Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
dass Whiteread und Simms die Drogen auf dem Boot deponiert haben?« Rebus zuckte die Achseln. »Leuten wie Whiteread traue ich fast alles zu.« »Weshalb?« Er sah sie an. »Ich meine«, fuhr sie fort, »Sie waren schon immer ziemlich schweigsam, was Ihre Militärzeit angeht.« »Das waren auch nicht gerade die glücklichsten Jahre meines Lebens«, gestand er ein. »Ich habe miterlebt, wie Kameraden von der Armee seelisch zu Grunde gerichtet wurden. Auch ich hab's nur mit Ach und Krach geschafft, nicht wahnsinnig zu werden. Kurz bevor ich den Dienst quittiert habe, kriegte ich einen Nervenzusammenbruch.« Rebus versuchte, die Erinnerungen zu verdrängen. Er dachte an all die bequemen Binsenweisheiten: Vorbei ist vorbei... nach vorne schauen und nicht zurück... »Ein Typ - dem ich recht nahe stand - ist während der Ausbildung zusammengeklappt. Man hat ihn rausgeschmissen, ihn aber nicht entschärft...« Seine Stimme erstarb.
»Was ist passiert?« »Er gab mir die Schuld und wollte sich rächen. War lange vor Ihrer Zeit, Siobhan.« »Sie verstehen also, wieso Herdman ausgerastet ist?« »Vielleicht.« »Aber Sie sind sich nicht sicher, dass es wirklich so war?« »Normalerweise gibt es Warnzeichen. Herdman war kein typischer Einzelgänger. Es gab kein Waffenarsenal bei ihm zu Hause, nur die eine Pistole...« Rebus schwieg einen Moment. »Wäre nicht schlecht, wenn wir wüssten, wann er sie gekauft hat.« »Die Pistole?« Rebus nickte. »Dann wüssten wir, ob er sie speziell für diesen einen Zweck gekauft hat.« »Wenn er Drogenschmuggler war, dürfte er den Wunsch nach irgendeiner Art von Schutz gehabt haben. Das würde die Mac 10 im Bootshaus erklären.« Siobhan beobachtete eine junge blonde Frau, die gerade hereingekommen war. Der Barkeeper kannte sie offenbar. Er schenkte ihr einen Drink ein, als sie noch gar nicht an der Theke stand. Anscheinend ein Barcadi-Cola. Ohne Eis. »Die vielen Befragungen haben nichts gebracht?«, fragte Rebus. Siobhan schüttelte den Kopf. Er hatte die Vernehmungen der Kriminellen und der Waffenhändler gemeint. »Bei der Brocock handelt sich's nicht um das neuste Modell. Wie es scheint, glaubt man inzwischen, dass er sie schon besaß, als er hierher gezogen ist. Und in Sachen Maschinengewehr tappt man im Dunkeln.« Rebus dachte nach, und Siobhan schaute zu, wie Rod McAllister sich vorbeugte und mit den Unterarmen auf der Theke abstützte, während er in ein Gespräch mit der Blondine vertieft war... mit der Blondine, die Siobhan irgendwie bekannt vorkam. Er hatte den Kopf leicht zur Seite geneigt und wirkte viel zufriedener als sonst. Die Frau rauchte, blies aschgraue Rauchwolken deckenwärts. »Tun Sie mir einen Gefallen«, sagte Rebus plötzlich. »Rufen Sie bei Bobby Hogan an.« »Wieso?« »Weil er momentan wahrscheinlich keine Lust hat, mit mir zu reden.« »Und aus welchem Grund rufe ich ihn an?« Siobhan hatte ihr Handy bereits gezückt. »Um ihn zu fragen, ob Whiteread Lee Herdmans Militärakte herausgerückt hat. Die Antwort lautet vermutlich nein, und in diesem Fall hat er sich bestimmt direkt an die Armee gewandt. Ich will wissen, ob er dort Erfolg hatte.« Siobhan nickte und drückte auf die Handy-Tasten. Danach redete von den beiden vorläufig nur sie.
»DI Hogan, hier ist Siobhan Clarke...« Während sie zuhörte, schaute sie zu Rebus hoch. »Nein, ich habe keine Ahnung, worum es ging... ich glaube, man hat ihn ins Präsidium beordert.« Sie sah Rebus fragend an, und er nickte, als Zeichen, dass sie das Richtige gesagt hatte. »Ich rufe an, weil ich gerne gewusst hätte, ob Sie schon Gelegenheit hatten, Ms. Whiteread nach Herdmans Akte zu fragen?« Sie lauschte Hogans Antwort. »Na ja, John hat es mir gegenüber erwähnt, und ich dachte, ich frage mal nach...« Sie hörte erneut zu und kniff dabei die Augen fest zusammen. »Nein, er ist nicht hier und hört mit.« Sie öffnete die Augen wieder. Rebus zwinkerte ihr zu, um ihr zu sagen, dass sie das prima mache. »Mhm... hmm...« Sie hörte Hogan zu. »Klingt, als wäre sie nicht so kooperativ, wie wir das gerne hätten... Ja, ich glaube sofort, dass Sie ihr die Meinung gesagt haben.« Ein Lächeln. »Was hat sie geantwortet?« Erneutes Zuhören. »Und haben Sie den Rat befolgt?... Und was hat man in Hereford gesagt?« Gemeint war das Hauptquartier des SAS. »Man verweigert uns also Akteneinsicht?« Ein erneuter Blick auf Rebus. »Tja, er kann manchmal ein ziemlich schwieriger Zeitgenosse sein, das wissen Sie so gut wie
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