Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
die ich kaufen soll. Ich hab das Gefühl, dass ich es bin, der sich bei ihr bewirbt, und die Chancen gerade eher gegen mich stehen. Anita hätte jetzt gern einen Schlüssel zur Wohnung. Frauen, die direkt sagen, was sie wollen, machen Männern Angst, genauso wie Clowns, Zahnärzte oder kleine Mädchen, die an Schönheitswettbewerben teilnehmen. Es hat ein knappes Jahr gedauert, bis ich Ramona einen Schlüssel gegeben habe. Es war damals ein großes Ding und wurde mit einem feierlichen Essen begangen. Anita kriegt meinen Schlüssel nach zehn Minuten.
Ob sie in der Wohnung rauchen könne, will sie wissen. »Nur auf dem Balkon«, sage ich.
»Aber jetzt im Winter ja wohl nicht, oder?« Es klingt nicht wie eine Frage.
Anita ist tätowiert und Ende vierzig. Sie sieht so aus, als wäre sie bei zwei Folgen Frauentausch dabei gewesen und könnte locker eine Kneipenschlägerei gegen Katy Karrenbauer gewinnen.
Ich setze mich an den Schreibtisch, Anita setzt sich Kaffee auf und hat zudem ein Radio mitgebracht. Es spielt die Hits der 90er, 2000er und das Beste von heute, sagt es jedenfalls alle drei Minuten. An Arbeiten ist nicht zu denken, weder bei mir, noch offensichtlich bei Anita. Wann immer ich aus meinem Arbeitszimmer gucke, sitzt sie rauchend in der Küche und telefoniert. Dabei fallen die Worte »… irgend so ’ne Tucke, die was schreibt«, und ich fühle mich gemeint. Ich bin geneigt, das Bums-Shirt aus der Wäsche zu holen, um ihr meine Heterosexualität zu beweisen. Anita und das Radio vertreiben mich auf den Balkon, wo es zwar arschkalt ist, aber ruhig.
Binnen einer Stunde hat Anita die Wohnung übernommen. Sie wird nie mehr weggehen. Wir werden zusammen alt werden. Um Personal zu haben, muss man adelig geboren werden. Unsereins sollte damit leben, dass Staub ein mahnendes Zeichen Gottes ist.
Ich hab schon von Frauen gehört, die nach Hause kommen, und ihr Freund ist weg. Mitsamt all seinen Sachen. Blöde Situation. Völlig harmlos kommen die nach Hause, rufen noch fröhlich »Ich bin wieder dahaa!« und merken dann, dass sie wieder Single sind. Meist liegt ein Zettel auf dem Küchentisch, auf dem sinngemäß steht: »War schön, aber mit der Neuen ist es schöner. PS: Versuch bitte nicht, mit Heulanrufen mein neues Leben zu belasten.«
Trennungen per Küchentischzettel sind bitter, kommen aber vor. Davon hab ich schon gehört.
Wovon ich noch nicht gehört hatte, war, dass man für eine Woche zu einem Seminar fährt, und wenn man zurückkommt, wohnt da schon eine neue Frau. Und es liegt auch kein erklärender Zettel auf dem Küchentisch, sondern eine Einkaufsliste. Von der neuen Frau. Für Rainer. Genauso war es aber, als ich zwei Tage früher als geplant nach Hause kam. Und auf dem Einkaufszettel stand auch wirklich »Für Rainer«, das hab ich mir jetzt nicht ausgedacht.
Man muss sich das mal vorstellen: Ich bin nur fünf Tage aus dem Haus, komme mit einem Koffer und einer prall gefüllten Einkaufstasche vom Biomarkt zurück, weil ich Rainer am Abend mit meinem Lieblingsgericht überraschen will, und da wohnt eine andere Frau in der eigenen Wohnung. Die zieht da nicht gerade ein , die packt keinen Rucksack mit »dem Nötigsten« aus und sieht mich erschrocken oder zumindest schuldbewusst an … die wohnt da schon! Die hat sogar schon unseren Wohnungsschlüssel am Schlüsselbund, stellte ich fest, als ich nach der ersten Schreckviertelstunde in der unbekannten geblümten Riesenhandtasche im Flur nach Informationen wühlte. Bevor ich Rainers Hausschlüssel bekommen habe, waren wir geschlagene zwei Jahre zusammen! Ich traue Männern im Allgemeinen ja eine Menge gedankenloser Dreistigkeit zu, und Rainer im Besonderen immer noch eine Schippe mehr, aber das war selbst für seine Verhältnisse …ja, wie nennt man so was? … unhöflich.
Ich ließ den Schlüssel zurück in die hässliche Tasche fallen und schlich zum Wohnzimmer, wo ich jemanden summen hörte, was mich um den Rest meiner Fassung brachte. Die summt?! Das musste ich sehen. Die Frau, die es in fünf Tagen geschafft hat, einen Mann wie Rainer zu verführen, bei ihm einzuziehen und ihm Einkaufszettel zu schreiben, war es definitiv wert, angesehen zu werden.
Um Nebensächlichkeiten wie »Warum?«, »Weswegen?« und »Bei welcher Freundin kann ich mich jetzt einquartieren?« konnte ich mich später kümmern. Als ich ins Wohnzimmer kam, um mir durch die direkte Konfrontation mit Miss Superfrau den Rest zu geben, blieb mir fast die Spucke weg. Auf
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