Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
fand es nur albern, darüber zu lamentieren, dass uns schon wieder jemand mit einer Feier und Essen für rund 20000 Euro belästigen wollte.
Auf der Hochzeit fand ich es nett. Nett im positiven Sinn. Selbst für die vierte Hochzeit in Folge. Ich sagte der vierten Braut in Folge, sie sehe ganz großartig aus, und musste dabei nicht mal lügen. Jasmin hatte extra für diesen Tag zehn Kilo abgespeckt, wie sie mir mehrfach mitteilte. »Und Frank zehn Jahre gespart«, fügte sie hinzu, aber das schien ihr nicht sonderlich leidzutun. Ich gönnte Jasmin ihr Glück. Ich fand zwar nicht, dass Frank und sie auch nur ansatzweise gut zusammenpassten, aber darum ging es ja nicht. Jasmin hatte als Mädchen ihrer Barbie ein Taschentuch aufgesetzt. Freundinnen, die vor einem heiraten, regen Frauen nur auf, wenn sie nicht den Anstand haben, sich auch vor einem wieder scheiden zu lassen.
Die Reden und die schlimmen Hochzeitsspiele waren vorbei, der DJ ging so langsam zu Tanzbarem über, und Rainer hatte bislang seine Rolle ausgefüllt und in seinem Anzug neben mir gut ausgesehen. Als ich zum Tresen ging, hörte ich schon von weitem, wie jemand Rainer über Musik und Theke hinweg anschrie: »Und? Was ist mit euch?«
Ich ging etwas schneller, weil mich die Antwort auch interessierte. Und kam gerade rechtzeitig, um meinen Freund antworten zu hören, dass »fünfzig Prozent aller Ehen geschieden werden« und dass der Bräutigam »sich schon mal Bärlauchgarnelen vom Buffet eintuppern« solle. Ich sah Rainer daraufhin an, als hätte er mir ohne Vorwarnung ins Gesicht gebrochen. Der Bräutigam bekam meinen Blick mit und wollte die Situation (oder seine teure Party) retten, indem er Rainer zubrüllte, dass er ja nun auch nicht mehr der Jüngste sei und was Besseres als mich doch wohl kaum noch finden würde. Darauf sagte Rainer gar nichts mehr, hatte mich aber inzwischen bemerkt. Ich war jetzt doch sauer, und Rainer schien nicht zu begreifen, warum.
Es stimmt, ich hatte Rainer nie gesagt, dass ich heiraten will. Ich hatte aber auch nie gesagt, dass ich nicht heiraten will. Ich hatte das Thema überhaupt nie angesprochen, weil ich keinen Druck machen wollte, wo keiner war. Das hatte offenbar dazu geführt, dass für Rainer Heiraten, ähnlich wie Sterben, etwas war, was nur die anderen taten und für ihn auf Jahre hinaus kein Thema sein würde. Er machte mich darauf aufmerksam, dass wir »öffentliche Zuneigungsbekundungen« doch wohl beide doof fänden. Ich ließ ihn stehen.
Später erzählte ich Vera von meinem hoffnungslosen Freund. Vera ist seit 18 Jahren mit ihrem Kindergartenfreund zusammen und hatte noch nie im Leben Sex mit einem anderen Mann. Wenn Frauen sich mies fühlen, gehen sie immer zu Menschen, die ihrer Meinung nach noch schlimmer dran sind. Bei Vera würde ich Verständnis bekommen.
Vera hatte in der Tat Verständnis plus einen aus Zigarettenfolie gedrehten Ring am Finger. »Nur ersatzweise«, strahlte sie, »der Antrag kam grad völlig überraschend. Nach achtzehn Jahren! Ich bin so glücklich! Willst du Trauzeugin sein?!«
Ich wollte ganz weit weg und ganz doll verheiratet sein.
Ach, guck mal, ein Foto von uns beiden auf einer Party, an die ich mich nicht mehr erinnere!
Willst du jetzt Streit vermeiden, indem du direkt zugibst, dass du keine Ahnung mehr hast?
Funktioniert’s?
Ja. Ah, dafür erinnere ich mich wieder an die Party. Beziehungsweise an das Loch in meinem Konto damals. Das Kleid, das ich da anhab, war unfassbar teuer …
Echt? Sieht gar nicht so aus, aber deine Haare sehen da –
SAG ES JA NICHT!
Äh … ich wollte dir eigentlich gerade ein Kompliment machen.
Ja, genau das hatte ich befürchtet …
Die Sache mit den Komplimenten
Es ist wahnsinnig schwer, Frauen Komplimente zu machen. Ich sage: »Du hast wunderschöne Augen!«, sie denkt: »… aber ’n fetten Arsch, oder was? Warum redet er nur über meine Augen? Sind meine Brüste zu klein? Ich hab doch auch Haare! Und Beine! Meine Augen sind vielleicht ein halbes Prozent meines Gesamtkörpers. Er findet mich nur zu einem halben Prozent gelungen! Was stimmt nicht mit mir? Was ist mit meiner Persönlichkeit? Hätte ich mein Studium abschließen sollen? Wieso kann er mich nicht leiden?!«
Sagt eine Frau einem Mann: »Du hast ja ’n witziges Muttermal am Arm!«, denkt er: »Die steht auf mich! Die will mich! Alter, ist die geil auf mich! Ich hab’s einfach drauf!« So läuft’s. Männer und Frauen hören gezielt aneinander
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