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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ist kein schlechter Kerl«, fuhr Priest fort, »das weißt du.« Hör auf zu kollern wie ein Truthuhn. Du klingst nervös. Du mußt ganz unverkrampft wirken …
    »Hast du einen Lastwagenführerschein?«
    »Seit meinem einundzwanzigsten Geburtstag.« Priest zog den Führerschein aus seiner Brieftasche und warf ihn auf den Tisch. Es war eine Fälschung. Star besaß genau den gleichen, ebenfalls gefälscht. Paul Beale wußte, wo man so etwas bekam.
    Lenny prüfte das Papier, blickte auf und fragte argwöhnisch:»Sag mal, was hast du eigentlich vor? Ich dachte, du willst nicht nach New Mexico.«
    Red nicht so lange um den heißen Brei herum, Lenny. Raus mit der Sprache: ja oder nein? . »Plötzliche Eingebung: Ich hätte noch Verwendung für fünfhundert Dollar extra.«
    »Ich weiß nicht …«
    Du Hurensohn! Ich hab‘ wen umlegen müssen dafür, also mach schon!
    »Wie war‘s mit zweihundert?«
    Und ob! Danke! Danke dir, Lenny! Er tat, als zögere er. »Zweihundert sind nicht viel für drei Tage Arbeit.«
    »Das sind nur zwei Tage, höchstens zweieinhalb. Ich geb‘ dir zweihundertfünfzig.«
    Ist mir egal. Hauptsache, du rückst die Schlüssel raus!
    »Hör zu, ich mach‘s sowieso, ganz egal, was du mir zahlst. Mario ist ein netter Kerl, und ich will ihm helfen. Gib mir einfach, was du für angemessen hältst.«
    »Okay, du Schlitzohr, dreihundert.«
    »Einverstanden.« Jetzt gehört der Vibrator mir!
    »Und vielen Dank für deine Hilfe«, fügte Lenny hinzu. »Weiß ich echt zu schätzen.«
    Priest mußte ein triumphierendes Grinsen unterdrücken. »Ich auch«, sagte er.
    Lenny zog eine Schublade auf, entnahm ihr ein Formular und schnippte es über den Schreibtisch. »Hier, füll das aus. Wegen der Versicherung.«
    Priest erstarrte.
    Er konnte weder schreiben noch lesen.
    Furchtsam starrte er auf das Formular.
    »Nun mach schon, um Himmels willen!« sagte Lenny ungeduldig. »Das ist doch keine Klapperschlange.«
    Ich verstehe kein Wort, tut mir leid. Diese Striche und Schnörkel auf dem Papier hüpfen und tanzen mir vor den Augen herum, und ich kann sie einfach nicht dazu bringen, stillzuhalten!
    Lenny glotzte die Wand an und wandte sich an ein unsichtbares Publikum: »Vor einer Minute hätte ich noch geschworen, daß der Mann hellwach ist.«
    Ley, tor, pur-doy-kor.
    Priest streckte langsam die Hand aus und nahm das Formular an sich.
    »Na, was ist denn so schwierig daran?«
    »Ach, ich mußte nur gerade an Mario denken«, sagte Priest. »Ich hoffe, es geht ihm gut.«
    »Vergiß ihn. Füll den Wisch aus und mach dich auf die Socken. Die Kiste soll so schnell wie möglich nach Clovis.«
    »Gut.« Priest erhob sich. »Ich füll‘ ihn draußen aus.«
    »Okay. Jetzt kann ich mich endlich um meine anderen siebenundfünfzig Probleme kümmern.«
    Priest verließ Lennys Raum und ging ins Hauptbüro zurück.
    Das hast du doch schon hundertmal erlebt. Reg dich ab. Du weißt doch, wie du mit solchen Situationen umzugehen hast.
    Vor Lennys Tür blieb er stehen. Niemand nahm Notiz von ihm. Alle waren beschäftigt.
    Er betrachtete das Formular. Die Großbuchstaben ragen heraus wie Bäume aus einem Gebüsch. Wenn sie nach unten ragen, hältst du den Zettel verkehrt herum.
    Er hielt ihn verkehrt herum. Er drehte ihn um.
    Manchmal gab es auf solchen Papieren ein großes, fettgedrucktes X. Es konnte auch handschriftlich hinzugefügt sein – manchmal mit Bleistift, manchmal mit roter Tinte – und zeigte an, wo man unterschreiben mußte. Dieses Formular hatte keine solchen leicht erkennbaren Markierungen. Seinen Namen konnte Priest schreiben, wenigstens halbwegs. Er brauchte allerdings eine Weile dazu und wußte, daß nicht viel mehr als Gekritzel dabei herauskam, aber er schaffte es.
    Das war allerdings auch schon alles.
    Als Kind war er so helle gewesen, daß er auch ohne Lesen und Schreiben auskam. Im Kopfrechnen war er schneller als alle anderen – obwohl er nicht einmal die Zahlen lesen konnte. Sein Gedächtnis war unfehlbar. Wenn er andere Menschen nach seiner Pfeife tanzen lassen wollte, brauchte er nichts niederzuschreiben; das klappte immer auch so. In der Schule fand er Mittel und Wege, das Vorlesen zu umgehen. Schriftliche Aufgaben ließ er von Mitschülern erledigen, und wenn das aus irgendwelchen Gründen nicht ging, gab es tausend Ausreden. Am Ende zuckten die Lehrer nur noch resigniert mit den Schultern und sagten, wenn ein Kind partout nicht lernen wolle, könnten sie es nicht dazu zwingen. Bald galt er als

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