Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
mehrfach. Wie kommst du jetzt schon wieder drauf?
Weil ich hier diese komische Spielkarte mit dem Pony sehe …
Das Pony ist ein Reh!
Ach! Na ja, einer, der sich mit Tieren und Kindern nicht auskennt, kann kein schlechter Mensch sein. Deswegen passen wir auch so gut zusammen …
Das ist auf mehreren Ebenen Quatsch! Erstens an sich, und zweitens mag ich Tiere und Kinder, und sie mögen mich, und ich bin trotzdem prima!
Ha!
Was »Ha!«? Von jemandem, der auf Kinder so wirkt wie eine Mischung aus Zahnarzt und Zombie, muss ich mir nicht erklären lassen, wie Kinder ticken.
Wie Zeitbomben ticken sie, mein Schatz, und wenn ich mich recht erinnere, dann ist auch dein Patenkind schon ein paar Mal hochgegangen. Deswegen liegt ja auch der Hirsch hier in der Kiste.
Reh! Das ist ein Reh!
Ein Reh ist ein Hirsch ohne Äste am Kopf.
Ich geb’s auf …
Die Sache mit dem Patenkind
Frauen gehen genauso selbstverständlich davon aus, dass sie gut mit Kindern umgehen können, wie Männer davon ausgehen, dass sie gut mit ihrem Werkzeug oder Penis umgehen können. Dass Letzteres nicht immer stimmen muss, war mir inzwischen dank Rainer durchaus klar, aber dass nicht jede Frau gut ist im Umgang mit Kindern, hielt ich nach wie vor für Quatsch. Ich meine, wir machen die schließlich. Wenn man einer Frau sagt: »Du kannst nicht mit Kindern umgehen!«, ist das so, als würde man zu einem Kfz-Mechaniker sagen, dass er keine Ahnung von Autos hat. Als Tanja, eine meiner ältesten Freundinnen, mich vor fünf Jahren fragte, ob ich Patentante von ihrem Felix werden wollte, war ich spontan begeistert und sagte zu. Zum einen, weil Tanja zum Zeitpunkt der Frage gerade abgestillt hatte und wir das mit Sekt und Zigaretten feiern mussten, und zum anderen: Wie schwer konnte »Patentante sein« schon werden? Man kauft eine Taufkerze, zieht sich einen Tag schick an und wiederholt in der Kirche mehrmals glaubhaft, dass man »dem Satan entsagt«. Danach macht man ein paar Bilder für’s Album, und dann gibt’s Kuchen. Felix lag zu der Zeit hauptsächlich auf dem Bauch und sah süß aus, er weinte nie, wenn ich ihn auf dem Arm hatte, und ich war mir sicher, die beste Patentante aller Zeiten zu sein. Genau das hatte ich auch auf die Taufkarte geschrieben, die ich an Felix persönlich gerichtet hatte, damit er irgendwann einmal sieht, wie früh ich mir meiner Verantwortung ihm gegenüber schon bewusst war.
Fünf Jahre später hatte ich Felix bereits seit vier Jahren nicht mehr gesehen, weil Tanja und ich uns auseinandergelebt hatten und Rainer nicht so gut mit Tanjas Mann klarkam. Im Grunde war also eigentlich Rainer an der Entfremdung zwischen mir und meinem geliebten Patenkind Felix schuld. Das erklärte ich Tanja auch, als sie mich eines Tages anrief und wissen wollte, ob ich für zwei Tage auf meinen Patensohn aufpassen könne. Felix heiße der übrigens, setzte sie noch leicht nachtragend nach, und da konnte ich ja nur noch erfreut zustimmen. Selbstverständlich würde ich gerne auf ihn aufpassen. Ich wollte wissen, ob Felix schon alleine aufs Klo ging, und bekam die ziemlich knappe Antwort, dass Felix im nächsten Sommer in die Schule komme und sowohl alleine pinkeln als auch essen könne. Das alles habe er trotz ausdauernder Abwesenheit seiner Patentante gelernt. Dieser spitze Ton bei Tanja war mir neu, ebenso wie die Info, dass sie mittlerweile auch noch eine Tochter hatte. Pina. Ich tat ein bisschen beleidigt, dass sie mich nicht wenigstens gefragt hatte, ob ich Pinas Patentante werden wollte. Aber als Mutter hatte Tanja offenbar ihren Humor verloren. Sie brauche einfach mal ein paar Tage für sich, sagte, sie und ihr eh schon grobmaschiges soziales Netz bestünde momentan nur noch aus einem seidenen Faden, ähnlich wie ihre Nerven. Ich tat so, als könnte ich genau nachvollziehen, wovon sie redete, und freute mich auf Felix’ Besuch.
Als ich Rainer unseren Wochenendgast ankündigte, bot er sofort freiwillig an, seinen Fußballnachmittag bei Möhre abzusagen und mich zu unterstützen.
Bei jedem anderen Anlass wäre ich von diesem Angebot zu Tode gerührt gewesen, jetzt aber wurde ich misstrauisch und hakte nach. Ob er etwa glauben würde, dass ich nicht mal für ein paar Stunden alleine mit meinem eigenen Patenkind zurechtkäme? »Doch«, log mein Freund mir schlecht ins Gesicht.
Deswegen schickte ich Rainer zum Fußballgucken und nahm mir aus sportlichen Gründen vor, Felix dahin zu bringen, mich spätestens bei Rainers Rückkehr
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