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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Haarschnitt. Er trug eine Army-Tarnjacke, was Judy für allzu effekthascherisch hielt.
    Neben ihr stand Dusty, hielt vertrauensvoll ihre Hand und schaute zu, wie sein Daddy interviewt wurde. Michael sagte soeben: »Ja, wir können die Bereiche lokalisieren, an denen Erdbeben am ehesten ausgelöst werden könnten – aber leider können wir nicht sagen, welche Gegend die Terroristen gewählt haben, bis sie den seismischen Vibrator in Betrieb setzen.«
    »Und welchen Rat geben Sie den Bürgern?« fragte Alex Day. »Wie können sie sich schützen, falls es ein Erdbeben gibt?«
    »Das Motto lautet ›Ducken, Decken und Warten‹. Das ist der beste Ratschlag«, erwiderte Michael.
    »Zum Beispiel, sich unter einen Tisch oder einen Schreibtisch zu ducken, das Gesicht zum Schutz vor umherfliegenden Glassplittern zu bedecken und in dieser Haltung zu bleiben, bis die Erschütterungen aufhören.«
    Judy flüsterte Dusty zu: »Okay, geh jetzt zu Daddy.«
    Dusty erschien im Bild. Michael hob den Jungen auf ein Knie. Wie aufs Stichwort fragte Alex Day: »Gibt es besondere Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen?«
    »Nun ja, man sollte die eben geschilderten Notfallmaßnahmen, das ›Ducken, Decken und Warten‹, am besten sofort mit ihnen üben, damit die Kinder von allein wissen, wie sie sich verhalten müssen, wenn sie einen Erdstoß spüren. Und man sollte dafür sorgen, daß sie festes Schuhwerk tragen, keine Riemchenschuhe oder Sandalen, denn nach einem Beben ist der Boden mit Glassplittern übersät. Außerdem sollte man darauf achten, daß die Kinder immer in der Nähe bleiben, damit man sie nicht suchen muß, wenn alles vorbei ist.«
    »Gibt es weitere Verhaltensregeln?«
    »Ja. Nicht aus dem Haus rennen. Bei Erdbeben werden die meisten Verletzungen durch herunterfallende Ziegelsteine und andere Trümmerstücke von zerstörten Gebäuden verursacht.«
    »Vielen Dank, daß Sie heute bei uns waren, Professor Quercus.«
    Alex Day lächelte Michael und Dusty für einen langen, erstarrten Augenblick an; dann sagte der Kameramann: »Prima.«
    Alle entspannten sich. Das Fernsehteam beeilte sich, seine Ausrüstung zu verstauen.
    »Wann darf ich im Hubschrauber zu Grandma fliegen?« fragte Dusty.
    »Jetzt sofort«, erwiderte Michael.
    »Wann wird das Gespräch gesendet, Alex?« erkundigte sich Judy.»Wir brauchen es kaum zu schneiden, deshalb kann es gleich rausgehen. In der nächsten halben Stunde, würde ich sagen.« Judy schaute auf die Uhr. Es war viertel nach fünf.
    Priest und Melanie gingen eine halbe Stunde zu Fuß, ohne ein Taxi zu sehen. Schließlich rief Melanie über ihr Handy ein Taxiunternehmen an. Sie und Priest warteten, doch es kam kein Taxi.
    Priest war nahe daran, durchzudrehen. Da hatte er alles unternommen, was in seiner Macht stand – und nun war sein großer Plan in Gefahr, bloß weil er kein gottverdammtes Taxi auftreiben konnte!
    Schließlich aber kam ein staubiger Chevrolet zu Pier 39 gefahren. Der Fahrer hatte einen unleserlichen mitteleuropäischen Namen, und er schien von einem Joint angeturnt zu sein. Er verstand kein Englisch, bis auf ›links‹ und ›rechts‹, und er war vermutlich der einzige Mensch in San Francisco, der noch nicht von dem drohenden Erdbeben gehört hatte.
    Zwanzig nach sechs waren Priest und Melanie wieder am Lagerhaus.
    In der Kommandozentrale des Krisenstabes ließ Judy sich in ihren Bürosessel fallen und starrte das Telefon an.
    Es war fünf vor halb sieben. In fünfundzwanzig Minuten würde Granger den seismischen Vibrator in Betrieb setzen. Falls er so gut funktionierte wie bei den letzten beiden Malen, gab es ein weiteres Erdbeben, und diesmal würde es das verheerendste sein. Vorausgesetzt, Melanie hatte die Wahrheit gesagt, und der Vibrator befand sich irgendwo auf der Halbinsel von San Francisco, würde das Beben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die Stadt treffen.
    Etwa zwei Millionen Menschen waren seit Freitagabend – als Granger in der John-Truth-Show angekündigt hatte, das nächste Beben würde San Francisco heimsuchen – aus dem Gebiet der Metropole geflüchtet. Blieben aber immer noch mehr als eine Million Männer, Frauen und Kinder, die nicht in der Lage oder nicht dazu bereit waren, ihre Häuser zu verlassen: die Armen, die Alten und die Kranken; dazu die Polizisten, Feuerwehrleute, Krankenschwestern und andere städtische Bedienstete, die in Bereitschaft standen, mit den Rettungsarbeiten zu beginnen. Zu den Polizisten zählte

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