Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
die Neue vom eigenen Ex trifft man als Frau ja grundsätzlich so gerne wie auf einen Vergewaltiger im Stadtpark.
Allerdings sah meine Nachfolgerin aus, wie eine in die Jahre gekommene Kugelstoßerin aus der ehemaligen DDR. Inklusive Tattoo am kraterdurchsetzten, pockennarbigen Oberarm. Und sie saugte. Und zwar Staub. Vielleicht wirken Frauen, die staubsaugen, auf Männer ähnlich erotisch wie umgekehrt Männer, die mit bloßen Händen Tiere töten, auf Frauen. Als ich dieses Stück Frau sehr fassungslos von hinten betrachtete, wurde mir urplötzlich klar, was passiert sein musste: Rainer war einsam und/oder besoffen gewesen und hatte nachts auf RTL 2 eine dieser Telefon-Hotline-Werbungen gesehen. Eine von denen, bei denen eine weibliche Stimme versichert, dass »ältere Frauen auf deinen Anruf warten«. Aus irgendwelchen Gründen hatte die Frau am anderen Ende der Telefonleitung dann etwas verwechselt. Sie hatte nicht Rainer kommen lassen, sondern war stattdessen selber gekommen. Und geblieben. Vielleicht waren die beiden auch ins Plaudern gekommen, er hatte erzählt, wie alleine er sich gerade fühlt oder wie schmutzig bei ihm alles ist. Oder er hatte sie an ihren Sohn (oder Enkel) erinnert und Mitleid bekommen. Wie auch immer – dieses »Ding« feudelte jetzt gerade über das Weinregal, das wir letztes Jahr von meinem Onkel Rolf geschenkt bekommen hatten.
Und ich konnte nichts anderes tun, als stumm zu glotzen. In dem Moment drehte sich das Urvieh von einer Unterschichtenfrau zu mir um, nahm die Kopfhörer aus den Ohren und grinste mich an. Die grinste mich an! »Ah, hi, du bist Ramona«, sagte sie mit genau der verrauchten Stimme, mit der sie offenbar auch Rainer um den Verstand gebracht hatte. Keine Frage, sondern eine Feststellung. »Du bist Ramona.« Na prima, was hatte mein aktueller Ex-Freund der denn noch alles erzählt? Wo ich zur Schule gegangen bin? Wie mein erstes Haustier hieß? Wann ich meine Tage bekomme?! Ich konnte weiterhin nur stumm glotzen.
»Ich bin Anita, Rainer kommt so gegen sechs. Wusste der, dass du heute schon hier aufschlägst? Ich glaub nämlich, ich sollte eine Überraschung für dich werden.«
Sprach’s, steckte sich die Kopfhörer zurück in die Ohren und feudelte weiter. Ich ging langsam rückwärts Richtung Flur und zwickte mich manisch, immer und immer wieder. Das war mal definitiv eine Variante von »DAS soll es jetzt also gewesen sein?!«, die ich nicht auf dem Schirm hatte, wenn ich über Rainers und mein Ende nachdachte. Wenn die Beziehung in die Brüche geht, ist die erste Frage nicht »Warum?!«, sondern »Wohin?!«.
Als Rainer mich um zehn Uhr abends bei meinen Eltern abholte, nachdem er mich bereits bei Vera, Nicole, Steffi und sogar zwei meiner Exfreunde gesucht hatte, erklärte er mir »Anita«. Ich tat so, als hätte ich mir das von Anfang an gedacht und wäre nur aus einem Anflug von spontanem Familiensinn meine Eltern besuchen gefahren.
Rainer wunderte sich zwar, dass ich nicht vorher wenigstens noch die Biosachen in den Kühlschrank geräumt hatte, war aber nicht wirklich sauer, da »Anita« das für mich übernommen hatte. Nachdem ich die Tür hinter mir zugeschlagen und ihren Schlüssel am Schlüsselbund verbogen hatte. Das kam aber erst eine Woche später raus.
Du traust mir aber auch alles Schlechte zu, das ist ja unglaublich.
Nee, Erfahrung …
Da steht eine Frau in der Wohnung, die aussieht wie ein polnischer Fernfahrer, und du denkst: »Typisch Rainer, kaum bin ich aus dem Haus, holt er sich ’ne andere!« Anita sieht ja nicht mal ansatzweise aus wie mein Beuteschema.
Doch, klar, sie ist im weitesten Sinne eine Frau, und du bist Rainer.
Phantastisch.
Bei Männern und Science-Fiction ist erst mal alles denkbar.
Ich hoffe, das ist nicht deine Antwort, wenn die Polizei dich mal nach einem Alibi für mich fragt.
Darf ich dich kurz an die Frau mit den Tatzen erinnern?
Hm?
Die Schlampe aus deiner Kantine.
Hm?
Warte, da gibt’s doch in der Kiste auch was … hier, die vier Schnapsfläschchen.
Die sind leer.
Klar sind die leer. Die hab ich in der Nacht ausgetrunken, als ich auf dich gewartet habe …
Die Sache mit dem Lügen
Männer lügen, und Frauen wollen die Wahrheit nicht hören. Insofern ergänzen sie sich ausnahmsweise mal. Das gilt weltweit und generationsübergreifend. Das was die Welt im Innersten zusammenhält, mein lieber Herr Faust, ist die Lüge. Sonst kämen wir alle ja gar nicht miteinander aus. Für mich ist zum Beispiel
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