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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Zorn offen zu zeigen. Er mußte die Fassade der Gelassenheit wahren.
    Allerdings brachte er es nicht fertig, Dale und Poem ein aufrichtiges Lebewohl zu sagen. Hin- und hergerissen zwischen seiner Wut und der Notwendigkeit, sich beherrschen zu müssen, verließ Priest schweigend und mit so viel Würde, wie er nur aufbringen konnte, das Küchenhaus.
    Er kehrte zu seiner Hütte zurück.
    Nur noch zwei Tage, und alles wäre in Ordnung gewesen. Einen Tag nur!
    Er setzte sich aufs Bett und zündete sich eine Zigarette an. Spirit lag auf dem Boden und beäugte Priest mit traurigen Augen. Beide blieben stumm, rührten sich nicht. Priest erwartete, daß Melanie ihm jeden Moment in die Hütte folgte.
    Doch es war Star, die durch den Eingang trat.
    Sie hatte nicht mit Priest gesprochen, seit sie und Oaktree am vergangenen Abend mit dem Toyota- Kleinbus aus Felicitas hierher gefahren waren. Priest wußte, daß Star verärgert und erschüttert zugleich über das Erdbeben war. Bis jetzt hatte er nicht die Zeit gehabt, sie von der Notwendigkeit ihres Tuns zu überzeugen.
    »Ich gehe zur Polizei«, sagte sie.
    Was? Priest glaubte, sich verhört zu haben. Star verachtete die Bullen aus tiefster Seele. Star und ein Polizeirevier betreten? Das wäre ja, als würde Billy Graham in einen Schwulenclub gehen.
    »Du hast sie wohl nicht mehr alle«, sagte Priest.
    »Wir haben gestern Menschen getötet«, erwiderte Star. »Auf der Fahrt hierher habe ich die Nachrichten gehört. Mindestens zwölf Personen sind ums Leben gekommen, und mehr als einhundert mußten ins Krankenhaus. Kinder und Babys wurden verletzt. Menschen haben ihr Heim verloren, alles was sie besaßen – arme Leute, nicht bloß reiche. Und wir haben ihnen das angetan.«
    Alles bricht auseinander – gerade jetzt, wo ich kurz vor dem Sieg stehe!
    Priest griff nach Stars Hand. »Glaubst du vielleicht, ich wollte Menschen töten?«
    Sie wich zurück, weigerte sich, seine Hand zu ergreifen. »Du hast, weiß Gott, nicht traurig ausgesehen, als es passiert ist.«
    Ich muß den Zusammenhalt wahren! Nur noch ganz kurze Zeit, bis wir unser Ziel erreicht haben. Ich muß!
    Priest setzte eine schuldbewußte Miene auf. »Ja, ich war glücklich, daß der seismische Vibrator funktioniert hat. Ich war froh darüber, daß wir unsere Drohung wahrmachen konnten. Aber ich hatte nicht vor, jemanden zu verletzen. Ich wußte, daß es riskant ist, aber ich bin das Wagnis nur deshalb eingegangen, weil etwas so Wichtiges auf dem Spiel stand. Ich dachte, du hättest die gleiche Entscheidung getroffen.«
    »Das habe ich auch, und es war eine schlechte Entscheidung, eine gottlose Entscheidung.«
    Tränen traten ihr in die Augen. »Um Himmels willen, siehst du denn nicht, was mit uns geschehen ist? Wir waren mal junge Leute, die an die Liebe glaubten und an den Frieden – und jetzt bringen wir Menschen um!
    Du bist genau wie Lyndon Johnson. Er hat Vietnam bombardiert und das auch noch gerechtfertigt! Damals waren wir der Meinung, daß der Mann ein Schwein ist – und wir hatten recht damit. Mein ganzes Leben hatte ich dem Ziel verschrieben, genau so nicht zu werden!«
    »Du meinst also, du hast einen Fehler gemacht«, sagte Priest. »Das kann ich verstehen. Aber ich kann beim besten Willen nicht begreifen, daß du dich reinwaschen willst, indem du mich und die ganze Kommune bestrafst. Du willst uns an die Bullen verraten.«
    Star blickte ihn fassungslos an. »So habe ich das nicht gesehen«, sagte sie. »Ich will niemanden bestrafen.«
    Jetzt hatte er sie in die Ecke gedrängt. »Was willst du dann wirklich?« Priest ließ ihr keine Zeit zu antworten. »Du willst sicher sein, daß es vorbei ist, nicht wahr?«
    »Ich nehm‘s an, ja.«
    Priest streckte den Arm nach ihr aus, und diesmal ließ sie zu, daß er ihre Hände ergriff. »Es ist vorbei«, sagte er leise.
    »Ich weiß nicht …«
    »Es gibt keine weiteren Erdbeben. Der Gouverneur wird nachgeben. Du wirst schon sehen.«
    Als Judy zurück nach San Francisco fuhr, wurde sie telefonisch nach Sacramento umgeleitet, um an einem Treffen im Büro des
    Gouverneurs teilzunehmen. Es gelang ihr, drei oder vier Stunden im Auto zu schlafen, und als sie schließlich vor dem Kapitol hielt, fühlte sie sich wieder so fit und ausgeruht, daß sie es mit der ganzen Welt hätte aufnehmen können.
    Stuart Cleever und Charlie Marsh waren von San Francisco eingeflogen. Der Chef der FBI-Außenstelle Sacramento war ebenfalls zugegen. Sie trafen sich am Mittag im

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