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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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war. Er ging hinein und fand sich in einem Geräteschuppen wieder. Das war nicht gerade das, woran er bei der Suche nach Kathi gedacht hatte. Dieser Pfarrer hatte sie wahrscheinlich hoch unter den Dachstuhl bringen lassen. Dort war sie sicherer als …
    Ein Schluchzen ließ ihn aufhorchen. Er schaute sich um und sah einen Pflug, Hacken und Rechen, Körbe, Werkzeug … und eine Tür. Das Geräusch kam eindeutig von dort. Vorsichtig näherte er sich ihr.
    «Ist da jemand?»
    Das Weinen verstummte.
    Er legte sein Ohr an die Tür. «Ist da jemand?»
    «Volkhardt, bist du das?»
    Kathi. Eindeutig. «Ja, Teufel noch mal. Was machst du dadrin?» Er versuchte, die Tür zu öffnen, rüttelte daran. «Mach auf.»
    «Die Schwester hat abgeschlossen. Komm zur Seite, da ist ein kleines Fenster.»
    Er folgte der Anweisung. Eine Öffnung ließ Luft in die Kammer strömen. Die Luke war ausreichend groß, beide konnten sich sehen.
    «Was machst du hier?», fragte Kathi.
    «Ich bin gekommen, um dich zu warnen.»
    Seitdem sie den Jungen mit den stechenden Augen an seiner Seite gesehen hatte, traute sie ihm nicht mehr.
    «Vor wem oder vor was willst du mich denn warnen?»
    «Vor Lorentz. Er will gegen dich aussagen.»
    «Ist das der Junge, der mit dir auf dem Sanderanger war?»
    «Ja, warum fragst du?»
    «Wieso soll ich dir trauen, wenn einer deiner Leute gegen mich aussagt.»
    Volkhardt seufzte. «Er gehört nicht länger zu uns … oder um ehrlich zu sein: Die Schwarzen Banden gibt es nicht mehr.»
    «Wieso denn das?»
    «Lorentz hat alle aufgestachelt, es dir nachzumachen. Jetzt folgen sie ihm und nicht mehr mir.»
    Kathi stutzte. «Was will er denn damit erreichen?»
    «Dreimal Essen am Tag, saubere Kleidung, ein Bett. Alles, was ihr habt, du und deine Freunde, seitdem ihr zum Schalksberg geflogen seid.»
    «Nichts davon ist wahr.»
    «Ich weiß.»
    «Woher?»
    «Ich habe das Gleiche schon einmal erlebt. In meiner Heimat im Hohenlohischen. Auch da haben Kinder Erwachsene bezichtigt.»
    «Wie ist es da ausgegangen?»
    «Blutig.»
     
    Ganz ohne Blutvergießen war eine Rache an den Erwachsenen nicht möglich, das war Kathi klar. Die Frage war nur, wie konnte sie alles eindämmen, dass nur die zur Rechenschaft gezogen wurden, die es auch wirklich verdienten.
    «Kannst du mich hier rausholen?», fragte sie.
    «Einen Moment. Hier liegt Werkzeug, ich muss nur etwas Passendes finden.»
    Er schaute sich um. Drüben an der Wand stand ein Schreinertisch. Hammer, Säge und Beil konnten nicht weit sein.
    «Beeil dich», drängte Kathi. «Schwester Walburga ist gleich zurück.»
     
    Keine zwanzig Schritte war Walburga mehr vom Schuppen entfernt. Sie schleppte schwer an dem Krug mit Wasser. Aber es war notwendig. Das Mädchen musste sich waschen, so schmutzig wie es war. Ähnlich wie dieser Junge, den der Bruder von einer dicken Schicht Dreck befreit hatte. Trotzig saß er auf dem Rand der Tränke und ließ sich wie ein nasses Schaf trocken reiben.
    «Jetzt bist du wieder als ein Mensch erkennbar», sagte Bruder Timotheus. «Gnade dir unser allmächtiger Herr im Himmel, wenn ich dich noch einmal so erwische.»
    Er lächelte Walburga an. «Schwester, was macht Ihr in unseren bescheidenen Mauern?»
    Sie lächelte zurück. «Pfarrer Ludwig hat mich gebeten, ihm auszuhelfen.»
    «Ludwig? Dann habt Ihr mit seinen Kindern zu tun?»
    «So der Herr es will.»
    Vom Tor her hörten sie Pferdegetrappel. Sie sahen Faltermayer, hoch zu Ross.
    Er schaute sich um, wo er Ludwig und die Kinder finden würde. Auf dem Hof waren nur ein Bruder, ein halbnackter Junge und eine Nonne zu sehen. Was machte eine Nonne hier?
    «Wo hält sich Pfarrer Ludwig auf?», fragte er sie.
    Bruder Timotheus zeigte hinüber zu einer offenstehenden Tür. «Oben, im ersten Stock, ist der Schlafsaal. Dort sind sie alle versammelt.»
    Faltermayer saß ab, drückte Timotheus wie selbstverständlich die Zügel in die Hand und machte sich auf den Weg. Er musste erfahren, wie sich die Kinder entschieden hatten, nachdem er Ludwig unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, dass er in diesem Fall keine weitere Unklarheit mehr wünschte. Ein Vorfall wie auf dem Sanderanger durfte sich nicht wiederholen. Es hatte ihn einen seiner besten Hexenjäger gekostet. Dürr war als Sohn einer besagten Hexe nicht länger haltbar. Er konnte nur hoffen, dass er seine Mutter rechtzeitig aus der Stadt geschafft hatte, bevor die Knechte sie ergriffen. Nicht auszudenken, wenn sie gestand. Er würde die

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