Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
derSandkastengang mit einem Schäufelchen verprügelt worden, finde ich. Ramona fand natürlich, dass der Polizist »supernett« war und bestenfalls »ein bisschen stämmig«. Richtiges Übergewicht können sich Polizisten laut Ramona gar nicht leisten, weil die dauernd ein strammes Sportprogramm absolvieren müssen. Übersetzt heißt das natürlich, dass Ramona glaubt, der uniformierte Fettsack hätte sich von den beiden türkischen Jungs nicht einfach so beklauen lassen.
Ramona hatte auch viel Verständnis dafür, dass die Polizei nicht sofort eine »Soko Brustbeutel« ins Leben rief, wie sie sich ausdrückte. Dabei hatte ich auch nicht verlangt, dass die Bundesregierung wegen mir einen Krieg mit der Türkei vom Zaun bricht, ich finde es nur befremdlich, dass ein unbescholtener deutscher Steuerzahler von zwei pubertären kurdischen Lümmeln zusammengeschlagen werden kann und einfach nichts passiert. Ramona meinte nur »Hmm …«, und da hab ich ihr eine reingehauen. Also, ich hab natürlich nur so getan und hab an ihr vorbei geschlagen. Man darf Frauen nicht schlagen, daraus ziehen sie ja ihre Stärke. Frauen sind wie der Vatikan, sie können sich verbal alles rausnehmen, weil sie wissen, dass sie physisch nichts zu befürchten haben. Wer würde schon in den Vatikan einmarschieren? Allerdings hatte ich die Wand hinter Ramona übersehen. Es gab ein unschönes Geräusch, durchaus so, wie man es aus Filmen kennt. Der Knöchel an der Hand ist richtig angeschwollen. Aber ich hab die Zähne zusammengebissen und auf kühlendes Eis verzichtet. Bei Ramona war kurzzeitig erst mal Schluss mit »Hmm«. Stattdessen fing sie an zu heulen wie ein Mädchen. Sie war sichtlich beeindruckt. Sie faselte von den Sorgen, die sie sich gemacht hatte. Anschließend entschuldigten wir uns beide ausführlich und beschlossen, den Mantel des Vergessens um diesen Tag zu legen. Aber ich denke, ich habe Ramona sehr deutlich eine Grenze aufgezeigt, und das ist wichtig. Grenzen hat selbst der Vatikan …
Mein Freund ist überfallen und beraubt worden. Brutalst zusammengeschlagen wurde er, BÄMM! hat es gemacht, und er sah nur noch Sterne und dann sowohl sein Handy als auch sein Portemonnaie zum vermutlich letzten Mal in seinem Leben.
So jedenfalls die Geschichte, die Rainer mir am Telefon erzählte. Mit gebrochener Stimme und Atemnot. Ich war natürlich erst mal angemessen geschockt und besorgt, erklärte meinem Chef die grausame Sachlage, durfte früher fahren und wollte mich zu Hause sofort daran machen, die Wunden meines Helden zu versorgen.
Die musste ich aber erst mal suchen, die Wunden. So wie er die Geschichte erzählt hatte, erwartete ich eigentlich mindestens ein blaues Auge, eine gebrochene Nase und zwei angeknackste Rippen. Rainer hatte aber nur eine kleine Schramme an der Wange und ein leicht gerötetes Auge darüber. Eigentlich kaum zu sehen, und er wirkte auch sonst sehr unverletzt. Als ich ihm das sagte, durchaus erleichtert, durfte ich mir anhören, was für eine eiskalte, ignorante Person ich doch bin. Er wurde gerade überfallen , von mehreren Männern mit mehreren Fäusten! Hallo! Ob es mir etwa lieber wäre, wenn ich ihn im Leichenschauhaus anhand seiner Zahn-Röntgenbilder identifizieren müsste?! Wenn eine Frau so etwas sagt, dann »übertreibt sie wieder!«, ein Mann hingegen »kreiert Worst-Case-Szenarien«. In Rainers Fall waren aber wohl einfach nur zu viele 24 -Staffeln am Stück der Grund.
Mein Freund zitterte wie ein Sack Espenlaub, während ich ihm ein Pflaster auf die Backe klebte und sicherheitshalber vorher auch noch etwas Desinfektionsspray benutzte. Rainer zuckte dabei spektakulär schmerzhaft zusammen, obwohl ich ihn darüber aufklärte, dass in heutigen Desinfektionsmitteln kein Alkohol mehr ist, der früher dafür verantwortlich war, dass es gebrannt hat.
Da war dann bei Rainer endgültig Schluss. Er würde ja wohl noch wissen, wann etwas brennt, und ob ich ihm eigentlich die ganze Zeit versuche zu sagen, dass er in meinen Augen ein wehleidiges Weichei ist?! Er?! Der gerade überfallen und beraubt wurde?! Ich hielt es für besser, darauf gar nichts zu sagen, und ging mit ihm zur Polizei, damit er den Verlust von Handy und Geldbörse angeben konnte. Den Spruch, ob er den Verlust seiner Männlichkeit nicht gleich auch noch mit angeben wollte, schluckte ich tapfer runter.
Auf der Polizeidienststelle kam dann raus, dass es sich bei den »zwei brutalen Verbrechern« um minderjährige Jungs mit
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