann identifizierte.
In seiner Empfänglichkeit für die betrachtende Wirkung der sexuellen Aktivitäten, hatte er nicht mal bemerkt, wie gut er den männlichen Part dieses zärtlich agierenden Paares kannte – im Gegensatz zu dem Mädchen, die dessen derzeitiger Angebeteten nicht einmal ähnlich schien.
Rohels Vielweiberei würde seine Eltern, als ideales Abbild der Monogamie, noch in den tiefen Abgrund der Verzweiflung treiben. Trotz seiner aufgeladenen Stimmung, musste Iain über seinen Neffen schmunzelnd den Kopf schütteln.
Sayas Entscheidung diesen Abend durchzustehen, war ihrer Meinung nach endgültig Genüge getan. Es war Zeit für einen Rückzug.
Kein weiteres Wort verlierend, drehte sie sich auf dem Absatz um und strebte der Glastür Richtung Ebenensaal zu – prallte dabei fast mit der hohen Gestalt Colias zusammen. Saya wollte mit einem leichten Nicken an ihr vorüber, aber die Medizinerin hielt sie auf.
„Ich habe Euch gesucht, Gelehrte Saya“, waren ihre begrüßenden Worte.
„Verzeiht mir meine Ungeduld, Colia, aber ich wünsche mich zurückzuziehen. Ich habe, denke ich, die Dauer meiner Anwesenheit zufriedenstellend ausgedehnt.“
Colia verstand die bemüht höfliche Ablehnung und trat zur Seite.
„Natürlich. Euer Erscheinen an diesem Abend ehrt Euch und war dem Herrscherpaar eine echte Freude.
Auch wenn es Drako und Lianna durchaus bewusst war, wie unangenehm diese feiernde Menge auf Euch wirken musste, wollten sie Euch doch in ihrer Dankbarkeit demonstrieren, dass Ihr an diesem Ort immer eine heimatliche Zufluchtsstätte finden werdet.
Mein Anliegen sollte Euch nicht aufhalten, Eure verdiente Ruhe zu finden. Ich wollte Euch lediglich meinen tief empfundenen Dank aussprechen.
Während Taleis Entbindung und kurz darauf, fehlte mir in der notwendigen Hektik die Zeit und von da an bis zum jetzigen Moment die Gelegenheit.“
„Dankt mir nicht, Medizinerin, es besteht keine Notwendigkeit dazu“, unterbrach Saya in hastigem Widerspruch mit mahnend erhobener Hand.
„Wir haben beide unseren Teil zur Erhaltung zweier Leben geleistet und zu deren Wohle zusammengearbeitet.“
Entschlossen nahm Saya ihren scheidenden Weg wieder auf, doch ein aufzuckender Gedanke veranlasste sie, mitten im Schritt zu verharren und sich ein letztes Mal der Kräuterkundigen zuzuwenden.
„Die Heilung meines Beins ist vollendet. Es ist Zeit den steifen Verband zu entfernen. Werdet ihr mir morgen dabei helfen?“
„Erwartet mich am frühen Nachmittag.“
Kapitel 13
Was für eine Erleichterung!
Ihre ersten unsicheren Schritte, bar des hinderlichen Verbandes, waren schmerzfrei und von unvermuteter Leichtigkeit gewesen.
Der Heilungsprozess war endlich erfolgreich abgeschlossen, ihre von Colia so kompetent gerichtete Verletzung hatte keine bleibenden Beeinträchtigungen oder Spuren zur Folge.
Sie war dem glücklichen Schicksal dankbar für seine Fügung, trotz ihres schweren Unfalls, der Ewigkeit weiterhin ohne Behinderung entgegenzusehen.
In der Anonymität Iains Gemächer, erprobte Saya behutsam die Belastbarkeit ihres wieder einsatzfähigen Gliedes. Seit Stunden trainierte sie Ausdauer, Beweglichkeit und Herrschaft über das Zusammenspiel Gehirn, Unterschenkel, Fuß. Dabei pendelte sie wandernd zwischen Schlafbereich und Arbeitszimmer.
Prickelnde Vorfreude auf die lang ersehnte und wahrscheinlich einmalige Möglichkeit der Erkundung ihrer Mutterwelt Paxia, erfüllte ihr Sein mit schwer ertragbarer Ungeduld.
Ungetrübte Aufbruchstimmung sprengte alle eventuellen Fesseln, die ihr durch die entgegengebrachte Gastfreundlichkeit ungewollt angelegt worden waren.
Noch an diesem Abend, vor Einbruch der Nacht, verlangte es sie ihre Füße auf den vielschichtigen Boden der pulsierenden Welt weit unter dem Reich des Himmels zu setzen und den endgültigen Beginn ihres hoffentlich weit ausgedehnten Missionsweges
Weitere Kostenlose Bücher