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Die Kinder vom Teufelsmoor

Die Kinder vom Teufelsmoor

Titel: Die Kinder vom Teufelsmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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holen. Darum überwanden sie ihr Mißtrauen und setzten sich an den Tisch. Willy, der seit Tagen keine Milch mehr getrunken hatte, griff so gierig nach der Tasse, daß Ingelore sie nur mit knapper Not vorm Herunterfallen retten konnte. Sie ließ ihn trinken und gab ihm auch noch ihre Milch.
    Hannes sah das und füllte ihre Tasse nach.
    Da war der Bann endgültig gebrochen. Die Kinder nahmen die Brote vom Teilerund begannen hungrig zu essen. Hannes sah ihnen wortlos zu.
    »Haben Sie immer soviel zu essen bei sich?« fragte Bodo, der unbedingt noch mehr über den merkwürdigen Mann erfahren wollte. »Nein, nicht immer«, antwortete Hannes. »Manchmal ist die Gelegenheit nicht günstig, dann kann ich mich nicht so mit Vorrat eindecken. Aber gestern hat es geklappt.« Bodo kniff die Augen listig zusammen. »Klauen Sie die Sachen etwa?« fragte er.
    Hannes von der Nacht warf ihm einen schnellen Blick zu und sagte: »Klauen? Ich weiß nicht, ich nenne es anders, aber…« Er vollendete den Satz nicht, sondern überließ es den Kindern, das Fehlende zu ergänzen. Die taten es, wie sie es verstanden. Mensch, dachte Bodo, der Kerl ist klasse! Von dem kann ich bestimmt noch 'ne Menge lernen.
    »Ich nenne es auch anders«, sagte er grienend. »Haben Sie noch ein Stück Brot für mich?«
    »Ja, es ist noch was da«, sagte Hannes. »Viel leider nicht! Wenn ich gewußt hätte, daß ich euch hier antreffe, hätte ich zwei Brote genommen.«
    Er schnitt den Rest des Brotes auf, bestrich die Scheiben mit Butter und Wurst und verteilte sie.
    Die Kinder faßten immer mehr Zutrauen zu dem Mann mit dem Vollbart und der dunklen Stimme.
    Als alle satt waren, nahm er wieder seine Ziehharmonika und spielte.
    »Kannst du auch singen?« fragte Walter, der ein solches Musikinstrument noch nie im Leben gesehen und gehört hatte und sich ganz eigenartig angerührt fühlte.
    »Ja«, antwortete Hannes, »ein bißchen schon. Was möchtest du denn hören?«
    »Was ganz Lustiges!«
    »Was ganz Lustiges? Moment!« Hannes dachte eine Weile nach. Dabei fiel sein Blick auf die Katze, die Rena auf dem Schoß hielt und streichelte. Und da hatte er das Lied, das er suchte. Nach einem kleinen Vorspiel sagte er: »Ihr hört jetzt das Lied von meiner Katze!« Und dann sang er:

    »Eigentlich heißt sie ja Dörte,
    meine Katze dort im Stroh,
    doch wohin ich immer hörte,
    nennt nicht Freund noch Feind sie so.

    Bubi ruft sie Kritzekratze,
    und er ist auf seiner Hut!
    Ruth sagt zärtlich Sammettatze.
    Auch der Name steht ihr gut.

    Opa nennt sie Frau von Schleichen,
    und ich sage dir, das paßt!
    Schleichen kann sie ohnegleichen,
    ohne Laut und ohne Hast.

    Für Mama indes,
    da ist sie immer nur die Leckerschnut,
    denn nicht alle Sachen frißt sie,
    nur das Beste schmeckt ihr gut.

    Vater aber sagt,
    er kenne ihre wahre Tiernatur.
    Dauernd schläft sie,
    darum nenne er sie Siebenschläfer nur.

    Oma, wenn sie Maschen häkelt
    und im Fenstersonnenschein
    sich die Katze wohlig räkelt,
    nennt sie Schnurrchen Streckebein.

    Doch der Nachbar,
    wenn er täglich Wurzeln und Radieschen gießt
    und sie jault und heult so kläglich,
    ruft voll Wut: Still, Satansbiest!«

    Die Kinder hörten zu und amüsierten sich köstlich. Besonders Bodo! Über den Ausdruck »Satansbiest« mußte er laut lachen und konnte sich lange Zeit überhaupt nicht beruhigen.
    »Hast du gehört, Rena?« rief er. »Satansbiest heißt sie! Das ist auch für dein doofes Vieh der einzige Name, der paßt.«
    »Du bist selbst ein doofes Vieh!« rief Rena zurück. »Meine Katze heißt Muschi, das weißt du genau!«
    »Nun streitet euch man nicht, Kinder«, beschwichtigte Hannes. »Leute, die nichts für Katzen übrig haben, wie der Nachbar in meinem Lied, die nennen sie wohl Satansbiest, aber die Besitzer niemals. Katzen sind nämlich kluge und charaktervolle Tiere, ich mag sie sehr gern.«
    Rena strahlte.
    »Ich mag Katzen auch gern!« sagte sie glücklich. Bodo tippte sich an die Stirn und spuckte verächtlich auf den Fußboden, aber so, daß Hannes es nicht sehen konnte. Mittlerweile war es heller Tag geworden.
    Die Sonne stand hoch am Himmel und beleuchtete mit einem flimmernden Strahlenbündel sogar den Herdplatz, um den sie saßen. »Wollt ihr länger hierbleiben?« fragte Hannes von der Nacht. »Ja«, antwortete Rolf, »ein paar Wochen.«
    »Aha«, sagte Hannes und blickte über die aufgehängten Wolldecken hinweg in den Himmel. »Dann solltet ihr aber das Dach reparieren! Noch so ein Sturm wie

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