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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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fügte Gunhild hinzu. »Jetzt erinnere ich mich wieder; du hast es mir selbst gesagt.«
    »Du warst dabei, als Tyllion erschlagen wurde«, stellte Siggi fest.
    »Ja«, sagte der Alte. »Und dies ist keine Tat, auf die ich stolz bin. Es war der erste der Drei Großen Verrate von Prydain, der viele andere Dinge nach sich zog.«
    »Manawyddan und Pryderi wussten davon«, fuhr Hagen hellsichtig fort. »Du hast es nicht gewagt, gegen den Erben des Hauses Llŷr die Hand zu erheben, aber Pryderi musste deshalb sterben.«
    »Arawn muss es ihm erzählt haben«, erklärte Taliessin. »Ich hatte nicht in Betracht gezogen, dass nicht nur Pwyll ein Herr von Annwn war, sondern auch Pryderi, sein Sohn. Erst als er die Schweine von Arawn erhielt, wurde mir klar, dass meine Tat nicht verborgen bleiben konnte. Und darum zettelte ich den Krieg zwischen Gwynedd und Dyved an, um einen Vorwand zu finden, Pryderi töten zu können. Denn ich wusste, im Kampf Mann gegen Mann würde er gegen mich keine Chance haben. Dies war der zweite der Drei Großen Verrate, die ich beging, und er schmerzt mich immer noch. Aber der größte von allen ist der dritte …«
    Er verstummte und er schwieg auch weiter, als alle ihn ansahen, weil sie auf eine Erklärung warteten. Schließlich sagte Gunhild mit leiser Stimme: »Willst du es uns nicht sagen, und sei es nur, um dein Herz zu erleichtern?«
    Der Alte seufzte. »Der dritte Verrat, den ich beging, war der an Igraine. Er brachte das Größte und Beste hervor, was je den Menschen dieses Landes zuteil wurde, und die tiefste Verzweiflung, als es endete. Aber darüber«, sagte er und blickte auf, »solltet Ihr ihnen erzählen, Herrin Rhiannon, denn ich kann es nicht.«
    Die Königin der Insel sah ihn lange und nachdenklich an. Dann winkte sie den dreien. »Setzt euch hierher, und ich werde euch berichten von der dunkelsten Stunde von Prydain und dem letzten Verrat der Kinder Dôns an den Kindern Llŷrs.«
    Sie taten, wie ihnen geheißen worden war. Nur der Alte wollte sich nicht setzen, selbst als Rhiannon ihn erneut aufforderte.
    »Ich bleibe lieber stehen«, sagte er. »Ich wünschte mir nur eine Stütze, um meinen alten Körper darauf zu lehnen. Willst du mir nicht deinen Speer leihen, junger Mann?«
    Aber Hagen weigerte sich, der Bitte Folge zu leisten. »Ich traue dir immer noch nicht, hinter welchem Namen du dich auch verbirgst.«
    »Dann soll es wohl so sein«, meinte der Alte.
    Das Zwitschern der Vögel verblasste, als Rhiannon die Hand hob. Der Blick ihrer Augen zog sie alle in Bann, ihre Stimme war leise, doch keiner, der sie je reden hörte, vergaß eines ihrer Worte; denn sie waren wie Tropfen, die in ein tiefes, kristallklares Becken fielen.
    »In uralten Zeiten, als die Erde noch jung war, waren Cornwall, das heute das äußerste Ende der Insel der Mächtigen bildet, und die Reiche des Westens verbunden durch ein fruchtbares Land. Damals konnte man trockenen Fußes nach Avalon wandern, doch das Land sank, und das Meer stieg immer höher …«
    Siggi blickte erschrocken auf, und Rhiannon sah es in seinen Augen: »Ihr habt es gesehen, nicht wahr, das verlorene Land Lyonesse? Ah, wie schön war es, als ich in seinen Gärten wandelte! Doch es verging, wie eines Tages, in ferner Zukunft auch von den letzten Inseln des Westens nichts mehr geblieben sein wird.
    Aber zu manchen Zeiten, wenn die Stürme um das Kap Landende toben, verschlägt es ein Boot hinaus aufs offene Meer, und so gelangte ein Mann nach Avalon. Er sei nur ein einfacher Fischer, sagte er. Und er sah Igraine.
    Igraine war die Tochter von Gwen, der Tochter Branwens, der Tochter Llŷrs …«
    »Gwen!«, rief Gunhild aus. »Ich habe mich schon gefragt, was aus ihr geworden sein mag.«
    Sie hielt erschrocken inne, weil sie die Erzählerin unterbrochen hatte, aber diese sah sie nur mit Verwunderung an. »Du kennst die Geschichte?«
    »Taliessin – ich meine, Gwydion – hat sie mir erzählt. Aber mein Bruder und mein Freund kennen sie nicht, glaube ich, oder nicht so genau«, fügte sie hinzu.
    »Sie hatte das seltsamste aller Schicksale, von dem nichts in den alten Sagen erzählt wird. Als ihre Mutter gestorben war, blieb das Mädchen Gwen allein auf der Insel zurück, die heute den Namen Ynis Branwen trägt. Damals war jene Insel noch bei Ebbe mit der Ynis Avallach verbunden, und so fand sie schließlich den Weg hierher. Doch sie scheute sich, unter andere zu gehen, weil ihr Gesicht durch das Feuer entstellt war, in das ihr Onkel

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