Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
hatten. Die Augenbrauen! Frauen dieser Welt, aufgepasst! Männer nehmen Haare im Gesicht einer Frau nur wahr, wenn sie sie unter der Nase trägt. Sonst nicht, garantiert! Michelle Pfeiffer könnte über den Augen die Borsten von Theo Waigel auftragen, es würde mir nicht auffallen. Aber das nur nebenbei.
Kaum war das Thema mit der Wandfarbe nämlich in der Welt, ging es um Gardinen (für Männer so was wie Augenbrauen fürs Fenster) und darum, dass Ramona angeblich schon seit ewigen Zeiten neue Fußleisten wollte. Ich hatte bis dahin nicht bemerkt, dass wir überhaupt Fußleisten haben. Wer, außer Fußleistenherstellern, braucht Fußleisten?! »Klar«, sagte Ramona, »mit fünf linken Daumen an jeder Hand ist das halt nicht so dein Thema«. Und da funktionieren nun wiederum Männer recht einfach. »Du kannst nicht mit ’nem Hammer umgehen« ist praktisch dasselbe wie »Gott, ist der klein!«, »Passiert dir das öfter?« oder »Sag mal, kannst du überhaupt Auto fahren?«. Da setzt ein männlicher Reflex ein, und entsprechend waren wir am Montag drauf im Baumarkt.
Beim Anmischen des Rottons hatten wir die erste Auseinandersetzung. Ramona kannte Latex nicht in Verbindung mit Farbe, wollte dafür aber ein Rot wie bei »dem einen Nagellack, den ich habe«. Da hatte ich nun wiederum keine Ahnung, was sie meinte. Das sei typisch für meine Oberflächlichkeit, war ihr Vorwurf, ich konterte, es gebe ja nun nichts Oberflächlicheres als Nagellack. Mir gehe es um innere Werte, weswegen mir zum Beispiel egal sei, ob Scarlett Johansson ihre Fingernägel abkaue oder anmale. Ich könne ja demnächst mit Scarlett Johansson renovieren, hieß es aus Ramonas Gesicht, das mittlerweile selbst einen Rotton angenommen hatte. Der Verkaufshirsel aus dem Baumarkt kannte Scarlett Johansson nicht, wollte aber von mir wissen, ob ich für die Fußleisten Stahlnägel mit Senkkopf brauche oder eher Dübel. Natürlich fragt der Mann nicht nach, wenn er keine Ahnung hat. Fragen ist für Mädchen. Ich hab also Nägel gekauft und Leisten, hab sie auf Länge gesägt und festgestellt, dass die scheiß Dinger durchs Nageln schneller auseinanderbrechen als Beziehungen von Paris Hilton und dass unsere Wände schief sind, dafür aber enorm groß. Zumindest zu groß für die Menge an Farbe, die wir angemischt hatten. Meine Schuld natürlich, weil ich ständig irgendwelche Hollywood-Schlampen im Kopf habe, schrie Ramona. Wer hat denn die Wände ausgemessen, schrie ich zurück, Cameron Diaz ja wohl nicht! Keine Ahnung, wie ich auf die gekommen bin. So ein Rot auf so einer Fläche verwirrt und macht aggressiv. Vermutlich sind die roten Wände auch bei Scarface schon schuld gewesen, dass er alles niederschießt. Ich jedenfalls verbringe jetzt abends viel Zeit im Schlafzimmer, aber allein. Ramona sitzt nämlich trotzig im Wohnzimmer, das aussieht wie ein Swingerclub in Magdeburg. Ich habe mir Scarface im Original bestellt. Das ist Schwarz-Weiß, da hat also nicht mal das Blut Rottöne, und ich hab schon ernsthaft erwogen, Tine Wittler anzurufen. Das ist kein gutes Zeichen für unsere Beziehung.
Ich finde, ein Mann muss mit seinen Händen irgendwas können. Entweder an meinem Körper oder in der Wohnung. Ich bin also mit Rainer in den Baumarkt gefahren.
Als Grund für meine Umdekorierungswünsche erklärte ich ihm, dass mich die prima eingerichtete Wohnung in Scarface spontan dazu animiert hatte. Kompletter Blödsinn natürlich. Ich hatte schon die letzten eineinhalb Jahre immer wieder Veränderungsvorschläge für unsere Wohnung gemacht. In der Hoffnung, dass mein dusseliger Freund irgendwann den Klartext dahinter versteht, nämlich: »Die Wandfarbe hat deine Ex ausgesucht, die Vorhänge hat deine Ex ausgesucht, die Fußleisten hat deine Ex ausgesucht. Will ich alles weg und anders haben!«
Da Rainer das in den letzten Jahren nicht verstanden hatte, behauptete ich jetzt also, dass ich unbedingt genau dieselbe rote Wand im Wohnzimmer haben wolle, die auch Scarface im Film hat. Mit der Aussicht, irgendeine Ähnlichkeit mit Al Pacino zu bekommen, brachte ich Rainer problemlos in den Baumarkt.
Da fiel mir dann auf: Es gibt Männer, die es geil finden, stundenlang durch einen Baumarkt zu latschen, mit dem Fachpersonal über Dübel, Muffen und Flansche zu diskutieren und sich mit Werkzeug und Zubehör einzudecken, als müssten sie ab morgen eine neue Arche bauen. Und es gibt Rainer.
Der sah nach drei Minuten im Baumarkt schon so aus, als hätte ich ihn
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