Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
junger Mann. Du bist hier, um mit uns zu reden. Was hast du zu sagen?«
Arducius wurde knallrot und warf einen fragenden Blick zu Jhered, der aufmunternd nickte.
»Ich denke nur, dass sie nicht damit gerechnet haben, hierherzukommen. Jedenfalls nicht, als die Kämpfe in Tsard begonnen haben.«
Roberto lehnte sich zurück und hob nun seinerseits eine Hand vor seinen Mund, um sein Lächeln zu verbergen.
»Wie lange dienen wir in den Legionen?«, fragte er.
Es gab ein kurzes Schweigen.
»Insgesamt dürften es an die neunzig Jahre sein«, sagte Neristus.
»Der größte Teil davon geht auf deinen Buckel, Rovan«, fügte Davarov hinzu.
Gelächter brandete auf.
Roberto brachte sie zum Schweigen. »Danke, junger Mann, dass du uns die Augen geöffnet hast. Vor einhundert Tagen kämpfte das Königreich von Tsard ums Überleben. Sie verloren im Norden und Süden an Boden und waren kurz davor, völlig unterzugehen. In Atreska haben sie Trupps von Freischärlern eingesetzt und konnten nicht mehr darauf hoffen, irgendeinen größeren Erfolg zu erringen. Jetzt aber bedrohen sie das Herz der Konkordanz. Natürlich sind sie nicht bereit, und natürlich sind sie schlecht organisiert. Die meisten ihrer Kommandeure haben noch nie eine Invasion geführt. Guter Gott, der über uns wacht, wir haben vier Jahre gebraucht, bis wir für den Feldzug gegen Tsard gerüstet waren, und hier an diesem Tisch sitzen einige, die denken, die Zeit der Vorbereitung sei immer noch nicht lang genug gewesen, was sich jetzt als richtig herausstellt.
Die Tsardonier haben nach unserer Niederlage in Scintarit die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen, und bisher ging aus ihrer Sicht alles wie gewünscht. Yuran wurde abtrünnig, sie konnten sich Atreska einverleiben und Jorganesh ausschalten. Ihre Flotte ist unterwegs. Aber jetzt sind wir an der Reihe. Wir können die jagen, die bereits nach Gestern eingedrungen sind, oder denen in den Rücken fallen, die an der Hauptstraße nach Kirriev die Grenze angreifen.« Er hob beide Hände. »Was sollen wir tun?«
»Wir haben keine Wahl«, sagte Jhered. »Wir müssen einen der wichtigsten Häfen im Westen von Gestern sichern. Es ist unangenehm, dass sich die Tsardonier unterdessen ohne Gegenwehr in Gestern herumtreiben können, aber das wird nicht lange so bleiben. Wenn wir die Eindringlinge am Hafen von Kirriev schlagen, wird Mardovs Verteidigung entlastet, und sie kann sich selbst um den Rest kümmern. Du hast dann Zeit, umzukehren und die Überreste der geschlagenen tsardonischen Armee nach Norden zu jagen, und kannst anschließend weiterziehen, um die Grenze von Neratharn zu sichern.«
»Meine Legionen freuen sich schon auf den Gewaltmarsch«, sagte Roberto.
»Aber er hat recht, oder?«, warf Davarov ein. »Es sei denn, in Kirriev sind genügend Schiffe, um uns alle zu befördern, aber das ist ganz sicher nicht der Fall.«
»Die Zeit wird knapp«, überlegte Roberto. »Wie lange kann Neratharn sich noch halten?«
»Sie müssen durchhalten, bis du dort eintriffst«, sagte Jhered. »Also musst du ihnen Hoffnung schenken. In Kirriev gibt es nicht genug Schiffe, um elftausend Krieger nach Neratharn zu bringen, aber du kannst eines davon benutzen und einen Boten schicken.«
Roberto sah sich am Tisch um. Niemand widersprach.
»Einverstanden«, stimmte er zu. »Nun ist die Frage, ob wir die Feinde unbemerkt erreichen können.«
»Ein wenig vorzeitiger Schnee könnte uns übermorgen sehr gelegen kommen«, sagte Kastenas.
»Dann will ich darum beten«, pflichtete Davarov bei.
»Nicht nötig«, widersprach Jhered.
»Ich hatte ganz vergessen, dass du dich von Gott abgewandt hast, mein Schatzkanzler«, entfuhr es Roberto. Jhered reagierte nicht darauf.
»Arducius, glaubst du, du könntest einen kleinen Schneesturm veranstalten?«
Aller Augen ruhten auf dem jungen Aufgestiegenen. Er zuckte mit den Achseln.
»Natürlich. Ich kann die Wolken aus Kark herüberholen.«
Ungläubiges Schweigen senkte sich über den Tisch. So beiläufig hatte es geklungen, und so unglaublich war es.
»Ist das wirklich möglich?«, zweifelte Davarov.
»Jetzt kommt es darauf an, was?«, antwortete Jhered. »Wenn Arducius sagt, dass er es kann, dann kann er es auch.«
»Was wird geschehen, Arducius?«, fragte Roberto.
»Im Augenblick sind wir hier dem Einfluss von zwei Wetterfronten ausgesetzt«, erklärte er mit zunehmendem Selbstbewusstsein. »Über Kark weht ein sehr starker Wind, der die Wolken zu uns treibt. Sie entladen sich
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