Die Kinder Von Eden : Roman
Also versuchen wir‘s.«
Priest und Melanie fuhren in dem zerbeulten Cadillac nach Sacramento. Es war ein sonniger Samstagnachmittag, und in der Stadt wimmelte es von Menschen.
Kurz nach Mittag hatte Priest das Autoradio eingeschaltet und die Stimme von John Truth gehört, obgleich es gar nicht die übliche Zeit für seine Show war. »Hier ist eine Sondermitteilung an Peter Shoebury von der Eisenhower High School«, hatte Truth gesagt. Shoebury war die Identität des Mannes, in die Priest bei der Pressekonferenz des FBI geschlüpft war, und die Eisenhower High war die fiktive Schule, die Flower besuchte. Priest hatte erkannt, daß die Mitteilung an ihn gerichtet war. Truth war fortgefahren:»Ich möchte Peter Shoebury bitten, mich unter der folgenden Nummer anzurufen …«
»Die wollen einen Deal machen«, hatte Priest zu Melanie gesagt. »Hey, Mädel – wir haben sie am Arsch! Wir haben gesiegt!«
Während Melanie sich durch die Innenstadt quälte, umgeben von Hunderten von Autos und Tausenden von Menschen, rief Priest über das Autotelefon John Truth‘ Sender an. Selbst wenn die FBI-Leute den Anruf zurückverfolgten, würde es ihnen nicht gelingen, in dem Verkehrsgewühl ein bestimmtes Fahrzeug zu ermitteln.
Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er dem Freizeichen lauschte.
Ich hab‘ in der Lotterie gewonnen – und hier bin ich und will meinen Scheck holen.
Der Anruf wurde von einer Frau entgegengenommen.
»Hallo?« Ihre Stimme klang argwöhnisch. Vielleicht hatten sich nach der Aufforderung im Radio schon eine ganze Menge Spinner bei ihr gemeldet.
»Hier Peter Shoebury von der Eisenhower High School.«
Die Antwort erfolgte augenblicklich. »Ich werde Sie mit Al Honeymoon verbinden, dem Kabinettssekretär des Gouverneurs.«
Ja!
»Zuvor muß ich allerdings Ihre Identität überprüfen.«
Das ist ein Trick.
»Und wie wollen Sie das anstellen?«
»Sind Sie so freundlich, und sagen Sie mir den Namen der Redakteurin der Schülerzeitschrift, mit der Sie vor einer Woche die Pressekonferenz besucht haben?«
Priest erinnerte sich, daß Flower gesagt hatte: Ich werd‘dir nie verzeihen, daß du mich Florence genannt hast.
»Sie hieß Florence«, sagte Priest wachsam.
»Danke. Ich verbinde Sie jetzt weiter.«
Kein Trick – nur eine Vorsichtsmaßnahme.
Nervös ließ Priest den Blick über die Straßen schweifen, achtete angespannt auf Polizeifahrzeuge oder eine Gruppe von FBI-Leuten, die auf seinen Wagen losstürmten. Doch er sah bloß Kauflustige und Touristen. Einen Augenblick später fragte die tiefe Stimme von Al Honeymoon: »Mr. Granger?«
Priest kam sofort zur Sache: »Sind Sie bereit, die vernünftige Lösung zu wählen?«
»Wir sind bereit, mit Ihnen zu reden.«
»Was soll das heißen?«
»Der Gouverneur möchte sich heute mit Ihnen treffen und darüber verhandeln, wie wir einen Weg aus dieser Krise finden können.«
»Ist der Gouverneur bereit, den Baustopp anzuordnen, wie wir‘s verlangen?« fragte Priest.
Honeymoon zögerte. »Ja«, sagte er widerstrebend. »Aber unter bestimmten Bedingungen.«
»Wie sehen die aus?«
»Als wir uns in meinem Wagen unterhalten haben, Sie und ich, und ich Ihnen sagte, der Gouverneur dürfe keiner Erpressung nachgeben, da erwähnten Sie politische Ratgeber.«
»Ja.«
»Sie sind ein kluger Mann. Sie wissen, daß bei dieser Sache die politische Zukunft des Gouverneurs auf dem Spiel steht. Die offizielle Verkündung des Baustopps muß äußerst behutsam gehandhabt werden.« Honeymoon hat seine Einstellung geändert, dachte Priest voller Genugtuung. Die Arroganz war verschwunden. Nun brachte er seinem Widersacher Respekt entgegen. Na also.
»Mit anderen Worten, der Gouverneur muß sich aus der Schußlinie halten, und er will sicher gehen, daß ich ihm nicht den Arsch wegpuste.«
»So könnte man es sehen.«
»Wo soll das Treffen stattfinden?«
»Im Büro des Gouverneurs, hier im Kapitol.«
Du hast wohl nicht alle Latten im Zaun.
Honeymoon fuhr fort: »Keine Polizei, kein FBI. Wir garantieren Ihnen, daß Sie das Treffen ungehindert verlassen können, unabhängig vom Ergebnis des Gesprächs.«
Na klar doch.
»Glauben Sie an Feen?« fragte Priest.
»Bitte?«
»Sie wissen schon – kleine fliegende Weiber, die Zauber wirken können. Glauben Sie, die gibt‘s wirklich?«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Ich auch nicht. Deshalb werde ich Ihnen nicht in die Falle gehen.«
»Ich gebe Ihnen mein Wort …«
»Vergessen Sie‘s. Vergessen Sie‘s
Weitere Kostenlose Bücher