Die Kinder von Alpha Centauri
einer Schule oder einer Klinik aussah, anderswo führten die Stufen eines
imposant aussehenden Gebäudes mit eindrucksvoller Fassade direkt hinab zu einem
Schwimmbecken in der Mitte eines großen, grasbewachsenen Platzes, umgeben von
Bäumen und einem Gewirr von Wohnhäusern und Läden. Ein Fluß tat sich auf, als
der Wagen durch einen hängenden Röhrenteil glitt. Man sah hier und dort
gemächlich treibende Yachten, zwei größere Schiffe, weiter unten verankert, wo
die Flußmündung sich vor einem Hintergrund offener See verbreiterte, und
zahlreiche Kleinflugzeuge am Himmel hin und her sausen; eine Szenerie von Roboterkränen
und Erdbewegungsmaschinen, die am anderen Ufer Boden aushoben, zog vorbei, dann
raste der Wagen hinab in die unteren Ebenen der Metropole vor ihnen, und wurde
langsamer, als er sich seinem Ziel näherte.
»Ein bißchen anders, als mit der Kapsel um den Ring zu fahren«, meinte
Jay, als das Fahrzeug sanft anhielt.
»Das darfst du laut sagen«, bestätigte Bernard.
»Sind so die Großstädte daheim auf der Erde gewesen?«
»Tja ... manche davon, vor langer Zeit vielleicht. Aber nicht die
modernen.«
Der »Markt«, wie Jay ihn genannt hatte, lag mehrere Ebenen über dem
Bahnhof. Sie benützten eine Folge von Rolltreppen, um ihn zu erreichen. Viele
Leute drängten durcheinander, auf jede nur vorstellbare Weise und in allen
Farben gekleidet, die Rassen der Erde in mehr oder weniger gleichen
Verhältnissen vertreten, was zu erwarten gewesen war, weil die Kuan-yin eine ausgeglichene Mischung von Typen befördert hatte.
Kinder und junge Menschen schienen überall zu sein, menschenähnliche Roboter
gehörten in großer Zahl dazu. Die Roboter interessierten Bernard; solche Wesen
waren auf der Erde nicht unbekannt, aber sie waren doch eher als technische
Kuriositäten auf Forschungslaboratorien beschränkt gewesen, weil sie von der
Funktion her nicht viel Sinn ergaben. Die chironischen Roboter waren mutmaßlich
von den Maschinen entwickelt worden, die für das Aufziehen der ersten Chironer
zuständig gewesen waren. Diese Maschinen hatten keineswegs die Form von
Blechmenschen gehabt, sondern waren auf ihre Zwecke abgestimmt gewesen - als
Pflegekräfte mit warmen Körpern und weichen Oberflächen. Möglicherweise war
also die Vorstellung von Maschinen als Begleitpersonen ein dauerhafter Zug des
chironischen Lebens geworden, den man auf die früheste Zeit zurückführen
konnte. Später hatte man die Bauart verändert, um den Wünschen und Launen der
Kinder zu entsprechen, nachdem natürliche Eltern auf dem Plan erschienen
waren, um ihre tieferen körperlichen und seelischen Bedürfnisse zu erfüllen.
Zu seiner Überraschung ertappte sich Bernard bei der Überlegung, daß die
Beziehung zwischen Mensch und humanoider Maschine eine sehr herzliche und in
mancher Beziehung reizvolle gewesen sein mochte; keinesfalls konnte er etwas
von den kalten und unheimlichen Verhältnissen entdecken, wie Jean sie sich vorgestellt
hatte.
Die Atmosphäre allgemein war durchaus fröhlich: Vergnügungsstätten,
Büros, ein paar Bars und Speiselokale, eine Kunstausstellung und, wenig
dazupassend, eine Gruppe von Clowns, die mitten in einem Korridor vor
begeisterten Zuschauern auftrat. An einer Stelle waren hinter einem Fenster
Maschinen am Werk, die Kleidung herstellen, ob zur Produktion oder als eine Art
Vorführung, ließ sich nicht sagen.
Bernard bemerkte mehrere junge Mädchen, die nicht viel älter sein konnten
als Marie; sie schoben oder trugen Säuglinge, und er brauchte eine Weile, bis
ihm erschreckt aufging, daß das vermutlich ihre eigenen Kinder waren. Mit dem
Schock der Erkenntnis befiel ihn Erleichterung darüber, daß er Jean und Marie
zu Hause gelassen hatte. Dies zu erklären, verlangte Zartgefühl. Und die Art,
wie Jay die chironischen Mädchen ansah, ließ auf diesem Gebiet noch einigen
Ärger erwarten. In mancher Beziehung hatte beim Rückblick das schlichte und
geordnete Leben auf der »Mayflower II«, wie er jetzt zu begreifen begann, seine
Vorteile gehabt.
Als sie die letzte Rolltreppe hinter sich hatten, führte Jay ihn zu einem
großen Eingang, von der Hauptstraße ein wenig abgesetzt. Darüber befand sich
ein Schild mit der Aufschrift :HANDELS- GÜTER MANDEL BAY, ZWEIGSTELLE FRANKLIN
CENTER. In einem kleinen Vorhof lauschte eine kleine Zuhörerschaft aufmerksam
einem Streichquartett. Es spielte ein Stück, das Bernard als ein Werk
Beethovens erkannte. Einen Augenblick lang schien die Erde
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