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Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)

Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)

Titel: Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Husmann , Sonja Schönemann
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musste. Man kann eingefahrene Beziehungen prima daran erkennen, dass die Worte »Gurke« und »Milch« öfter in den SMS vorkommen als »Kuss« und »Liebe«. Ich nahm mir vor, auch daran in Zukunft zu arbeiten.
    Die Fortbildung selbst war dann gar nicht so schlimm, und der Grund dafür hieß Ingo. Ingo arbeitete bei einer Firma in Aachen, saß während der ersten Veranstaltung neben mir und machte sarkastische Kommentare. Echt witzige sarkastische Kommentare. So witzig, dass ich anfing, mich zu fragen, wie ich jahrelang ernsthaft der Meinung gewesen sein konnte, Rainer wäre ein humoristisches Naturtalent. Wir tranken in der Pause Kaffee und saßen auch in den folgenden Seminaren zusammen. Am Nachmittag gingen wir durch den Hotelpark und sammelten Kastanien. Wofür wusste niemand, aber das spielte auch keine Rolle, die Stimmung zwischen uns war bombastisch und wurde mit jeder Minute besser. So viel hatte ich seit den Anfängen mit Rainer nicht mehr über albernen Blödsinn gelacht.
    Als mir dieser Gedanke durch den Kopf ging, hätte ich auf die Idee kommen können, dass da gerade etwas anfing, grandios schiefzulaufen. Stattdessen kam ich auf die Idee, dass man abends doch zusammen was essen gehen könnte. Am Hoteleingang überreichte mir Ingo eine der gesammelten Kastanien, auf die er ein Gesicht gemalt hatte. Angeblich meins – und angeblich hatte er die ganze Zeit, während er malte, an mich gedacht. Die vollen zwanzig Sekunden. Wir waren sofort wieder in Giggel-Laune.
    Nachdem der mumpfige Kellner die zweite Flasche Wein geöffnet hatte, fing Ingo an, sich Werbekampagnen für die örtliche Touristik in der Eifel auszudenken. Als er in fast perfekter James-Brown-Parodie »Ei-fel good« anstimmte, bekam ich einen so heftigen Lachflash, dass mir der Wein aus der Nase spritzte. Danach wurde die Stimmung schlagartig so, wie sie nicht sein durfte.
    Ingo sah mich an. Er sah mir direkt in die Augen, ganz intensiv. So wie Rainer mich schon seit Jahren nicht mehr angesehen hatte. Als würde Ingo da etwas sehen, was für Rainer schon lange einfach nur Augen waren. Zwei Stück, ziemlich braun, ziemlich lang bewimpert und vom Lachen vermutlich unten rum ziemlich verschmiert. Irgendetwas vom Hals an abwärts machte mir plötzlich ziemlich heftige Probleme, und ich war mir nicht sicher, ob es das Steak in meinem Magen war oder mein Herz. Wenn es innerhalb der Beziehung ernst wird, wollen Frauen immer reden. Wenn es außerhalb der Beziehung ernst wird, kriegen sie kein Wort mehr raus.
    »Du bist die spannendste Frau, die ich je kennenlernen durfte«, sagte Ingo und schaute immer noch. In meinem Kopf lief ein Film à la Lola rennt , im Zeitraffer sah ich, was jetzt passieren würde: Ingo, der meine Hand in seine nimmt, Ingo, der mir eine Haarsträhne sanft hinters Ohr streicht, Ingo, der mich küsst, mich aufs Zimmer bringt, mit mir schläft, und Ingo, der Rainer anschließend sagt, dass er ein Idiot ist, der nicht zu schätzen weiß, was er da für eine Traumfrau an seiner Seite hatte, Ingo, der Rainer aus unserer Wohnung schubst, Rainer, der zurückschubst und sich dabei ganz doof das Handgelenk verstaucht …
    »Ich hab einen Freund«, hörte ich mich zu Ingo sagen, bevor der Film auch nur den Hauch einer Chance hatte, zu seinem Happy End zu kommen. In der Realität waren wir gerade bei »Ingo, der meine Hand in seine nimmt« angekommen, und ich hatte inzwischen eine genauere Vorstellung, warum mein Herz wie bescheuert pochte. Ich war gerade auf bestem Wege, genau das zu machen, wovor ich seit Monaten Angst hatte, dass Rainer es tat. Und noch dazu missbrauchte ich dabei Ingo, den lustigsten und nettesten Kerl, den ich seit Ewigkeiten kennengelernt hatte und der mir gerade das schönste Kompliment aller Zeiten gemacht hatte.
    Ich war ein schlechter Mensch.
    »Ja, aber der ist gerade nicht hier, oder? Ich hab auch eine Freundin«, sagte der netteste Kerl der Welt. Ich ließ ihn zahlen und ging aufs Klo, um Rainer anzurufen. Er war wortkarg wie immer und behauptete, gerade »nichts« zu machen. So wie er das sagte, klang es, als würde er nackt auf der Couch liegen, Fußball gucken und Chips von der Wampe essen. Ich hatte ihn noch nie so sehr geliebt und vermisst wie in diesem Moment …

Weißt du, was Kinder und Rentenversicherungen gemeinsam haben?
    Man ist meistens im Alter von ihnen enttäuscht …
    Richtig.
    Auch wenn es immer heißt, dass man sie haben soll.
    Hab ich das schon mal gesagt?
    Mehrfach. Sehr, sehr

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